Sinn in der Arbeit.
Im Mittelpunkt der Betrachtung steht nicht der Arbeitnehmer, "der von Anfang an das Falsche tut" - weil er vielleicht schon das Falsche studiert hat. Eigenverantwortung ist nicht das Thema des Buches. Es geht um Schieflagen in Unternehmensorganisation, Führung und interner Kommunikation. Konkret: um Arbeitnehmer, die keine Arbeit zu erledigen haben, weil sie von ihrem Vorgesetzten keine bekommen. Die unterfordert sind, weil sie nur Routinekram erledigen dürfen. Oder die Däumchen drehen, weil ihnen die Interessen des Unternehmens mittlerweile schnurzegal sind - weil sie jegliche Bindung an ihre Firma verloren haben. Kurzum: Auf dem Prüfstand steht die Verantwortung des Unternehmens. Dies untermauern die Autoren anhand zahlreicher Beispiele aus dem Arbeitsalltag. Sei es anhand der unterforderten Sekretärin oder des Teamleiters, der Karriere gemacht hat, obwohl er von der Führung seiner Kollegen keine Ahnung hat. Die Folgen sind fatal: In solchen Konstellationen entstehen Desinteresse und Langeweile. Die Mitarbeiter fühlen sich müde, lustlos und ausgebrannt: Der Sinn der Arbeit ist für sie nicht mehr erkennbar - fatal in einer sich individualisierenden Gesellschaft, meinen die Unternehmensberater. "Diesem Umstand muss das Unternehmen ausreichend Rechnung tragen, es muss dem Arbeitnehmer Sinn stiften." Die Basis dafür sei zuallererst eine gesunde Unternehmenskultur.
Vertrauen statt Kontrolle.
Welche Ansichten, Normen und Werte
dabei die Boreout-Gefahr erhöhen, untersuchen Rothlin und Werder
anhand des Schemas von Roger Harrison. Dieser unterscheidet vier
kulturelle Ausrichtungen des Unternehmens. Zum einen eine Kultur,
die auf
Macht basiert. Hier dominieren Kontrolle, Härte und
Dominanz gegenüber den Teammitgliedern. Die Folge: Angst lässt
die Motivation sinken. "Befehle kommen von oben, und die
Arbeitnehmer führen einfach aus. In einem solchen Umfeld trifft
man den Boreout sehr oft an, da den Mitarbeitern immer alles
vorgekaut wird und sie einfach ausführende Instanz sind - selbst
denken oder gar kritisch hinterfragen ist nicht nötig." Schreiben
die Autoren. Ähnlich verhalte es sich mit einer an der
Funktion ausgerichteten Kultur, die der Rationalität einen
hohen Stellenwert beimisst und weniger dem Arbeitnehmer als
Menschen. Entsprechend wenig Boreout-Potenzial orten die Autoren
hingegen in einer Kultur, die an der
Person ausgerichtet ist. Statt Kontrolle ist Vertrauen
angesagt. "Jeder Mitarbeiter ist aufgefordert, sich quasi selbst
zu kontrollieren." So ist es auch in einer Organisation, die sich
an der
Arbeit orientiert: Weil sich dort der Arbeitsinhalt oft
ändert, sei Eigeninitiative gefragt. Gepaart mit einem
partizipativen Führungsstil und wenig Hierarchie. Was zähle, sei
die Kompetenz. So vermeiden Unternehmen Boreout, sind die Autoren
überzeugt.
Eng verknüpft mit der Unternehmenskultur ist auch der
Führungsstil der Vorgesetzten. Denn sie prägen als Vorbilder ganz
entscheidend die Kultur mit. Für sie gilt: Wer Boreout vermeiden
will, kommuniziert offen, nimmt sich für seine Mitarbeiter Zeit,
lässt ihnen Freiraum, die Dinge zu erledigen, und vor allem -
hört ihnen zu. Raten Rothlin und Werder. Nur so könne
Unterforderung vermieden werden. Oder Überforderung, also
Burnout.
Eines macht das Buch deutlich: Über Boreout ist noch längst
nicht alles gesagt. Zu kurz erst wird darüber gesprochen. Wenn
überhaupt. Der "gesunde Menschenverstand" aber, auf den sich die
Autoren berufen, um sich Gehör zu verschaffen, ist zu wenig. Wenn
auch ein Anfang. Jetzt muss das Phänomen in seiner ganzen
Tragweite untersucht werden. Das wissen auch die Autoren selbst:
"Wir freuen uns auf den Tag, an dem das heiße Thema Boreout
quantitativ gemessen wird."
Florian Michl ist freier Mitarbeiter bei changeX.
Philippe Rothlin / Peter R. Werder:
Die Boreout-Falle.
Wie Unternehmen Langeweile und Leerlauf vermeiden.
Redline Wirtschaft, München 2008,
185 Seiten, 19.90 Euro.
ISBN 978-3-636-01593-8
www.redline-verlag.de/artikel-DieBoreout-Falle.html
www.redline-wirtschaft.de
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Zum Buch
Philippe Rothlin / Peter R. Werder: Die Boreout-Falle. . Wie Unternehmen Langeweile und Leerlauf vermeiden. . Redline Wirtschaft, München 2008, 185 Seiten, ISBN 978-3-636-01593-8
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