Lernen als Mitlernen
Lernen ist individualisiert und hierarchisch. Jeder lernt für sich. Lernt Wissen, das von einer lehrenden Autorität vorgegeben wird. Das ist das alte Modell. Das jedoch blockiert die Kraft, die in der Zusammenarbeit liegt: in der Kooperation unter Gleichgestellten, zwischen Peers. Peers sind Mitlernende, die miteinander lernen, einander unterstützen und ihre Fortschritte wechselseitig reflektieren. Und Peer Learning passt genau zu einem breit angelegten Verständnis von Entrepreneurship als Lebensunternehmertum. Ein neuartiges Kursangebot bringt nun beides zusammen. Das Ziel: Lernen, das eigene Leben unternehmerisch zu gestalten. Und eine Lerngemeinschaft zur Haltung und Praxis schöpferischen Gestaltens zu begründen.
"Das ist ein Startschuss für eine Lerngemeinschaft zur Haltung und Praxis schöpferischen Gestaltens." Sagt Max Senges über den Entrepreneurship Peer-Learning Campus, ein neuartiges Kursangebot, das der Entrepreneurship-Professor für die Stiftung Entrepreneurship an den Start bringt. Es ist eine Bildungsinnovation, die aus einer Kombination zweier Konzepte besteht: Peer Learning und Entrepreneurship. Das Interview rückt dann auch die Entstehung der Idee in den Blickpunkt. Es beschreibt in seinen erzählenden Passagen, wie aus unterschiedlichen Bausteinen und Einflüssen ein Konzept entstanden ist, das vielleicht das Potenzial zu einer Sprunginnovation hat. Diese Entstehungsgeschichte des Konzepts bildet gewissermaßen einen zweiten Erzählstrang im Interview. Im Kern geht es um Peer Learning und wie es sich mit Entrepreneurship zusammenbringen lässt.
Max Senges ist diplomierter Wirtschaftsinformatiker, promovierter Philosoph und Gastprofessor für Entrepreneurship an der Universität der Künste Berlin. Nach der Gründung zweier EdTech-Startups und einer elfjährigen Tätigkeit bei Google hat Max Senges die Peer-Learning-Methodik für sich entdeckt. Er entwickelte zwei freie Softwareentwickler-Hochschulen, die ohne Professoren oder Trainer operieren und dem 42 Network freier IT-Schulen angehören. Überzeugt von diesem innovativen Ansatz, widmet er sich nun der Entwicklung einer offenen Hochschulplattform, die Entrepreneurship als Lebenskunst fördert und selbstmotiviertes Lernen innerhalb einer Peer-Community unterstützt. In Zusammenarbeit mit der Stiftung Entrepreneurship startet am 30. November 2024 der Entrepreneurship Peer-Learning Campus, dessen innovatives methodisches Konzept Peer-Learning mit dem Entrepreneurial Life Design nach Prof. Günter Faltin verbindet. Max Senges liebt seine Frau und seine zwei Kinder, das Kitesurfen, die Berge, Tiny Houses, Jazz und Reggae.
Als ich von der Idee gehört habe, Peer-Learning und Entrepreneurship miteinander zu verbinden, hat mich das gleich angesprochen. Wie kam es zu dieser Idee?
Im Jahr 2007 habe ich meine Doktorarbeit zu Entrepreneurship als Lebensphilosophie, als Lebensentwurf geschrieben - mit Günter Faltin als meinem deutschen Doktorvater. Nachdem ich dann 2020 bis 2023 das Konzept einer Softwareentwickler-Hochschule ohne Professoren auf der Basis von Peer-Learning aufbauen durfte, dachte ich: Wow, Peer-Learning und Faltins Konzept des Entrepreneurial Life Design lassen sich unheimlich gut miteinander verbinden! Mit dieser Idee habe ich Günter Faltin angesprochen - und wir haben uns schnell gefunden. Er hat das Potenzial gesehen, und gemeinsam haben wir eine Online-Lernumgebung auf die Beine gestellt, die es Studierenden ermöglicht, in der Kombination dieser beiden Ansätze zu lernen und zu arbeiten.
