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Jonas Ridderstråle / Kjell A. Nordström: Karaoke-Kapitalismus. Fitness und Sex-Appeal für das Business von morgen, REDLINE WIRTSCHAFT, Heidelberg 2005, 326 Seiten, 24,90 Euro
Selten habe ich ein Sachbuch gelesen, das sowohl Zukunft als auch Gegenwart so messerscharf zu analysieren vermag. Das Angenehme dabei: Man wird nicht von den üblichen rosaroten oder tiefschwarzen Ideologieschwaden eingenebelt. Ridderstråle und Nordström sind weder jammernde Untergangspropheten noch glucksende Himmelhochjauchzer. Sie wissen, wo der neue Individualkapitalismus seine Zerstörungsspuren hinterlässt. Sie kennen aber auch die überbordenden Möglichkeitsräume für jeden Einzelnen. Und so wissen sie letztlich auch, dass Wirtschaft nur als beiderseitige Gewinnbeziehung funktioniert: für Unternehmen wie für Kunden. Ein Trip in die Abgründe der Geschäftswelt und Gesellschaft, andererseits auch ein Hinauffliegen zu den Sternen der kommerziellen Inspiration. Glänzend formuliert.
Die 6 Meister der Strategie. Und wie Sie beruflich und privat von ihnen profitieren können, Econ Verlag, Berlin 2005, 271 Seiten, 19,95 Euro
Wie kann man Zukunft sinnvoll gestalten? Grenzen überspringen? Und die Konkurrenz in den entscheidenden Augenblicken der Geschichte abhängen, ohne sich dabei selbst zu verkaufen und seine Gefolgschaft zu verraten? Um diese Fragen zu beantworten, hat Ingmar S. Brunken, wie kaum ein anderer Autor zuvor, sich der Werke von Clausewitz, Seneca, Machiavelli, Musashi, Hagakure und Sun-Tsu angenommen.
Ihm ging es nicht darum, eine weitere Zitatensammlung zusammenzustellen oder mit dem einen oder anderen Sprüchlein die These von den unumstößlichen Gesetzen des Erfolges zu stützen. Der Autor hat sich dem gedanklichen Erbe viel ernsthafter gestellt. Er hat die Truhe geöffnet, jede Gedankenkette einzeln in die Hand genommen, vom Staub der Zeit befreit und ihre Strahlkraft vor einem modernen Hintergrund überprüft. Etliche Ketten sind dabei erloschen. Sie haben aufgehört, zu sein. Doch viele haben den Test bestanden. Und küren, wenn man sie umlegt, ihre Träger heute wie damals zu Machern.
Strategieberater Brunken, der in den Führungsetagen ein und aus geht, zeigt, dass die gewinnen werden, die sich möglichst wenige Feinde schaffen (Sun-Tsu), die kooperieren, statt Krieg zu führen (Machiavelli), die nachteilige Nebenwirkungen ihres Planes immer berücksichtigen (Musashi), neue Möglichkeiten als Realitäten einbeziehen (Clausewitz), nicht tun, was alle tun (Seneca) und den Mut haben, die Herde zu verlassen und eigene, risikoreiche Wege zu gehen (Hagakure). Zu Recht gebührt den sechs Meistern der Strategie ein bedeutender Platz in der modernen Managementliteratur.
Der Blaue Ozean als Strategie. Wie man neue Märkte schafft, wo es keine Konkurrenz gibt, Carl Hanser Verlag, München/Wien 2005, 226 Seiten, 24,90 Euro
Was braucht unser Land am nötigsten? Antwort: Ideen, Innovationen, Produkte für neue Märkte. Deshalb darf man einem Buch viele Leser wünschen, das auf der diesjährigen Buchmesse zum "Wirtschaftsbuch des Jahres" gekürt wurde. Zu Recht. Denn Der Blaue Ozean als Strategie des Autorenduos W. Chan Kim und Renée Mauborgne, beide Professoren an der Harvard University, viel gelesene Autoren und Mitglieder des Weltwirtschaftsforums, lenkt den Blick auf das unerschlossene Neuland, das jenseits der vorhandenen, heiß umkämpften Märkte liegt. Und umschreibt dies mit einem schönen, plastischen Bild: Die neuen, bisher noch nicht erschlossenen Märkte, das sind die "blauen Ozeane".
