Emotionen am Steuer.
Was treibt den Kunden und
Konsumenten an? Warum kauft er? Wie entscheidet er? Was kann man
tun, damit er mehr kauft? Und wie gelingt es, Einfluss auf den
großen Bereich des Unbewussten auszuüben? Diese Fragen stehen im
Mittelpunkt von
Brain View - des soeben in zweiter und überarbeiteter
Auflage erschienenen Bestsellers des Münchner Autors. Häusel
verknüpft die neuesten Erkenntnisse der Hirnforschung und
Psychologie mit Ergebnissen aus der klassischen empirischen
Konsumentenforschung. Und serviert das Ganze spannend erzählt:
nicht als Aneinanderreihung bloßer Fakten, sondern untermalt mit
anschaulichen Gedankenbildern, gemischt mit Tops und Flops der
großen Konzerne, von Coca-Cola, Beck und Radeberger bis Nivea,
Porsche und VW.
Das Ergebnis dieser Forschungen: Der rationale und
vernünftige Konsument ist ein Mythos. "Die für uns und den
Konsumenten weitgehend unbewussten biologischen Abläufe in
unserem Gehirn haben einen weit höheren Einfluss auf das Konsum-
und Kaufverhalten, als wir selber glauben oder in unserem
Bewusstsein erleben", sagt Häusel. Eine tragende Rolle spielt
dabei das limbische System im Gehirn: Es steuert unsere Emotionen
und Motive - und hat schon entschieden, bevor wir es überhaupt
merken. Wenn überhaupt.
Drei große Emotions-Systeme unterscheidet Häusel. Er nennt
sie die "Big 3" unseres Gehirns: das Balance-, das Dominanz- und
das Stimulanz-System. Sie entscheiden über Bedeutung und Wert
eines Produktes - ohne sich freilich immer einig zu sein, denn
sie streben nach ganz konträren Zielen: das Balance-System, die
stärkste Kraft im Gehirn, nach Sicherheit, Ruhe und Harmonie.
Versicherungen aller Art, Finanzprodukte zur Altersversorgung,
Medikamente und Ratgeber in jeder Form stehen hier ganz oben auf
der Wunschliste. Das Stimulanz-System hingegen verlangt nach
neuen und unbekannten Reizen. Davon profitieren unter anderem die
Freizeitindustrie, Funk und Fernsehen, Buchhandel und
Erlebnisgastronomie. Zu mehr Macht, Status, Überlegenheit und
Autonomie strebt hingegen das Dominanz-System: "Setze dich durch!
Sei besser als andere! Verdränge deine Konkurrenten!", lauten
beispielsweise die Befehle. Ziel dominanzgesteuerter Kaufwünsche
sind Statusprodukte aller Art, wie zum Beispiel teure Uhren,
Mitgliedschaften in elitären Klubs oder Produkte, die überlegene
Kennerschaft signalisieren, wie erlesene Weine. Diese drei
Emotions-Systeme bildeten die Grundsäulen unserer Persönlichkeit,
so Häusel. "Aber sie sind individuell unterschiedlich stark
ausgeprägt", ergänzt der Psychologe. Dementsprechend löst jedes
Produkt andere Emotionen beim Käufer aus.
Kultmarken als Energiesparer.
Sieben unterschiedlich ausgeprägte
Persönlichkeitstypen ortet Häusel im limbischen Gehirnareal:
Traditionalisten, Harmonisierer, Genießer, Hedonisten,
Abenteurer, Performer und Disziplinierte. Diese "Limbic Types"
sollen dabei helfen, Vertriebs- und Marketingentscheidungen zu
vereinfachen und auf eine wissenschaftlich fundierte Grundlage zu
stellen. Die Regel ist einfach: "Produkte und Marken sind dann
erfolgreich, wenn ihr Motiv- und Emotionsprofil mit dem Motiv-
und Emotionsprofil der angestrebten Zielgruppe übereinstimmt."
Dies erreicht man zum einen durch starke Emotionen, zum anderen
durch markentypische Gestaltungselemente wie Form, Schriftzug,
Farbe oder Ton. Marken sind neuronale Netzwerke, sagt Häusel.
Nivea beispielsweise spricht mit blauer Farbe, weißem Schriftzug
das Fürsorge-Emotionsfeld an, Porsche mit der 911-Form und
starken Motoren das Dominanz-Emotionsfeld. Der unbezahlbare
Vorteil starker Marken liegt darin, dass sie Kaufentscheidungen
vereinfachen: Durch ihre Bekanntheit reduzieren sie Komplexität
und Entscheidungsunsicherheit - das Gehirn erspart sich das
energetisch aufwendige Denken und schaltet auf unbewusste
Automatik. Gekauft ist die Gesichtscreme.
Aber nur im Idealfall: Denn einen Buy-Button gibt es nicht,
auch keinen gläsernen Kunden. Die Bilder des
Kernspinresonanztomografen zeigen nämlich nur die Gehirnregionen,
die an einem Denkvorgang beteiligt sind, aber nicht den Inhalt
des Denkens selbst - wie oft fälschlich angenommen. "Die Bilder,
die aus dem Hirnscanner kommen, sprechen nicht für sich - sie
müssen interpretiert und gedeutet werden", sagt Häusel. Und genau
das macht die Nymphenburger Gruppe sehr erfolgreich. Dem
Marketingspezialisten erklären sich damit die Stärken und
Schwächen der eigenen Marke, dem einfachen Leser sein
Kaufverhalten - und ein Stück weit mehr das Wesen des
Menschen.
Florian Michl ist freier Mitarbeiter bei changeX.
Hans-Georg Häusel:
Brain View.
Warum Kunden kaufen.
Rudolf Haufe Verlag, München 2008,
264 Seiten, 29.80 Euro.
ISBN 978-3-448-08746-8
www.haufe.de
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Zum Buch
Hans-Georg Häusel: Brain View. . Warum Kunden kaufen. . Rudolf Haufe Verlag, München 1900, 264 Seiten, ISBN 978-3-448-08746-8
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