Gehen wir noch einmal einen Schritt zurück. Die Grundlage hat ja wohl deine wissenschaftliche Arbeit am Thema gelegt. Entrepreneurship als Lebensphilosophie, worum ging es dabei?
Für mich geht Entrepreneurship weit über die wirtschaftliche Aktivität hinaus. Es ist eine Perspektive auf das Leben, die den Blick auf Chancen und auf mögliche Zukünfte lenkt. Chancen, die man kreiert oder entwickelt, können in allen möglichen Bereichen des Lebens liegen, sie können privat sein, sozial, künstlerisch oder ökonomisch: Lebensunternehmungen betreffen die Partnerwahl, Familienplanung, gesellschaftliches und politisches Engagement und natürlich die Sicherung des wirtschaftlichen Auskommens. So ist Entrepreneurship ein ganzheitliches Konzept, das alle unterschiedlichen Bereiche des Lebens umfasst.
In meiner Dissertation habe ich das mit vier philosophischen Polen im Mindset beschrieben. Entscheidend ist der erste Pol als Ausgangspunkt: Zunächst muss man sich klar werden, wo die eigene persönliche Freiheit liegt. Wir sind alle in einer selbstverschuldeten Unmündigkeit gefangen, hat Kant gesagt. Wir haben zwar das Potenzial eines freien Willens, aber wir nutzen ihn nicht. Sich die Frage zu stellen: "Wie kann ich mich meines freien Willens bedienen? Wie gestalte ich mein Leben?", das ist klassische Aufklärung, verbunden mit Existenzialismus.
Welches sind die anderen drei Pole des Entrepreneurial-Mindset?
Der zweite Pol beschreibt Faltins "Stimmig zur Person". Also: Was sind meine Werte, Interessen, Stärken? Was sind die Ziele meines Lebens. Im dritten Pol kommen wir zur Umsetzung: Ausprobieren, Annahmen testen, um dann Ertragsmodell und Entrepreneurial Design wie ein kybernetisches System aufzusetzen und kontinuierlich zu verbessern. Im letzten Pol setzt man sein Handeln und sein Entrepreneurial Design in Bezug zur Gesellschaft und zur Umwelt. "Ist mein Angebot stimmig zum Markt? Gibt es eine Nachfrage? Schafft es Wert? Und ist es stimmig zur Natur, trägt es zur Nachhaltigkeit bei?"
Also ein sehr breites Verständnis von Entrepreneurship, das über den engeren Ansatz, ein Unternehmen zu gründen, weit hinausreicht, ins Leben hinein und in die Philosophie hinein.
Ganz genau, und vielleicht noch eine Betonung: Es geht uns um Entrepreneuring, um die Aktivität, eine Unternehmung umzusetzen. Nicht um ein Wissen über Entrepreneurship. Entrepreneuring ist eine Haltung und eine praktische Kompetenz.
Wie würdest du den Unterschied zur traditionellen Gründungslehre und -forschung beschreiben?
Existenzgründung wird in der Betriebswirtschaftslehre als ein "Wissen über" beschrieben. Es wird also wissenschaftlich und als Forschungsgegenstand behandelt. Uns geht es darum, einen Lernraum zu gestalten, wo es unseren Teilnehmern möglich wird, unternehmerisches Denken und Handeln ganz praktisch für sich selber zu lernen - als Aktivität und Weltanschauung. Statt theoretisch und akademisch Verständnis aufzubauen.
Also nicht Wissen über, sondern lernen, wie?
Absolut. In meiner Doktorarbeit hat das eine ganz praktische Wendung genommen, da ging es darum, wie Wissenspraktiken in Universitäten kreativ zerstört werden. Kreative Zerstörung war der Fokus, der mich interessiert und beschäftigt hat.
Wissenspraktiken in Universitäten kreativ zerstören - was heißt das konkret?