Das sind die Branchen, die es noch nicht gibt, das noch nicht vermessene Neuland jenseits der Konkurrenz zwischen den etablierten Playern; hier "spielt der Wettbewerb keine Rolle, da die Spielregeln erst noch festgelegt werden müssen". Das Feld von Wettbewerb und Konkurrenz hingegen nennen Kim und Mauborgne die "roten Ozeane". Sie "repräsentieren alle Branchen, die es heute gibt; sie bilden den bekannten Markt". Sie sind das Haifischbecken, in dem sich immer mehr gefräßige Konkurrenten um das knappe Futter streiten.
Zwar sind Innovationen anerkannt, werden gelobt, gefordert, beschworen, doch das Denken fokussiert sich auf die Konkurrenz - und bleibt damit an dem Bestehenden kleben. Man betreibt Benchmarking, beäugt die Mitbewerber, investiert in Marktforschung, befragt, testet, tüftelt und verbessert, und verlässt doch nie den Ozean, in dem auch all die anderen schwimmen, den roten nämlich. Das Buch stellt dem flammenden Appell auch das methodische Instrumentarium zur Seite, das erforderlich ist, um den Strategiewechsel in die Tat umzusetzen und ihn "ebenso systematisch und realisierbar zu machen wie den Wettbewerb in den roten Wassern der bekannten Märkte". Mehr als 15 Jahre forschender Beschäftigung mit Unternehmensstrategie sind in dieses Buch eingeflossen, und das spürt man. Es ist ein reifes Werk, an dem kein Satz zu viel ist. Fundiert, klar und prägnant skizzieren die Autoren den notwendigen Turnaround im wirtschaftlichen Denken. Auch weil in Sachen Profitabilität Blau Rot um Längen schlägt.
Gustav A. Horn: Die deutsche Krankheit: Sparwut und Sozialabbau. Thesen gegen eine verfehlte Wirtschaftspolitik, Carl Hanser Verlag, München/Wien 2005, 240 Seiten, 22,90 Euro
Populär ist das nicht: Weniger sparen, mehr investieren. Mehr Staatsausgaben, kein Abbau von Sozialleistungen. Gustav Horn, Wissenschaftlicher Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) in der Hans-Böckler-Stiftung, ist keiner, der es nötig hat, das Lied des neoliberalen Mainstreams anzustimmen. Und doch ist er kein Ewiggestriger, verhakt in überholten Positionen des vergangenen Jahrhunderts. Er begründet klar und hinterfragt klug. Und denkt weiter. Ob Horn wirtschaftspolitisch Recht behalten wird oder nicht, ist nicht entscheidend. Sondern, dass er den Blick in eine andere Richtung lenkt, dass er Stopp ruft gegen die Dominanz des "pensée unique", das die wirtschaftstheoretischen Debatten dominiert. Damit wir uns nicht blind festbeißen an einer wirtschaftspolitischen Strategie, die weniger erfolgreich sein könnte, als wir vermuten. Damit wir offen bleiben für Neues, für Korrektive. Horn fordert eine hartnäckige öffentliche intellektuelle Auseinandersetzung. Mit seinem Buch hat er einen sehr guten Beitrag dazu geleistet. Es lohnt sich, seinen Argumenten zuzuhören.
