Zügig eingreifen
Kritikgespräche führen, der neue Ratgeber von Hedwig Kellner.
Einem Mitarbeiter zu sagen, dass man sich von ihm trennen muss oder dass seine Leistungen zu wünschen übrig lassen, ist auch für den Chef unangenehm. Hedwig Kellners Leitfaden, wie man heikle Themen anspricht, hilft, die Klippen zu umschiffen.
Manchmal ist Chef
sein gar nicht leicht. Denn irgendwann muss jeder Manager einmal
schlechte Nachrichten überbringen, und das ist unangenehm. Kritik
üben zu müssen nicht minder. Doch oft lässt es sich nicht
vermeiden: Ein Mitarbeiter kleidet sich falsch und fällt dadurch
unangenehm auf; Kunden haben sich über den Ton einer
Sachbearbeiterin beschwert; Sie müssen einem Mitarbeiter den schon
genehmigten Urlaubsantrag aus betrieblichen Gründen wieder
streichen. Führungskräften geht es in solchen Fällen so wie den
meisten Menschen: Sie scheuen sich davor, das Thema anzusprechen,
schieben es zur Seite und würden die unangenehme Konfrontation am
liebsten ganz umgehen. Doch das ist, so Hedwig Kellner, das
Schlechteste, was man tun kann. Aufgabe des Chefs ist, zügig
einzugreifen, sonst leidet das Teamklima. Ihr Rat: Bringen Sie es
hinter sich, und zwar möglichst bald - aber erst, nachdem der Ärger
verflogen ist und Sie sich gut vorbereiten konnten. Denn wenn der
Chef die Wut im Bauch hat, ist das ineffektive Wortgefecht
vorprogrammiert und die Lösung rückt nicht unbedingt näher.
Auch während des Gesprächs gilt es, allzu menschliche Fehler
zu vermeiden. Zum Beispiel, die Kritik durch gleichzeitiges Lob zu
verschleiern oder dem Mitarbeiter die schlechte Nachricht mit vagen
Versprechungen zu versüßen. Kellner rät zur harten Linie: Klar
sagen, was Sache ist, sonst kommt eine falsche Botschaft an - und
damit ist niemandem gedient. Kritik muss nicht demotivieren, so
ihre Überzeugung; sie wirkt nur dann negativ, wenn der Chef nie
lobt.
Kritik und Fehlerkultur - kein Widerspruch.
Doch wie sollte man überhaupt
Kritik an den Mitarbeitern äußern? Autoritäres Führen ist out,
und kein Chef will als Pedant dastehen, der bei einer schlechten
Leistung gleich mit dem Holzhammer reagiert. Kein Problem mit
Kellners Modell der sechs Eskalationsstufen. Zunächst spricht man
die schlechten Leistungen mit einem "Was ist los?" informell an.
Bleiben die ersten Warnungen jedoch ohne Wirkung, dann werden
härtere Bandagen aufgezogen ("Ich erwarte von Ihnen ...").
Fruchtet das immer noch nichts, ist es gar schon zum Machtkampf
zwischen Mitarbeiter und Chef gekommen, dann wird es Zeit, über
arbeitsrechtliche Maßnahmen nachzudenken. Spätestens dann sollte
man sich mit der Personalabteilung abstimmen. Bei schwer
wiegenden Problemen wie dem Verdacht auf Alkoholismus natürlich
schon früher.
Kellner unterscheidet klar zwischen einer Panne und echtem
Fehlverhalten. Ist mal was schief gegangen, rät sie zum
Aufmuntern und Trösten, denn nun wird sich der Mitarbeiter erst
recht Mühe geben, damit so etwas nicht nochmal passiert. Erst bei
wirklich schlechten Leistungen empfiehlt sie, auf den Tisch zu
hauen - und Spielregeln zu vereinbaren, damit sich das nicht
wiederholt. Ein wichtiger Unterschied, denn in viel zu vielen
Organisationen werden auch Aussetzer der ersten Kategorie
gnadenlos geahndet - eine Kultur, in der aus Fehlern gelernt
wird, kann sich nicht entwickeln.
Das Wichtigste in Kürze.
Abgestimmt auf das Konzept der x-presso-Reihe (Motto: "Denn alles andere dauert zu lang!") informiert Kellner schnörkellos und knapp. Und schafft es doch, alles Wichtige für die Vorbereitung, für den Gesprächsablauf und die Nachbereitung zu vermitteln und viele praktische Tipps zu geben. Sogar Formulare für die Vorbereitung findet die geplagte Führungskraft auf den letzten Seiten. Zwar sind Kellners Formulierungsvorschläge für das eigentliche Gespräch manchmal allzu steif und autoritär, doch alles in allem ist Kritikgespräche führen ein sehr nützlicher Ratgeber, der so manchem Chef aus der Patsche helfen wird.
Hedwig Kellner:
Kritikgespräche führen.
Top-Tools für Mitarbeitergespräche,
Reihe x-presso, Financial Times Prentice Hall 2002,
96 Seiten, 9,95 Euro,
ISBN 3-8272-7083-9
www.ftmanagement.de
Nina Hesse ist freie Mitarbeiterin von changeX.
© changeX Partnerforum [22.08.2002] Alle Rechte vorbehalten, all rights reserved.
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