Joseph Schumpeters Begriff "Kreative Zerstörung" ist sehr viel ehrlicher als "Innovation". Denn er beschreibt, dass alles Neue etwas Bestehendes verdrängt. Kreative Zerstörung an der Uni bedeutet also, den traditionellen hierarchischen Prozess der Wissensvermittlung zu durchbrechen und umzukehren. Diese hierarchische Wissensvermittlung zeigt sich heute noch in den überkommenen Vorlesungen, bei denen Professoren ihre Lehre verkünden, um dann in Prüfungen das vermittelte Wissen abzufragen. Der Paradigmenwechsel heute geht hin zu dynamischen Lernräumen, in denen Lernende selbständig Ressourcen erkunden und sich Themen gemeinsam erschließen - aus Neugier und aus dem Interesse heraus, Kompetenz zu entwickeln. Dass wir heute auf das Internet als transnationalen Wissensspeicher aller Erkenntnisse der Menschheit zugreifen können, verändert die selbstmotivierte Erschließung von Wissen grundlegend. Durch den Austausch mit den Peers wird das Wissen in den individuellen Kontext integriert und sozialisiert.
Wenn man den Begriff verbalisiert - "kreativ zerstören" -, bekommt das einen angriffslustigen, vielleicht sogar aggressiven Unterton. Ist das gewollt?
Es ist realistisch. Denn es geht um einen Prozess, der von erhaltenden - konservativen - Kräften durchaus als brutal empfunden wird. Er ist nicht aggressiv, aber doch kontrovers. Konzept-kreatives Entrepreneurship lehnt sich an den Begriff der schöpferischen Zerstörung an. Das konzept-kreative Vorgehen, wie es von Professor Faltin entwickelt wurde, stellt das innovative Konzept in den Mittelpunkt, nicht kaufmännische Techniken, Kapitalbeschaffung und Management wie die herkömmliche Gründerberatung. Das bedeutet, dass erfolgreiches Entrepreneurship mit der Aufgabe beginnt, ein innovatives Konzept zu entwickeln, das den im Markt etablierten Angeboten überlegen ist.
Schumpeters Konzept stellt die Dominanzverhältnisse in Märkten auf den Kopf. Das tut auch der Ansatz des Peer-Learning in Bezug auf das Lernen: Die Idee des Lernens unter Gleichrangigen - Peers - durchbricht die Hierarchie zwischen Lehrenden und Lernenden. Damit sind wir beim zweiten Thema. Erklär’ doch bitte kurz, was man unter Peer-Learning zu verstehen hat.
Ja, die zweite Komponente unseres disruptiven Angebots ist die Methode. Der pädagogische Ansatz des Peer-Learnings, der seine Wurzeln bei Denkern wie Konfuzius und Pädagogen wie Maria Montessori hat, markiert einen paradigmatischen Wechsel in der Art und Weise, wie Lernen ermöglicht wird. Während traditionelle Bildungsmodelle auf einer hierarchischen Beziehung zwischen Lehrenden und Lernenden basieren, setzt Peer-Learning auf ein strukturiertes, kollaboratives und gleichberechtigtes Lernökosystem. Peer-Learning basiert auf der Überzeugung, dass Menschen durch gemeinschaftliches Lernen und konstruktiv-kritisches Feedback auf Augenhöhe besser und effektiver lernen. Ein zentraler Baustein von Peer-Learning sind die Peer-Reviews, bei denen die Teilnehmenden ihre Lernprojekte gegenseitig bewerten und sich konstruktives Feedback geben. Dadurch wird Lernen zu einem dialogischen Prozess, bei dem das Verständnis durch Diskussion und Reflexion vertieft wird.
Wie bist du auf Peer-Learning gestoßen?