Howard Gardner / Mihaly Csikszentmihalyi / William Damon: Good Work! Für eine neue Ethik im Beruf, Klett Cotta Verlag, Stuttgart 2005, 440 Seiten, 22,50 Euro
Besserwisser und Berater gibt es viele, Visionäre wenige. Zum Glück sind ein paar aber noch übrig: Gardner, Damon und Csikszentmihalyi, drei herausragende Autoren, haben sich im Projekt Good Work zusammengetan, um eine höchst überzeugende Vision für die Arbeit im 21. Jahrhundert auszuarbeiten: die Verbindung von beruflicher Höchstleistung und sozialer Verantwortung. Howard Gardner, Professor an der Harvard University, ist durch seine Theorie der multiplen Intelligenzen bekannt geworden. William Damon lehrt an der Stanford University, gilt als einer der führenden Entwicklungspsychologen und hat sich als Experte für Moralempfinden einen Namen gemacht. Der Dritte, der mit dem unaussprechlichen Namen: Mihaly Csikszentmihalyi - gesprochen Tschiks-ßent-mihai-j oder kurz "Tschik" genannt - ist der Erfinder des Flow und gilt als der führende Glücksforscher der Welt. Und mit Flow hat die Idee der guten Arbeit natürlich auch zu tun. Es geht um eine neue Balance, um eine Integration westlicher und östlicher Lebensentwürfe: des westlichen Modells der Differenzierung, die auf eine entwickelte, autonome Individualität abzielt, und des östlichen Modells der Integration, die auf Harmonie und Einbindung in Beziehungsnetzwerken Wert legt. So verstanden, ist gute Arbeit "all das, was die Entwicklung voranbringt, indem es die Erfüllung individueller Potentiale erlaubt und gleichzeitig zum harmonischen Wachstum anderer Individuen und Gruppen beiträgt". Diese beiden Pole auszubalancieren ist der Schlüssel zu einem erfüllten Leben: "Wenn die beiden Komponenten aus dem Gleichgewicht geraten, dann leidet die Lebensqualität", betonen die Autoren. Und es liegt an jedem selbst, diese Balance herzustellen. Good Work! ruft dazu auf, sich nicht auf die Zunge zu beißen und seine Gewissensbisse für Feierabend oder Wochenende aufzusparen, sondern sich einzumischen, Haltung zu bewahren und sich nicht zu verbiegen. Ein wichtiges Buch und eine Lektüre, bei der man oft "Ja, genau!" ausrufen möchte.
Gertrud Höhler: Jenseits der Gier. Vom Luxus des Teilens, Econ Verlag, Berlin 2005, 224 Seiten, 22 Euro
Endlich hat Gertrud Höhler ein Buch geschrieben, das die Herzen der Menschen trifft. Denn nach der Lektüre war mir klar, wie man Raffgier und Egomanie in Wirtschaft und Gesellschaft bändigen könnte. Zwei Dinge sind notwendig: Erstens Verständnis und Toleranz, zweitens sachte Umerziehung, um den Homo oeconomicus wieder ans eigentliche Leben heranzuführen. Wie? Nun, zum Beispiel damit, sich mit den eigenen oder den Kindern anderer auseinander zu setzen.
Kinder als Manager-Umerziehungsprogramm? Sehr ungewöhnlich, aber gar nicht so weit weg: Denn Kinder sind unsere erfolgreichsten Lehrmeister. Sie sind es, die uns mehr zutrauen als wir selbst. Sie liefern genau das, was dieser Republik fehlt: den Glauben an das Unmögliche. Kinder sind Kraftquelle und Korrektiv zugleich. Sie programmieren ihre Eltern um und fordern unerbittlich jene Tugenden ein, die jenseits der Gier bedeutsam werden: Optimismus, Zuverlässigkeit, Empathie, Großzügigkeit, Offenheit, Wahrhaftigkeit. Und genau hier beginnt Wirtschaft, eine Veranstaltung von und für Menschen zu werden.
Jonas Ridderstråle / Kjell A. Nordström: Karaoke-Kapitalismus. Fitness und Sex-Appeal für das Business von morgen, REDLINE WIRTSCHAFT, Heidelberg 2005, 326 Seiten, 24,90 Euro
Was haben wir eigentlich aus den letzten 200 Jahren gelernt, in denen Individuen für die Befreiung aus Fremdbestimmung und Unmündigkeit gekämpft haben? Nicht viel, scheint es - immer noch geht es in den meisten Unternehmen zu wie in Kadettenanstalten: Hier ist das Plansoll, der Budgetplan. Zack, zack, erfüllen! Und wehe, einer tanzt aus der Reihe! Wo sind wir eigentlich? Im real existierenden Benchmark-Sozialismus, in dem die arbeitenden Menschen mit ihren besonderen Stärken nahezu vollkommen ignoriert und die Erfolgsgeheimnisse der Wettbewerber ausspioniert werden, um sie abzukupfern. Und dann umso heftiger auf die Nase zu fallen.
