Eine Stadt der "kurzen Wege"
Eine Tagung im November beschäftigt sich mit umweltschonendem Einkaufs- und Freizeitverkehr.
Nur ein Drittel der Menschen fährt umweltschonend mit Bus und Bahn zum Einkaufen oder zu Freizeitaktivitäten, der Rest bläst jedes Mal mit dem Auto Abgase in die Luft. Auf einer Tagung in Halle und Leipzig werden Modellprojekte und Lösungswege vorgestellt, wie man das Problem durch Mobilitätskonzepte und Stadtplanung in den Griff bekommen kann.
Wenn über das Autofahren und seine umweltschädliche Wirkung geredet wird, sind meist Berufspendler im Visier der Experten. Doch die Zahlen machen deutlich, dass das zu kurz greift: Mehr als die Hälfte aller Fahrten im Personenverkehr gelten Einkauf und Freizeit. Und dieser Anteil wächst ständig. Was, wie jeder weiß, erhebliche Folgeprobleme verursacht: Immer mehr Flächen werden versiegelt, Lärm- und Luftschadstoffbelastungen steigen, klimaschädliches Kohlendioxid gelangt in die Luft. Außerdem leidet natürlich die Aufenthalts- und Lebensqualität in den Städten. Will man also das Verkehrsgeschehen umweltschonend gestalten, muss man auch die Zahl der Freizeit-Fahrten in den Griff bekommen.
Modellprojekte in der Diskussion.
Zu diesem Thema veranstaltet das
Umweltbundesamt eine zweitägige Fachtagung: "Umweltschonender
Einkaufs- und Freizeitverkehr - Strategien, Modellprojekte,
Erfahrungen" heißt die Veranstaltung, deren Ziel es ist, neue
Ansätze vorzustellen und zu diskutieren. Sie findet am 6.11.2002
in Halle (Saale) (Stadthaus) und am 7.11.2002 in Leipzig (Neues
Rathaus) statt. Dass sie in diesen Städten veranstaltet wird, ist
kein Zufall: Halle und Leipzig waren beide an Modellprojekten
beteiligt. Das Wuppertal Institut hat dort im Auftrag des
Umweltbundesamtes und gemeinsam mit der Planersocietät Dortmund,
der IVU Traffic Technologies AG Berlin und dem Büro für urbane
Projekte Leipzig von 1997 bis 2001 in Zusammenarbeit mit beiden
Städten und lokalen Praxispartnern aus der Wirtschaft Analysen
vorgenommen, Handlungsstrategien entwickelt und Pilotprojekte
praxisnah erprobt. Auf der Tagung werden die Ergebnisse
dargestellt und die gewonnenen Erfahrungen gemeinsam mit anderen
guten Beispielen diskutiert.
Ausgangspunkt der Tagung ist, dass eine umweltschonendere
Gestaltung des Einkaufs- und Freizeitverkehrs am ehesten möglich
ist, wenn stadt- und verkehrsplanerische Strategien auf den
verschiedenen Planungsebenen integriert entwickelt und umgesetzt
werden. Außerdem sollten die unterschiedlichsten Akteure aus
Planung, Politik, Wirtschaft, Verbänden und aus der Bürgerschaft
kooperieren. Auch dazu werden auf der Tagung zahlreiche
innovative Projekte vorgestellt und Erfahrungen ausgetauscht.
Die Tagung richtet sich an alle, die sich für die
umweltschonende Gestaltung des Einkaufs- und Freizeitverkehrs
stark machen - ob in der Planungspraxis der Kommune und Region,
in Nahverkehrsunternehmen, in der Wohnungswirtschaft, dem Handel,
in Verbänden oder in der Wissenschaft. Aber auch Betreiber von
Freizeiteinrichtungen sind natürlich willkommen.
Unterschiedliche Schwerpunkte.
Das Thema wird aus zwei
Blickwinkeln diskutiert: Am ersten Tag in Halle (Saale) stehen
die Handlungsmöglichkeiten auf der Ebene der Wohngebiete, also
der Ausgangsbasis der Autofahrer, im Mittelpunkt. Am zweiten Tag
in Leipzig werden Lösungen diskutiert, die bei den Zielen des
Verkehrs, der Geschäfte und Freizeiteinrichtungen ansetzen. Die
beiden Tage können einzeln oder - mit deutlichem Preisvorteil bei
der Tagungsgebühr - zusammen besucht werden.
In den Wohngebieten entsteht der Verkehr und dort muss er
ausgehalten werden. Geplant ist, am ersten Tagungstag im Plenum
ausführlich die Praxiserfahrungen aus den beiden ersten in
Deutschland realisierten Modellprojekten zum autoarmen Wohnen zu
diskutieren. Welche Handlungsansätze sind bei der Stadterneuerung
realistisch möglich, um eine autounabhängige Mobilität im
Wohnquartier zu befördern? Was können die Städte und was die
Wohnungsunternehmen dafür tun? Wie können beide als
Projektpartner zusammenarbeiten? Welche Vorteile gewinnen sie
damit? Wie kann dieser Stadterneuerungsprozess gemeinsam mit der
Bewohnerschaft gestaltet werden? Wie geht man mit deren
widersprüchlichen Wünschen nach weitgehender Verkehrsberuhigung
und zugleich möglichst wenigen Einschränkungen gegenüber dem Auto
um? Wie können bestehende Wohngebiete mit der Zeit umgestaltet
werden: mit weniger Auto, mehr Wohnen und mehr Lebensqualität?
Beim Tagungsteil in Leipzig geht es bei den Fachvorträgen
im Plenum, in drei Arbeitsgruppen und einer abschließenden
Podiumsdiskussion um realistische Perspektiven für
Gestaltungsspielräume und Kooperationsansätze zwischen Wirtschaft
und Planung. Welche Möglichkeiten gibt es, die Innenstadt und die
Stadtteilzentren als relativ verkehrssparsame und umweltschonende
Einkaufs- und Freizeitstandorte zu stärken? Wie kann man mit den
bestehenden Strukturen auf der "Grünen Wiese" umgehen? Wie kann
eine "Freizeit der kurzen Wege" in der Stadt und im Umland
unterstützt werden? Was können Städte, Handel und
Freizeitanbieter tun, um den Umweltverbund im Einkaufs- und
Freizeitverkehr zu fördern? Welche Chancen eröffnen sich auf dem
wachsenden Freizeitmarkt für die Nahverkehrsunternehmen?
Breite Unterstützung.
Wie wichtig das Thema ist, haben inzwischen viele Institutionen und Verbände erkannt. Daher wird die Tagung des Umweltbundesamtes von namhaften Organisationen unterstützt: den beiden großen Planungsverbänden Informationskreis für Raumplanung (IfR) und Vereinigung für Stadt-, Regional- und Landesplanung (SRL), dem Deutschen Städtetag, dem Ministerium für Bau und Verkehr des Landes Sachsen-Anhalt, dem Verband der Wohnungsgenossenschaften Sachsen-Anhalt e. V., der Industrie- und Handelskammer zu Leipzig, dem Mitteldeutschen Verkehrsverbund (MDV) und dem Verkehrsclub Deutschland (VCD).
Oscar Reutter ist Projektleiter in der Verkehrsabteilung des Wuppertal Instituts für Klima, Umwelt, Energie.
© changeX [17.09.2002] Alle Rechte vorbehalten, all rights reserved.
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