Peer-Learning habe ich als die optimale Methode kennengelernt, um praktische Kompetenz zu trainieren. Das war 2019 bei 42, so heißt das internationale Netzwerk von Softwareentwickler-Hochschulen ohne Professoren. Dort sitzt man ab Tag eins an der Programmier-Umgebung und erarbeitet sich seine Fähigkeiten rein praktisch. Die Aufgaben sind absolut minimalistisch beschrieben; da steht zum Beispiel einfach "Schreibe ‚Hello World‘ auf den Bildschirm", dazu ist angegeben, welche Programmiersprache genutzt werden soll. Von da aus geht die Lernreise los. Man unterhält sich mit anderen über Code, man stellt Fragen, man gibt Antworten, man löst zusammen Probleme. Das ist sehr nah am Arbeitserlebnis eines Programmierers. "Learning to be … a programmer, …an entrepreneur", sagt man in der Pädagogik. Also: "Passt dieser Beruf für mich? Und wie ist die Arbeit als Programmierer? Wie fühlt sich das an?" So lernt man Softwareentwicklung als Handwerk.
Auf diese Weise spielt man sich auch bei unseren Lernprojekten von Level zu Level hoch, und am Ende jedes Projekts verabredet man sich mit einer Kommilitonin, einem Kommilitonen zur Peer-Review. Dabei stellt man dem Peer das Projekt vor und unterhält sich darüber. Dieses Element finde ich absolut genial - denn es ersetzt die Prüfungssituation, wo man einer Autoritätsperson zeigen muss, dass man das vermittelte Wissen wiedergeben kann. Diese hierarchische Situation weicht einem gemeinsamen Lernen auf Augenhöhe. Statt Wissen runterzuspulen erklärt man seinem Peer, warum man was wie gemacht hat - und geht anschließend in ein konstruktives, weiterentwickelndes Gespräch. Das heißt, beide Seiten lernen, statt einen rein formalen Akt der Wissensabfrage zu inszenieren. Hier zeigt sich ganz deutlich, wie sich die Perspektive verschiebt: Statt den Fokus auf die knappe Ressource Lehrender, Professor oder Trainerin zu legen, wird ein Lernraum geschaffen, in dem die Erarbeitung von Wissen und Kompetenzen im Zentrum steht. Lernen zu ermöglichen - unabhängig von begrenzten Ressourcen, darum geht es.
Programmieren beruht (soviel ich weiß) auf der Anwendung von Codes und vorgefertigten Programmbausteinen, ist also relativ nah am Handwerk …
… Programmieren ist etwas sehr Kreatives. Wie du richtig beschrieben hast, werden Elemente zusammengeführt, aber genau das macht einen guten Programmierer aus: gewissermaßen aus dem Nichts, mit Bauelementen, die vorhanden sind, etwas Neues zu schaffen und Lösungen zu entwickeln. Dabei stellen die Lernenden bei ihren Reviews häufig fest, dass sie ganz unterschiedliche Wege eingeschlagen haben, um zum Ziel zu kommen. Das unterstreicht noch mal, dass bei den Peer-Reviews wirklich beide Seiten etwas lernen können. Zum Begriff Handwerk: Das Englische ist hier klarer. Es spricht von Theory und Practice.
Wo berühren sich die beiden Ansätze Peer-Learning und Entrepreneurship? Wo liegen Gemeinsamkeiten?
Der Ansatz des konzept-kreativen Entrepreneurial Designs ist ebenfalls sehr zentriert auf den Lernenden, nicht auf die bloße Vermittlung von Wissen. Im Gegensatz zu klassischen Ansätzen der Gründungsförderung ist hier die Frage: "Was passt zu dir? Eine eigene Unternehmensgründung, Intrapreneurship in einem größeren Unternehmen, soziales Entrepreneurship, künstlerisches Entrepreneurship? Und welches Thema ist passend?" Das heißt: Zunächst gilt es zu reflektieren "Wer bin ich und wer will ich werden?". Die Antwort dazu kann ja nur von jeder Person selber kommen. Sie selbst ist der absolute Experte auf diesem Gebiet. Es geht nicht um eine Wissensabfrage, um etwas Externes. Sondern um etwas, das aus einem selber wächst.