Sei du selbst! Den Schlachtruf der Moderne fürs Individuum haben Ridderstråle/Nordström so einleuchtend und provozierend auf die Unternehmenswelt übersetzt, dass es eine reine Freude ist, dieses Buch mit Offenbarungscharakter zu lesen. "Wie klingt Ihr Unternehmen, wie schmeckt es, wie riecht es?", ist eine ihrer Fragen, vor denen real herrschende Konzernherren in ihrer Kennzahlenfixiertheit nur den Schwanz einziehen können. Weil sie es eben nicht können: Herausfühlen, riechen, schmecken, was die ganz besonderen Stärken dieses individuellen Unternehmens mit seinen einzigartig begabten Menschen sind, aus denen ein originelles, nicht imitierbares Geschäftsmodell entwickelt werden kann. Das geht. Aber nicht mit hinzugekaufter Marktmacht, sondern mit unverwechselbarer Mitarbeiter-Menschenstärke! Wann begreifen sie es endlich? Hallo Konzerne, hingehört: Bald ist der "fleißige, ruhige und loyale Angestellte Staub der Geschichte". Und was dann?
Also erst mal dieses Buch lesen, und zwar zeitnah! Wir brauchen eine gute Story für die nächste Quartalsbilanz!
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Wolfgang Schur / Günter Weick: Sales Tales. Die 20 größten Irrtümer über den Verkauf, Eichborn Verlag, Frankfurt am Main 2005, 253 Seiten, 21,90 Euro
Endlich einmal Verkäuferwissen zum Anfassen und schnell Begreifen. Noch dazu verpackt in eine flotte Erzählung. Die Story: Ein ICE bleibt mitten in Deutschland im Schneechaos stecken. Bis die Schienenräumfahrzeuge kommen, können Stunden vergehen, tönt es aus dem Lautsprecher. Vier Fahrgäste in einem Abteil kommen schnell ins Gespräch. Bald stellt sich heraus, dass sie alle mehr oder weniger im Verkauf tätig sind. Zwei Frauen, zwei Männer. Um die Zeit totzuschlagen und aufkeimende Rivalitäten auszuleben, beschließen sie ein Verkaufsspiel. Sie erfinden ein Produkt, das jeder im Zug an andere Fahrgäste verkaufen muss: eine Versicherung gegen Zugverspätungen. Mittels Laptop und Drucker sind die Anmeldeformulare schnell gedruckt. Und dann geht's los! Ab jetzt zählt nur noch das Verkaufs-Know-how jedes Einzelnen. Was in der Folge nicht nur witzig zu lesen ist, sondern auch fachlich auf hohem Niveau stattfindet. Ja, so muss für mich ein Ratgeber gestrickt sein: Leicht zu lesen, aber bitte mit Tiefgang! Und eines weiß man nach der Lektüre dieses Buches ganz sicher: Ein guter Verkäufer lebt langfristig nur von den Bedürfnissen seiner Kunden. Sie muss er kennen und erfüllen. Dann klappt's auch mit dem Umsatz.
Verena Steiner: Energiekompetenz. Produktiver denken, wirkungsvoller arbeiten, entspannter leben, Pendo Verlag, München/Zürich 2005, 285 Seiten, 19,90 Euro
Müde, lustlos, ausgebrannt? Der unsensible Chef ist nicht der alleinige Übeltäter. Und auch nicht die Familie, die nach Feierabend auf ihr Recht pocht. Wir beuten uns selber aus. Weil wir verlernt haben, uns wahrzunehmen, Leistungsgrenzen zu erkennen und Ressourcen gezielt zu aktivieren. Verena Steiners Ausführungen sind nicht neu. Doch die Züricher Biochemikerin zeigt überaus anschaulich, wie wir uns energiekompetent verhalten und die Up- und Down-Phasen richtig nutzen können, um beschwingt Höchstleistung zu erbringen und genussvoll zu entspannen. Für mich war das Buch ein echter Ansporn, meinen eigenen Arbeits- und Lebensrhythmus genauer unter die Lupe zu nehmen. Und Glaubenssätze wie: "Doppelt so lange arbeiten gleich doppelte Leistung" oder "Doppelt so viel Kaffee trinken gleich doppelter Kick" zu überprüfen.
