Öfter mal die Perspektive wechseln
Eingeschliffene Sichtweisen und Denkmuster bestimmen unser Bild der Welt. Sie aufzubrechen und öfter mal die Perspektive zu wechseln hilft, den anderen besser zu verstehen. Und zu erkennen, dass Unterschiedlichkeit kein Problem ist, sondern eine Bereicherung.
Frauke Ion ist Expertin für Perspektivenwechsel. In ihren Vorträgen, Trainings und Coachings leitet sie ihre Teilnehmer an, durch eine ganz andere "Brille" auf die Welt zu schauen. Sie leitet ihre eigene Trainingsfirma ion international und ist Mitinhaberin des Instituts für Persönlichkeit in Köln. Sie ist ausgebildeter Business Coach sowie für zahlreiche diagnostische Instrumente zertifiziert.
Sie empfehlen den Menschen einen Perspektivenwechsel. Was genau bedeutet das?
Es bedeutet, die Brille zu wechseln. Wir laufen durch die Welt mit einer imaginären Brille auf der Nase, die Kratzer, Schrammen und Spuren von all dem trägt, was wir erfahren und erlebt haben. Mit dieser Brille stolpern wir in das Leben anderer und versuchen, ihnen unsere Brille aufzusetzen - in der Hoffnung, nicht mehr diskutieren zu müssen.
Perspektivenwechsel bedeutet, ganz bewusst durch die Brille des anderen zu blicken. Sei es, indem ich mir mehr Informationen beschaffe, ihn intensiver beobachte oder ihm besser zuhöre. In der Folge sammele ich neue Erfahrungen, die sich in meiner Sichtweise manifestieren und sich in neuem Verhalten verankern.
Warum kann nicht jeder die Brille aufbehalten, die er trägt?
Weil niemand erwarten kann, dass die anderen genauso auf die Welt schauen. Wenn eine Beziehung, eine Situation, eine Verhaltensweise nicht zu den angestrebten Ergebnissen führt, ist es Zeit, etwas zu unternehmen. Oft verbauen wir uns durch unsere eingefahrenen Sichtweisen die Chance auf positive Erfahrungen. "Wie kann der andere bloß nur so eine komische Sichtweise haben? Oder sich nur so seltsam verhalten?" Ein Perspektivenwechsel ändert unsere Sichtweise und damit oft auch unser Verhalten.
Wieso die Sichtweise ändern? Reicht nicht eine Verhaltensänderung?
Um langfristig bessere Ergebnisse erzielen zu können, reicht es nicht aus, nur sein Verhalten zu ändern. Dazu muss ich "eine Stufe früher" ansetzen: an meiner Sichtweise. Nur durch das Arbeiten an der Sichtweise kann Verhalten langfristig verändert werden. Aber ein Perspektivenwechsel ist extrem herausfordernd.
Was ist dafür notwendig?
Voraussetzung ist die Bereitschaft, Sichtweisen zu hinterfragen und zu ändern. Es ist notwendig, aufmerksamer zu werden, mehr zuzuhören, als zu sagen, mehr zu beobachten und zwischen den Zeilen zu lesen. Kurz: sich wirklich mit dem Gegenüber zu beschäftigen. Dazu gehören alle Sinnesorgane. Wir dürfen uns nicht von Kleidung, Positionen oder Titeln ablenken lassen.
Wichtig ist auch, für sich selber sensibler zu werden. Wenn man bewusster wahrnimmt, was einen antreibt, wie man tickt, was man mag und was nicht, und dann diese Wahrnehmungen auf den anderen anwendet, ist das schon ein Schritt hin zum Perspektivenwechsel.
Was erschwert einen Perspektivenwechsel?
Natürlich ist es schwieriger, Sichtweisen zu ändern, die schon viele Jahre bestehen. Auch wird jemand, dem es nicht gut geht, weil eine Beziehung zu Ende gegangen ist, weil er im Job unzufrieden ist, oder der gesundheitliche Probleme hat, keinen großen Perspektivenwechsel vollziehen können bzw. wollen. Andererseits ist ein Perspektivenwechsel gerade dann, wenn es mental oder körperlich wehtut, eine große Chance. Schmerz ist ein guter Motor, der beste sogar. Aber muss man so lange warten, bis es wehtut? Und natürlich gibt es Leute, die resistent sind. Oft ist das reine Bequemlichkeit. Dann müssen sie mit dem Ergebnis ihres Handelns weiterleben, obwohl sie es in der Hand hätten, es zu ändern.
Die für Sie wichtigste Erkenntnis in einem Satz?
Wenn wir häufiger die Perspektive wechseln, dann werden wir den anderen besser verstehen und erkennen, dass Diversität und "Andersartigkeit" kein Problem, sondern eine Bereicherung darstellen.
Zitate
"Perspektivenwechsel bedeutet, ganz bewusst durch die Brille des anderen zu blicken." Frauke Ion: Öfter mal die Perspektive wechseln
changeX 06.11.2014. Alle Rechte vorbehalten, all rights reserved.
Artikeltags
GABAL Verlag
Weitere Artikel dieses Partners
Ein Hoch auf den Kurzschlaf - fünfeinhalb Fragen an Stefanie Demmler zum Kurzinterview
Fünfeinhalb Fragen an Martina Mangelsdorf zum Interview
Brainfluence - das Buch von Roger Dooley zur Rezension
Ausgewählte Links zum Thema
-
Zum Buch auf der Verlagsseitezum Buch
-
Website zum Buchwww.ich-sehe-was-was-du-nicht-siehst.com
Zum Buch
Frauke Ion: Ich sehe was, was du nicht siehst. Durch Perspektivenwechsel zu besseren Ergebnissen. GABAL Verlag, Offenbach 2014, 248 Seiten, 34.90 Euro, ISBN 978-3-86936-595-4
Buch bestellen bei
Osiander
genialokal
Amazon
Autorin
Tatjana KriegerTatjana Krieger ist freie Journalistin in München und schreibt über Beruf, Karriere und Weiterbildung.