Im Kontext von Entrepreneurship haben Peer-Reviews noch einmal eine andere Funktion. Wir nennen das Prototyping Conversations, ein Begriff, der auch in Stanford verbreitet ist. Dort gibt es einen Kurs namens "Life Design", in dem man sein Leben praktisch beschreibt und vorausprojiziert. "Prototyping Conversations" bedeutet, in einer Reflexion über sich selber zu beschreiben, wer man werden will. Das zu formulieren und auszusprechen, ist so, als würde man einen Prototypen bauen. Man probiert die Zukunft gewissermaßen mal an. Ein Beispiel: Du überlegst, Zirkusdirektor zu werden. Dann ziehst du dir - bildlich ausgedrückt - diesen Zirkusdirektor, das Kostüm, die Arbeitskleidung, mal an und probierst, wie es ist, wenn du davon erzählst. Ziel ist, über diesen "Prototypen" ins Gespräch zu kommen. Am Feedback merkt man, ob das eigene Konzept wirklich in den unterschiedlichen Dimensionen durchdacht ist. Ob es stimmig ist: zu mir und zu meiner Vorstellung, wie die jeweilige Unternehmung ganz konkret aussehen und funktionieren könnte.
Gibt es bereits erste Erfahrungen mit diesem pädagogischen Konzept?
Ja, es gab ein Pilotprojekt, begleitet von einer explorativen Studie, basierend auf der Befragung der Teilnehmenden zu Beginn und nach Abschluss des siebenwöchigen Programms. Die Mehrheit der Befragten gab an, dass sie ihre Ziele gut bis sehr gut erreicht haben. Insgesamt zeigt die Studie, dass auf Entrepreneurship angewandtes Peer-Learning im Hinblick auf Effektivität, Effizienz, Networking, berufliche Anwendbarkeit und Lernmotivation deutlich wirksamer empfunden wurde als die traditionelle Pädagogik.
Gibt es Hinweise, warum das so ist?
Peer-to-Peer wird Lernen wie gesagt zu einem dialogischen, auf die Lernenden zentrierten Prozess. Das vertieft nicht nur das eigene Wissen, sondern fördert auch kritisches Denken und die Fähigkeit, auf respektvolle und konstruktive Weise Feedback zu geben und zu empfangen. Lernende werden zudem ermutigt, ihre Haltung und ihr Selbstverständnis im Hinblick auf Selbstwirksamkeit, Pragmatismus und Werte zu reflektieren und zu erweitern. Der Ansatz unterstützt nicht zuletzt die Entwicklung von praktischen Kompetenzen, da die Lernenden ihre Konzepte und Geschäftsmodelle ständig überprüfen und basierend auf den Rückmeldungen ihrer Peers überarbeiten müssen. Und ein ganz wichtiger Punkt: Dieses iterative, schrittweise Vorgehen spiegelt den realen unternehmerischen Prozess wider, bei dem ständige Überprüfung und Anpassung entscheidend für den Erfolg sind.
Innovation zeigt sich nur selten in Form der einen bahnbrechenden Idee, sondern häufig in der neuartigen Kombination von Bestehendem - wie eben hier in der Idee, Peer-Learning und Entrepreneurship zusammenzubringen. Das Innovative des Ansatzes geht aber weiter. Wo liegen weitere innovative Momente?
Der Punkt ist doch: Unsere Welt ist von rasanten technologischen Veränderungen geprägt, unser Bildungssystem aber bleibt hinter den Möglichkeiten zurück. Viele traditionelle Lernmodelle fördern nicht die sozialen Kompetenzen und Recherchefähigkeiten, die in der heutigen vernetzten Welt entscheidend sind. Der Entrepreneurship Peer-Learning Campus zielt genau in diese Richtung. Einmal mit der Verbindung der beiden Ansätze, und zweitens mit der systematischen Nutzung des Internets als Organisations- und Lern-Medium. Ich denke, das hebt diesen Lernansatz in eine neue Dimension, denn es ermöglicht die uneingeschränkte Konzentration auf die Lernenden und die Loslösung von der knappen Ressource Professor/Lehrer/Trainer.
Deine Hoffnung dahinter?