Mir ist klar geworden, dass ich mehr auf meine Up- und Down-Phasen achten kann - sowohl im Job als auch privat. Zum Beispiel, wie ich die richtigen Stunden für die Lösung schwieriger Aufgaben finde. Um bessere Ergebnisse zu erreichen. Das ist gar nicht so schwer und könnte eigentlich jeder!
Salem Samhoud / Hans van der Loo / Jeroen Geelhoed: Lust & Leistung. Mitarbeiter motivieren in schwierigen Zeiten, Wiley-VCH Verlag, Weinheim 2005, 180 Seiten, 29,90 Euro
Was braucht unser Land am nötigsten? Neben Ideen und Innovationen vor allem Lust. Lust am Unternehmen, Lust auf Leistung, Spaß an der Arbeit. "Ohne Arbeitsfreude keine guten Leistungen - so lautet das Gesetz der heutigen Arbeitswelt", das ist die These der Autoren, die den empirischen Beleg nicht schuldig bleiben: Eine Steigerung der Mitarbeiterzufriedenheit um zehn Prozent lässt die Kundenzufriedenheit um 15 und den Umsatz um bis zu drei Prozent wachsen. Deshalb fordern Samhoud, van der Loo und Geelhoed eine emotionale Revolution in den Unternehmen. Und beharren auf einer einfachen Einsicht, die nur zu oft vergessen wird: dass Wirtschaft von und für Menschen gemacht wird. Das Buch zeigt, wie man Motivation schaffen kann: Indem man Menschen ermutigt, sich mit ihren ganzen Fähigkeiten, ihrem Wissen, ihrem Können und ihren Emotionen einzubringen. Genau das ist gefragt.
Vera F. Birkenbihl: Birkenbihl on Service. Mit 47 Fallbeispielen und konkreten Handlungsalternativen, Econ Verlag, Berlin 2005, 180 Seiten, 18 Euro
Empörungen über die Servicewüste Deutschland pflastern unseren Alltag. Ein Anschnauzer im Restaurant, eine Beschimpfung bei der Reklamation, eine Flunsch an der Wursttheke. Wer Tag für Tag gebückt unter diesen Zumutungen der deutschen Dienstleistungsgesellschaft durch das Land schleicht, mutlos und müde nicht aufbegehrend, dem ist dieses Buch eine stille Freude. In bekannter Manier knöpft sich Vera F. Birkenbihl, Profi in Seminaren für kundenfreundlichen Service, die Grundhaltungen, Irrtümer und Unmöglichkeiten der Servicemenschen vor und geht den Ursachen des angeknitterten Verhältnisses von Kunden und Dienstleistern auf den Grund. Und sie zeigt, wie es besser gehen kann. Eine Wohltat für die geprügelte Kundenseele und ein Muss für alle, deren Erfolg von zufriedenen Kunden abhängt. Wer sich von den Birkenbihl-typischen Kurzwortgewittern und ihrer piktogrammreichen Präsentation abschrecken lässt, ist selber schuld.
Jens Weidner: Die Peperoni-Strategie. So setzen Sie Ihre natürliche Aggression konstruktiv ein, Campus Verlag, Frankfurt/New York 2005, 197 Seiten, 19,90 Euro
Wer nur auf Harmonie bedacht ist und Konflikte scheut, der hat es nicht leicht im Leben und wird von vielen Zeitgenossen routiniert ausgenutzt oder untergebuttert. Der Erziehungswissenschaftler und Kriminologe Jens Weidner weiß Rat und hat den witzigsten Ratgeber dieses Bücherherbstes geschrieben. Respektlos, alltagspraktisch und in flotter Sprache vermittelt Jens Weidner netten Zeitgenossen, wie man sich gegen Angriffe missgünstiger Kollegen wappnet und lernt, Nein zu sagen.
