Besser diplomatisch

Mit Diplomatie zum Ziel - das neue Buch von Stéphane Etrillard
Rezension: Sascha Hellmann

Manchmal reicht ein falsches Wort oder eine falsche Geste: Die Beziehungskrise ist da und nur schwer wieder zu kitten. Ein Ratgeber zeigt, wie man dies mit Diplomatie vermeidet. Und zudem stabile Beziehungen aufbaut - und sich damit das Leben leichter macht.

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Es nützt alles nichts: Selbst der eingefleischteste Einzelkämpfer kann sich nicht vor der Tatsache drücken, dass er in einem Geflecht von Beziehungen lebt. Wie sonst soll man selbst das relativ unregelmäßige und unverbindliche Aufeinandertreffen mit dem Bäcker, Postboten oder der Kassiererin nennen? Wir alle leben in vielfältigsten Beziehungsformen, von denen uns einige enger, vertrauter oder wichtiger als andere erscheinen. Eines haben alle diese Beziehungen gemeinsam: Sie glücken oder sie glücken nicht. Und machen damit unser Leben zum Himmel oder zur Hölle auf Erden.  

Kurz: Beziehungen bestimmen unser Leben. Aber unsere Beziehungen sind kein Schicksal. Wir bestimmen unsere Beziehungen in der Art, wie wir sie mit unserer Haltung, unseren Worten und Gesten gestalten. Das ist der Ansatz von Stéphane Etrillards neuem Buch Mit Diplomatie zum Ziel. Wie gute Beziehungen Ihr Leben leichter machen, mit dem der Redner, Trainer und Autor für mehr Diplomatie in unseren geschäftlichen und privaten Beziehungen wirbt.


Hart in der Sache, verbindlich im Stil


Die hohe Kunst der Diplomatie meint ursprünglich die Pflege der Beziehungen zwischen Staaten durch geschickte Verhandlungen - mit dem Ziel, eigene Interessen zu erreichen, ohne die Beziehung zum Gesprächspartner zu beschädigen. Von diesem gesellschaftlichen Parkett hat Etrillard die Diplomatie auf den Teppich unserer Privathäuser und in die Bürokorridore der Unternehmen geholt: Auch hier hilft Diplomatie, eigene Ziele zu erreichen und gleichzeitig stabile Beziehungen aufzubauen. Ein Doppelschlag, der sonst leider nur selten gelingt.  

Wie Diplomatie geht, erläutert der Autor nicht nur theoretisch überzeugend, sondern auch anhand von Beispielen sowie praktischen Tipps - und ist vom Gewinn überzeugt: "Diplomatie ist kein Zaubermittel. Wer es jedoch versteht, diplomatisch aufzutreten und zu reden, wird im Leben auf wesentlich weniger Widerstand stoßen und seltener (ungewollt) in Konflikte hineingeraten. Statt Beziehungen zu belasten oder im Extremfall sogar zu ruinieren, wird der diplomatisch auftretende Mensch seine Beziehungen nicht nur besser aufrechterhalten, sondern sogar stärken." Kurzum: Etrillards Buch regt dazu an, nicht wie der sprichwörtliche Elefant, sondern eher wie die Katze im Porzellanladen aufzutreten: anmutig, geschmeidig und doch von Eigensinn getrieben. Hart in der Sache, aber verbindlich im Stil!


Jenseits der Brechstange


Der Ton macht die Musik. Diese Redewendung, die das Taktgefühl als Erfolgsmoment ins Visier nimmt, dürfte jeder Diplomat ohne Zögern unterschreiben. Denn es geht darum, beim Gesprächs- oder Verhandlungspartner den richtigen Ton zu treffen, um zu erreichen, was man sich vorgenommen hat. Gleichzeitig soll jedoch auch das Gegenüber mit Gewinn aus der Sache herauskommen. Deshalb verbietet sich schon mal der Einsatz der Brechstange, mit der man zwar kurzfristig Erfolge erzielen kann, auf lange Sicht jedoch einen Trümmerhaufen in zwischenmenschlicher Hinsicht hinterlassen dürfte.  

