Tierisch managen
Von Bienen und Leitwölfen. Strategien der Natur im Business nutzen - das neue Buch von Matthias Nöllke.
Von Florian Michl
Das Zebra weiß, wie's geht: Relaxt grast es in der Savanne, und ist doch auf den Punkt fit, wenn Gefahr droht: Das ist perfektes Stressmanagement. Aber auch von Wölfen, Orang-Utans, Delfinen, Spinnen und Glühwürmchen lässt sich fürs Business lernen - es muss ja nicht immer Kampf sein. / 16.12.08
Matthias NöllkeMatthias Nöllke CoverTue möglichst wenig. Lasse nur Profis für dich arbeiten. Und wenn es darauf ankommt, zeige Stärke. Das sind die Maximen des Königs der Tiere, des Löwen - der gerne schon mal länger als ein Faultier schläft: ganze 20 Stunden am Tag, berichtet der Autor und Journalist Matthias Nöllke. In seinem neuen Buch erklärt er, warum der Langschläfer trotzdem als Symbol für Macht, Führungsstärke und Souveränität gilt. Und warum der Mensch sich öfter am System der Natur orientieren sollte. Sein Argument: "Die natürlichen Strategien haben den 'reality check' bereits bestanden. Sie haben sich in den Jahrmillionen der Evolution nicht nur herausgebildet und optimiert, sondern im Kampf ums Dasein eben auch bewährt."
So würden Führungskräfte gut daran tun, sich das Verhalten des Löwen genauer anzuschauen: Er weiß wie kein anderes Tier zu delegieren. Kindererziehung und Jagen, das sollen die erledigen, die mehr davon verstehen als er: die Löwinnen etwa - die sind schlanker, wendiger und agiler. "Für eine solche Aufgabe ist der Löwe zu langsam, denn er ist zu muskulös", sagt Nöllke. Erst wenn es darauf ankommt, zeigt der Löwe seine Stärke, zum Beispiel, wenn er sein Rudel verteidigt. Dann geht er bis zum Äußersten: "Entweder werden die Angreifer in die Flucht geschlagen oder die Löwen sterben." Das sei zwar auf die Spitze getrieben, aber für Führungskräfte gelte: "Die Qualität ihrer Führung zeigt sich in kritischen Situationen."

Tief verwurzeltes Verhaltensprogramm.


Solche Beispiele stehen nun ganz im Vordergrund von Nöllkes neuem Buch Von Bienen und Leitwölfen. Strategien der Natur im Business nutzen: Er zeigt, wie die Natur mit Konkurrenz und Konflikten umgeht, Formen der Kooperation und Teamarbeit ausbildet, Innovationen vorantreibt und Strategien entwickelt, um für Fortpflanzungspartner attraktiv zu sein. Damit hat der Journalist sein Buch So managt die Natur, das 2003 erschienen ist, nicht nur umfassend überarbeitet, sondern er hat ihm auch eine neue Richtung gegeben: weg vom Kampf ums Dasein als alleiniger Metapher, hin zu einem weiteren Ansatz, in dem auch Kooperation und Zusammenarbeit eine Rolle spielen; weg vom allgemeinen Konzept der "Organisation als lebendes System", hin zum speziellen Verhalten der Tiere. Zum Beispiel von Wölfen, Orang-Utans, Delfinen, Spinnen und Glühwürmchen sowie Zebras und anderen Tieren. Von deren Verhalten leitet er Anregungen für den Unternehmensalltag ab.
Wörtlich sind diese freilich nicht zu nehmen. Diese Verhaltensmuster fungieren als Metaphern, sie "verbinden Bereiche, die auf den ersten Blick nicht zusammengehören. Dadurch verhelfen sie uns zu einer neuen Sicht und sorgen dafür, dass wir alle möglichen Dinge begreifen können", schreibt Nöllke. Der Leser lernt damit nicht nur auf witzige Art die Eigenarten vieler Fleisch- und Pflanzenfresser kennen, sondern auch sich selbst.
Zum Beispiel warum ein Mitarbeiter, der gerade eine Niederlage erlitten hat, grundlos einen unbeteiligten Kollegen angreift. Ein Phänomen, das bei Hyänen ebenso beobachtet wurde wie bei Ratten und Pavianen. Was steckt dahinter? Jedenfalls kein Charakterzug, auch kein Symptom für den allgemeinen Sittenverfall, erklärt Nöllke. Vielmehr ein tief verwurzeltes Verhaltensprogramm: die "umgeleitete Aggression". Statt den Gewinner weiter zu attackieren, was die Niederlage noch schlimmer machen würde, richtet der Verlierer seine Aggressionen auf ein neues, unbeteiligtes Opfer, das mit einem Angriff überhaupt nicht rechnet. Der Clou: "Ein Sieg stärkt das Selbstvertrauen und lässt einen überlegter handeln. Das verbessert die Chancen, auch den nächsten Kampf zu gewinnen."

Stressmanagement der Zebras.


Für das Business lässt sich daraus Folgendes lernen: Rechne mit "umgeleiteter Aggression" und baue deine Leute nach einer Niederlage wieder auf. "Deshalb spielt die deutsche Nationalmannschaft vor wichtigen Turnieren gegen Luxemburg (verheerend natürlich, wenn sie dann nicht haushoch siegt)."
Mit einem Angriff rechnen auch immer Zebras. In Stress geraten sie aber noch lange nicht, auch wenn Löwen und Hyänen wenige Meter neben ihnen im Gras liegen. Damit sind sie ein gutes Beispiel für Stress- und Konfliktmanagement: Sie fliehen erst dann, wenn der Löwe zum Sprung ansetzt. Wenn es gilt, eine kurzfristige Notsituation zu meistern. Das ist die Funktion von Stress: "in kürzester Zeit alle nötigen Ressourcen bereitzustellen", um zu überleben. Das heißt: Stress ist im richtigen Moment lebensrettend, Dauerstress hingegen schlimmstenfalls tödlich. Denn wer ständig gestresst ist, kann keine Energie mehr speichern, weil der Körper jeden noch so kleinen Rest mobilisiert. Erschöpfung und Burn-out sind die Folgen.
Matthias Nöllke hat schon mit So managt die Natur ein gut recherchiertes Buch abgeliefert. Mit seinem neuen Buch ist es nicht anders. Und wieder lebt es von seinem lockeren und witzigen Erzählstil, ohne dass der Autor dabei ins seichte Wasser gerät. Seine Argumente sind überzeugend und anschaulich - einfach löwenstark: Tue möglichst wenig. Lasse nur Profis für dich arbeiten. Und wenn es darauf ankommt, zeige Stärke.

Florian Michl ist freier Mitarbeiter bei changeX.

Matthias Nöllke:
Von Bienen und Leitwölfen.
Strategien der Natur im Business nutzen.

Haufe Verlag, München 2008,
304 Seiten, 19.80 Euro.
ISBN 978-3-448-09070-3
www.haufe.de

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: Von Bienen und Leitwölfen. . Strategien der Natur im Business nutzen. . Haufe Verlag, München 2008, 304 Seiten, ISBN 978-3-448-09070-3

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Florian Michl
Michl

Florian Michl schreibt als freier Autor für changeX.

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