Seine Grundbotschaft ist einfach, aber wirkungsvoll: Gutmenschentum funktioniert nicht! Denn Friede-Freude-Eierkuchen-Getue nehme den Anderen nicht ernst. Arbeit heißt, Probleme lösen. Probleme lösen heißt, Strategien durchsetzen. Dafür darf man gerne durchsetzungsstark sein, mit Ellenbogen sich den Weg bahnen ist hingegen verpönt. Hier liegt die Grenze. Weidner ist ein echter Menschenkenner. Man lernt von ihm einen bewussteren Umgang mit seinen Aggressionen. Ganz nach dem Motto: "One evil action every day keeps the psychiatrist away!"
Dieses Buch zu lesen war ein Vergnügen!
Ulrich Hemel: Wert und Werte. Ethik für Manager - ein Leitfaden für die Praxis, Carl Hanser Verlag, München/Wien 2005, 300 Seiten, 24,90 Euro
Selten hat jemand das verzwickte Thema Wirtschaftsethik so verständlich und bewegend aufgearbeitet - weit entfernt vom moralinsauren Habitus! Ethik für Manager heißt für Hemel ganz pragmatisch: Jeder tut das, was er macht, so gut und kompetent wie möglich. Die ethische Aufgabe eines Managers ist deshalb, ein guter Manager zu sein. Wenn Manager es also versäumen, klare Ziele zu formulieren, wenn sie Risiken und Chancen nicht rechtzeitig erkennen, wenn sie Veränderungen auf die lange Bank schieben, sich ungenügend informieren und Konsequenzen nicht durchdenken, dann haben sie ihren Job nicht gewissenhaft genug gemacht und insofern unethisch gehandelt.
Endlich hat jemand das Thema Ethik für Manager so verständlich und alltagspraktisch ausbuchstabiert, dass man damit etwas anfangen kann. Ein Buch, das viele Nägel auf den Kopf trifft.
Franz Kotteder: Die Billig-Lüge. Die Tricks und Machenschaften der Discounter, Droemer Verlag, München 2005, 269 Seiten, 18 Euro
Der beste Ratgeber ist der, der Leser nicht mit angeblich erprobten Rezepturen auf die Schleimspur eines kurzfristig erzielbaren Ergebnisses lockt ("Reich werden in 50 Tagen"; "Ruck, zuck Ordnung schaffen mit besserem Zeitmanagement"), sondern im besten Sinne aufklärt über die Folgen des eigenen Handelns. Da hat Franz Kotteder Tolles geleistet, indem er den Deutschen seinen einzigartigen Einkaufsratgeber in die Hand gelegt hat. Wer jammert, dass es mit "der" deutschen Wirtschaft immer weiter bergab geht, der muss sich nach Lektüre dieses Ratgebers erst mal am eigenen Schlafittchen packen. Jeder Schnäppchenpreis hat seinen Preis. Den zahlt Tante Emma, deren Laden Pleite geht, den zahlt der Arbeiter, der von billigeren Lohnarbeitern im östlichen Ausland ersetzt und damit arbeitslos wird, und am Ende zahlen wir ihn alle. Kotteder geriert sich dabei nicht als Moralapostel, der einer Ideologie "kauft nur bei Deutschen" das Wort redet. Aber er, der dem feuilletonistischen Genre entstammt, hat sehr schön dargelegt, wie diejenigen, die es sich überhaupt noch leisten können, den Standort Deutschland durch ihre Kaufentscheidungen tatsächlich stärken können. "Du bist Deutschland." Mit anderen Worten: Die Entscheidung liegt bei dir. Wie immer.
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Burkhard Spinnen / Eberhard Posner: KlarsichtHüllen. Ein Dialog über Sprache in der modernen Wirtschaft, Carl Hanser Verlag, München/Wien 2005, 200 Seiten, 19,90 Euro
Manchmal fragt man sich wirklich, was in Kommunikationsabteilungen von Unternehmen so alles vor sich geht. Der vorliegende Fall ist ein leuchtendes Beispiel dieser Verwirrtheit. Da soll ein preisgekrönter Schriftsteller via E-Mail mit dem Kommunikationschef eines DAX-Konzerns diskutieren. Über die Wirtschaft im Allgemeinen, über Unternehmer und ihr Managementdeutsch, das täglich in Tausenden von Meetings die Sachverhalte vernebelt und den gesunden Menschenverstand knebelt. Es kommt, wie es kommen muss. Der Literat erwidert tapfer auf das seichte Gemurmel des Topmanagers. Im Spiegelbild seiner klugen, persönlichen Gedankenreisen erscheint das Managergeschwurbel wie ein Messe-Stehempfangsgeplauder, das man im nächsten Augenblick schon wieder vergessen hat.