Dabei ist nicht jedem diplomatisches Geschick in die Wiege gelegt, aber man kann es lernen. Ein erster Schritt ist bereits getan, wenn man folgende vom Autor angeführten Prinzipien diplomatischer Kommunikation beherzigt: Den Gesprächspartner in jeder Situation sein Gesicht wahren lassen, in allen Gesprächen nach einer Win-win-Situation suchen, einen langfristigen Nutzen im Blick haben, gegenseitiges Vertrauen aufbauen - und auch mal schweigen können.  

Wie in jeder anderen Kunst gibt es natürlich auch in der Diplomatie unterschiedliche Stufen der Meisterschaft: Während es am Anfang schon mit einem ernsthaften, von Wertschätzung bestimmten Interesse am Gegenüber, aktivem Zuhören sowie einem glaubwürdigen Zusammenspiel von Wort, Gestik und Mimik getan ist, gilt es auf höheren Stufen, feineren Fallstricken aus dem Weg zu gehen.


Feingefühl und Courage


Ein Beispiel: Ein Chef möchte einen seiner Mitarbeiter, der gelungen präsentiert hat, loben und sagt: "Das haben Sie wirklich gut gemacht, Herr Becker! Sehr schöne Präsentation." Gut gemeint, aber schlecht umgesetzt, meint Etrillard. Denn: Ein solches Lob mache vor allem deutlich, dass der Chef über seinem Mitarbeiter stehe und daher das Recht habe, ihn zu bewerten. Nix mit partnerschaftlichem Dialog auf Augenhöhe! Um das Miteinander zu betonen, empfiehlt der Autor die alternative Formulierung: "Herr Becker, vielen Dank für diese Präsentation. Das war sehr aufschlussreich für mich. Besonders gefallen hat mir die Klarheit Ihres Vortrags. Mit Ihren Ergebnissen können wir jetzt sehr gut weiterarbeiten. Ich möchte Sie bitten, auch die Zahlen vom Vorjahr noch einmal genauer zu beleuchten. Vielleicht ergeben sich hieraus weitere wichtige Erkenntnisse." 

Das Beispiel zeigt, dass man diplomatisch nie ausgelernt hat: Es gilt, seine Sensibilität stets zu schulen und immer wieder praktisch anzuwenden. Und das gilt für jeden, weil jeder seinen Beitrag zu einem gewinnbringenden, friedlichen Miteinander leisten kann. Angesichts der Kollateralschäden, die rücksichtslose Ellbogentypen hinterlassen, wundert es nicht, dass Diplomatie mittlerweile auch auf höchster wirtschaftlicher Führungsebene erwartet wird.  

Allerdings darf bei allem Feingefühl nicht vergessen werden, dass ein Diplomat auch Grenzen zu setzen hat: Diplomatie ist kein "softer und defensiver Kommunikationsstil", so Etrillard, sondern beinhaltet auch die Courage, den Gesprächspartner in seine Schranken zu weisen, wenn dieser wiederholt die Regeln der Fairness verletzt. Sollte der dann nicht einlenken, gilt es, die Androhung, das Gespräch oder gar die Beziehung abzubrechen, auch in die Tat umzusetzen. Sonst steht die Glaubwürdigkeit auf dem Spiel.


Jeder hat es selbst in der Hand


Doch so weit muss es nicht erst kommen. Zumindest man selbst hat es in der Hand, einen diplomatischen Ton an den Tag zu legen, der bestenfalls auch auf das Gegenüber abfärbt. Etrillard legt hierfür mit seinem Buch nicht nur den Grundstein, sondern erörtert auch spezielle Problemlagen an der diplomatischen Front. Da die im Sinne des Autors verstandene Diplomatie jeden angeht, sei sein Buch auch ausnahmslos jedem empfohlen. Es ist nicht nur ein mit leichter Hand geschriebenes und inspirierendes Buch, sondern auch ein wichtiges: Sind wir doch alle dazu angehalten, nicht verbrannte Erde zu hinterlassen. Sondern zu einem kooperativeren Miteinander beizutragen.  


changeX 28.03.2013. Alle Rechte vorbehalten, all rights reserved.

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Zum Buch

: Mit Diplomatie zum Ziel. Wie gute Beziehungen Ihr Leben leichter machen. GABAL Verlag, Offenbach 2013, 200 Seiten, 24.90 Euro, ISBN 978-3-86936-473-5

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Autor

Sascha Hellmann
Hellmann

Sascha Hellmann ist freier Journalist in Heidelberg. Er arbeitet als freier Mitarbeiter für changeX.

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