Die Hoffnung ist, dass das zur Sprunginnovation in der Bildung wird, zu einer Innovation also, die bestehende Strukturen durchbricht und neue Paradigmen etabliert. Denn das Internet ermöglicht, die bekannten positiven sozialen und kommunikativen Dimensionen von Peer-Learning massiv zu skalieren. Lernende aus verschiedenen Teilen der Gesellschaft können sich vernetzen und an einem kollektiven Lernprozess teilnehmen, machen aber dennoch individuelle, auf ihre Bedürfnisse zugeschnittene Lernerfahrungen. Es entsteht eine Lernumgebung, die allen zugänglich ist.
Das könnte ein gesellschaftsveränderndes Potenzial entwickeln. Nicht zuletzt bietet es eine Antwort auf die Resignation und den Pessimismus, die unsere Gesellschaft in vielen Bereichen prägen: Durch die Förderung von unternehmerischem Denken und Handeln können wir den oft fatalistischen Zeitgeist überwinden und eine Kultur des schöpferischen Gestaltens etablieren. Indem wir zukunftsorientierte humanistische Bildung für alle zugänglich machen. Und sich mündige, unternehmerische Bürger gegenseitig ausbilden.
Das Interview haben wir telefonisch geführt und den Text an einigen Stellen schriftlich ergänzt und gemeinsam bearbeitet. Foto unten: Max Senges bei der Vorstellung des Entrepreneurship Peer-Learning Campus auf dem Entrepreneurship Summit 2024 vor einem Porträt von Maria Montessori, die als Ideengeberin der Peer-Learning-Pädagogik gilt. © Stiftung Entrepreneurship
Zitate
"Für mich geht Entrepreneurship weit über die wirtschaftliche Aktivität hinaus. Es ist eine Perspektive auf das Leben, die den Blick auf Chancen und auf mögliche Zukünfte lenkt." Max Senges: Lernen als Mitlernen
"Entrepreneurship ist ein ganzheitliches Konzept, das alle unterschiedlichen Bereiche des Lebens umfasst." Max Senges: Lernen als Mitlernen
"Es geht es darum, einen Lernraum zu gestalten, wo es unseren Teilnehmern möglich wird, unternehmerisches Denken und Handeln ganz praktisch für sich selber zu lernen - als Aktivität und Weltanschauung." Max Senges: Lernen als Mitlernen
"Kreative Zerstörung an der Uni bedeutet, den traditionellen hierarchischen Prozess der Wissensvermittlung zu durchbrechen und umzukehren." Max Senges: Lernen als Mitlernen
"Viele traditionelle Lernmodelle fördern nicht die sozialen Kompetenzen und Recherchefähigkeiten, die in der heutigen vernetzten Welt entscheidend sind." Max Senges: Lernen als Mitlernen
"Der pädagogische Ansatz des Peer-Learnings markiert einen paradigmatischen Wechsel in der Art und Weise, wie Lernen ermöglicht wird." Max Senges: Lernen als Mitlernen
"Die hierarchische Situation weicht einem gemeinsamen Lernen auf Augenhöhe." Max Senges: Lernen als Mitlernen
"Peer-Learning basiert auf der Überzeugung, dass Menschen durch gemeinschaftliches Lernen und konstruktiv-kritisches Feedback auf Augenhöhe besser und effektiver lernen." Max Senges: Lernen als Mitlernen
"Man probiert die Zukunft gewissermaßen mal an." Max Senges: Lernen als Mitlernen
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Quellenangaben
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© Porträtfoto: Antje Berghäuser. Das Foto hat uns der Interviewpartner zur Verfügung gestellt.
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© Foto unten: Max Senges bei der Vorstellung des Entrepreneurship Peer-Learning Campus auf dem Entrepreneurship Summit 2024 vor einem Porträt von Maria Montessori, die als Ideengeberin der Peer-Learning-Pädagogik gilt. © Stiftung Entrepreneurship
Autor
Winfried KretschmerWinfried Kretschmer ist Autor, Redakteur & Macher bei changeX.
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