Hans-Werner Sinn: Die Basar-Ökonomie. Deutschland: Exportweltmeister oder Schlusslicht?, Econ Verlag, Berlin 2005, 180 Seiten, 14,95 Euro
Hans-Werner Sinn hat uns mit seinem Buch Ist Deutschland noch zu retten schon einmal die Leviten gelesen: Wenn Deutschland konkurrenzfähig bleiben möchte, so der Münchner ifo-Chef, müssen die Löhne gekürzt, die Tarifverträge aufgeweicht werden und muss der Staat mit Lohnzuschüssen für Sozialverträglichkeit sorgen. Jetzt wiederholt Sinn seine Forderung. Und bekommt wundersamerweise wieder Applaus. Die Bild-Zeitung mit ihren Lesern aus dem Malocher-Milieu kürt den Talkshowkönig sogar zum "Chef-Ökonom Deutschlands". Ausgerechnet! Gegen flexible Löhne und zeitgemäßere Verträge ist nichts zu sagen. Doch unser Land krankt in erster Linie nicht an einem zu hohen Lohnniveau, sondern an einem zu niedrigen Wissensniveau. Und an der ewig gestrigen Vorstellung, Vater Staat müsse für alle Durchs-Raster-Gefallenen alleine aufkommen.
Gloria Beck: Verbotene Rhetorik. Die Kunst der skrupellosen Manipulation, Eichborn Verlag, Frankfurt am Main 2005, 336 Seiten, 22,90 Euro
Kann man einen Ratgeber schreiben, diesen in einer Ratgeber-Reihe veröffentlichen, mit Ratgeber-Klappentext drum herum und Ratgebertipps innen drin - und dann sagen: War nicht so gemeint? Das Buch sei selbst rhetorisch, erzählte mir Gloria Beck. Will sagen: Ihr Buch über die "Kunst der skrupellosen Manipulation" sei selbst Manipulation, geschrieben, um Manipulation zu entlarven. Das wäre in der Tat perfide. Die Frage indessen ist: Meint Gloria Beck, was Gloria Beck schreibt? Von einem Autor will ich das wissen. Und messe ihn daran, was er schreibt. Was Gloria Beck schreibt, bleibt eine unverhüllte Aufforderung zur skrupellosen Durchsetzung seiner Interessen mittels übler Tricks, versehen mit einem aufklärerischen Tarnanstrich und umnebelt vom Nimbus einer Geheimwissenschaft. Ob Rhetorikfake oder Ratgeber - für mich der Flop des Jahres!
Klaus N. Pertl: Karrierefaktor Selbstmanagement. So erreichen Sie Ihre Ziele, Haufe Mediengruppe, Freiburg 2005, 200 Seiten mit integrierter CD-ROM, 19,80 Euro
Selbstmanagement, na klar, das soll es wieder rausreißen. Wo die Karriere hakt, die Ziele verschwimmen, der Arbeitsmarkt trudelt, heißt es Ratgeber wälzen, Arbeitsweise und Lebenseinstellungen umstricken. Wer glaubt, dass das in einer schnell gebastelten CD-ROM-Session mit integrierter Neukonditionierung und Realitätsdusche gehen soll, muss entweder sehr verzweifelt oder sehr mutig sein. Denn wenn er nicht aufpasst und sich zu Klaus Pertls sonorer Stimme in saftige Landschaften denkt, könnte sich eines Tages selbst im kuscheligen Grün der Wiesen verlieren.
