Wie man Kunden erobert.
Als Antwort darauf haben Roman
Anlanger und Wolfgang Engel sich einen Ansatz patentieren lassen,
der die Kriegslist institutionalisiert, um den Kunden wieder zu
erreichen: "Trojanisches Marketing". Während "normales Marketing"
mit einfachen Strukturen, existierenden Märkten und Kunden
rechnet, geht Trojanisches Marketing von "zu schaffenden Märkten"
aus und sucht nach "potenziellen trojanischen Pferden", mit denen
man Kunden auf pfiffige und unerwartete Weise erreichen kann. So
wie die Griechen ihre besten Krieger in einem riesigen Holzpferd
versteckten und so in das belagerte Troja schleusten, wollen die
Autoren Werbebotschaften so geschickt verpacken, dass der Kunde
ihrer zunächst gar nicht gewahr wird und sich ihnen, wenn er sie
dann entdeckt, gar nicht entziehen kann.
Zum Beispiel: Jemand kauft im Winter ein Netz Orangen, von
denen einige in Seidenpapier eingewickelt sind. Beim Essen der
Orangen entdeckt er auf dem Papier folgende Aufschrift: "Diese
Orangen kommen aus dem sonnigen Süden, genauer von der türkischen
Riviera. Dort ist es jetzt angenehm warm. Was halten Sie von
einem Urlaub dort? Mehr dazu unter www.orangenland.de". Oder ein
Passant weist einen Taxifahrer darauf hin, dass auf dem Dach
seines Autos ein Kaffeebecher steht - und ist schon Teil des
Plots, der als Werbung für Starbucks in Szene gesetzt wurde.
Auch ein freudiges Ereignis kann als trojanisches Pferd
wirken, denn in einem Glücksmoment ist das Gehirn wesentlich
aufnahmefähiger als sonst. Das wusste schon Asbach Uralt zu
nutzen, als man etwas holprig reimte "Wenn einem so viel Gutes
widerfährt, dann ist das schon einen Asbach Uralt wert!" Die
Marke Red Bull hat vorgemacht, wie das heutzutage aussehen kann:
Bei Examensfeiern wurden silberglänzende Rollen an die
Absolventen verteilt. Darin steckten eine Gratulationsurkunde der
Firma und einige Dosen des Getränks. Auch die österreichische
Brauerei Stiegl dachte sich für Glücksmomente etwas aus: Sie
verschenkten an frischgebackene Väter einen Gutschein für einen
Träger Bier.
McDonald's im Wald.
Ein gutes Beispiel für Trojanisches Marketing sind auch die viel gescholtenen Computerspiele. Seit viele junge Menschen sich lieber mit Computerspielen beschäftigen, sind sie über das klassische Medium Fernsehen nicht mehr so gut zu erreichen. Aber Computerspiele bieten viele Möglichkeiten, Werbung einzubauen. Die List dabei: Man kann Leute da erreichen, wo sie keine Werbung erwarten. Und wenn man dabei nicht zu aufdringlich vorgeht, profitiert man sogar noch vom Image des Spiels. So geschehen bei dem Spiel ORF Ski Challenge, an dem sich viele Österreicher rege beteiligen. In das Spiel ist auf raffinierte und sehr vielfältige Weise Werbung eingebaut. Wenn man sich zum Beispiel beim Skilaufen verirrt, kann es passieren, dass man plötzlich mitten im Wald vor einer McDonald's-Filiale steht. Die virtuelle Welt birgt viele Möglichkeiten, Werbung mehr oder weniger überraschend zu platzieren.
Märkte werden gemacht.
Als wichtigste Erkenntnis dieses
Buches gilt es festzuhalten, dass Märkte nicht einfach da sind.
Märkte werden gemacht. Sie entstehen aus der Interaktion zwischen
Kunden und Unternehmen. Das stellt wesentlich höhere
Anforderungen an die Unternehmen, die auf die Bedürfnisse der
Kunden reagieren müssen, als die statische Vorstellung fest
umgrenzter Märkte, bestehend aus definierten Zielgruppen.
Fazit: Am Ende hat der Leser das Gefühl, eine brauchbare
Beschreibung dafür zur Hand zu haben, wie sich Marketing in
Zukunft entwickeln könnte. Für "Zielgruppen" bedeutet dieser
Ansatz, dass es in Zukunft noch schwieriger wird, sich vor
Werbebotschaften in Sicherheit zu bringen. Andererseits kommt die
Werbung auch angenehmer, verführerischer, eben "werbender" daher.
Freilich sind Kunden schwer berechenbar. Und sie lernen schnell.
Nach der Eroberung von Troja hat wohl niemand mehr ein
herumstehendes Holzpferd so einfach zu sich in die Stadt
geschleppt. Ob es unerwünschten Werbebotschaften da anders
geht?
Sigmar von Blanckenburg ist freier Mitarbeiter bei changeX.
Roman Anlanger / Wolfgang A. Engel:
Trojanisches Marketing.
Mit unkonventioneller Werbung zum Markterfolg.
Haufe Verlag, Planegg / München 2008,
289 Seiten, 29.80 Euro.
ISBN 978-3-448-08720-8
www.haufe.de
changeX 02.05.2008. Alle Rechte vorbehalten, all rights reserved.
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Zum Buch
Roman Anlanger / Wolfgang A. Engel: Trojanisches Marketing. . Mit unkonventioneller Werbung zum Markterfolg. . Haufe Verlag, Planegg / München 1900, 289 Seiten, ISBN 978-3-448-08720-8
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Sigmar von BlanckenburgSigmar von Blanckenburg schreibt als freier Autor für changeX.