Gabriel Zaid: So viele Bücher! Erstaunliches, Kurioses und Nachdenkliches rund ums Lesen, Campus Verlag, Frankfurt/New York 2004, 142 Seiten, 14,90 Euro
Aufgemacht ist es als nettes Geschenkbuch für bücherliebende Menschen - doch wer reinliest, ist geschockt. "Bücherhasser-Buch" wäre die richtige Bezeichnung dafür. Zaid lamentiert mit vielen keineswegs neuen Zahlen und Fakten darüber, dass es viel zu viele Bücher gibt (viel mehr Bücher als Leser), und man solle doch bitteschön bleiben lassen, noch mehr davon zu schreiben und zu verlegen. Ganz ohne Ironie, wohlgemerkt! In die Ecke gepfeffert habe ich - selbst Buchautorin - es schließlich nach folgendem Satz: "Werter Autor, dein Buch ist nichts als ein Fetzen Papier, der durch die Straßen flattert, Städte verschmutzt und die Müllcontainer des Planeten verstopft. Aus der Zellulose kommt es, und zur Zellulose kehrt es wieder zurück." Es hat mich nicht weiter gewundert, als ich erfahren habe, dass der Mann Wirtschaftsingenieur ist und in seinem eigenen Verlag Adressenverzeichnisse für Anwälte, Bibliotheken oder Außenhandelsfirmen herstellt.
Hans-Werner Sinn: Die Basar-Ökonomie. Deutschland: Exportweltmeister oder Schlusslicht?, Econ Verlag, Berlin 2005, 180 Seiten, 14,95 Euro
Eine grandiose Rolle rückwärts: Sinn will den Standort Deutschland mit einem Billiglohn-Proletariat retten und der Staat soll diese patriotische Großtat durch Lohnzuschüsse sponsern. Fehlt nur noch ein riesiges Dach über der Republik, und das Industriemuseum wäre perfekt: Deutschland als Global Player mit beschränkten Zutrittschancen - ein Land, das jene, die in der neuen Arbeitswelt noch nicht Schritt halten können, kurzerhand ins tiefste Industriezeitalter verbannt. Das ist Retro-Liberalismus in Reinform.
Hans-Werner Sinn: Die Basar-Ökonomie. Deutschland: Exportweltmeister oder Schlusslicht?, Econ Verlag, Berlin 2005, 180 Seiten, 14,95 Euro
Wo ist eigentlich das Problem für Sinn? Einer der begabtesten Selbstdarsteller der deutschen Ökonomenzunft - und die verfügt traditionell nicht über viele solcher öffentlichkeitswirksam auftretenden Kaliber - hat nun zum ultimativen Schlag ausgeholt. In seinem vorletzten Buch: Ist Deutschland noch zu retten? hat der Chef des Münchner ifo Instituts schon schwarzen Pessimismus verbreitet, weil die Politik nicht den Glaubensdiktaten der Ökonomenzunft folgt. In seiner Basar-Ökonomie versucht er aber nun eine Grunderkenntnis seiner altvorderen Vordenker anzugreifen, derzufolge die Arbeitsteilung nicht nur national, sondern auch global voranschreitet: Jeder erledigt die Arbeiten, die er am besten beherrscht und am kostengünstigsten anbieten kann. Wo ist also das Problem? Für Sinn besteht es darin, dass deutsche Tüftler und Innovatoren die industrielle Umsetzung ihrer Geistesblitze im Ausland erledigen lassen. Aber wohlgemerkt immer unter Einsatz deutscher Automations- und Maschinenbautechnik nebst deutschen Qualitätsstandards. Über die zum Beispiel Porsche in Bratislava bei der Cayenne-Produktion wacht oder Bosch bei der Bohrmaschinenproduktion in China. Na und, Herr Sinn? Können wir uns von der alten Massenindustriewirtschaft seligen Angedenkens immer noch nicht trennen? Haben wir noch nicht begriffen, welche neuen, ungeheuren Potenziale in der Wissensgesellschaft stecken? In der es auf den ultimativen Dreh im Hirn ankommt und nicht auf den Schraubendreher in Tschechien, Taiwan oder gar Tschetschenien? Eben!
changeX 18.11.2005. Alle Rechte vorbehalten, all rights reserved.
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