Nicht umsonst gilt Matthias Pöhm als der Schlagfertigkeitstrainer schlechthin in Deutschland. Er weiß, wie man redet, sich durchsetzt, souverän Punkte macht. Damit hat Pöhm schon dutzendfach Bücher gefüllt, ob über den Unsinn von PowerPoint-Präsentationen oder über die Macht der Bilder in Konflikten. Da war es überfällig, dass sich der Rhetorik-Guru jetzt dem wirklich harten Leben zuwendet: dem Alltag in der Schule, dem Hauen und Stechen auf dem Pausenhof. Pöhm weiß: Kinder sind in Schule und Freizeit immer wieder Hänseleien ausgesetzt. Überall gibt es Großmäuler und Rädelsführer, die die Schwächen anderer ausnutzen und sie verbal kleinmachen, runterputzen, im schlimmsten Fall dauerhaft fertigmachen. Oft wissen weder die Kinder selbst noch ihre Eltern, wie sie damit umgehen sollen. Matthias Pöhm zeigt, wie sich durch eine geschickte Reaktion vermeiden lässt, dass Kinder durch garstige Foppereien ihrer Mitschüler in eine unglückliche Lage geraten.
So ätzend.
Der Redetrainer blättert einen
Strauß von Werkzeugen und verbalen Tricks auf, mit denen sich
Schüler gegen ihre garstigen Artgenossen wehren können sollen.
Die Strategie von Felix ist eine davon: unerwartet zustimmen.
Maßlos übertreiben ist eine andere. Pöhm liefert die
treffsicheren Konterantworten gleich mit. "Du bist dumm!"
Antwort: "Weißt du, ich bin Hirnspender." "Hallo, du Schlampe!"
Antwort: "Was denkst du, womit ich mein Taschengeld verdiene?"
"Hast du schon mal einen Rechtschreibkurs besucht?" Antwort:
"Nein, ich übe gerade lesen." "Du schwitzt unter den Achseln."
Antwort: "Mein Nachbar duscht sogar immer darunter."
Pöhm nimmt die jungen Leser mit auf die Reise in die
indirekte Ausdrucksweise. Wer auf die Beleidigung, er sei dick,
antwortet: "Klar, ich bin dick wie ein Wal", ist nicht eben
schlagfertig. Es ist zu direkt gesagt. Besser: "Stimmt, die von
Greenpeace haben mich gleich vom Strand ins Wasser
zurückgezogen." Denn durch die Bemerkung erst muss der
Rückschluss gezogen werden, dass derjenige wohl mit einem
gestrandeten Blauwal verwechselt worden ist.
Andere Strategie: der dezente Gegenangriff. Zum Beispiel:
"Du solltest auf die Sonderschule gehen." Antwort: "Prima, da
können wir uns ja ne Schulbank teilen." "Du schreibst wie ne
Sau." Antwort: "Ich wusste gar nicht, dass du lesen kannst." "Du
hast ja Silikontitten." Antwort: "Für dich leider unerreichbar."
Pöhm verspricht: Bei solcher Art Gegenattacken werden sich die
Angreifer irgendwann trollen. "Du musst eines wissen: Wenn dich
jemand mit Kanonen beschießt, dann ist es nicht hilfreich, mit
Daunenfedern zurückzuschießen. Du musst dem anderen Respekt vor
dir einflößen. Und das schaffst du, wenn du den Angreifer selbst
in Gefahr bringst. Die Rädelsführer bei dir im Pausenhof haben
nur so lange Spaß an dir, wie sie dich ohne Gefahr für ihr
eigenes Ansehen angreifen können."
Pöhm macht ebenso auf die Wirkung der Körpersprache
aufmerksam - 80 Prozent des Eindrucks auf den anderen kommen
darüber. Und er weist auf dezente Tricks hin, wie man einen
Hänseler einzuschüchtern vermag. Viel souveräner wirkt es etwa,
wenn man der Antwort den Namen des Angreifers anhängt. "Du bist
so ätzend." Antwort: "Schön, dass du es auch schon merkst,
Thomas."
Gute Nase, Mann.
Schade allerdings, dass der Autor
nicht auf Sinn oder Unsinn eines solchen Schlagabtauschs eingeht
und nicht hinterfragt, ob das eine angemessene Sache ist. Aber
schließlich ist Pöhm kein Pädagoge oder Soziologe, sondern ein
Rhetoriktrainer und so holt er seine Leser genau auf dieser Ebene
ab. Sein Ziel: Dem unterdrückten Kind sein Selbstwertgefühl
wiederzugeben. Dabei weist er durchaus darauf hin, dass Kinder
sich so verhalten, weil sie einfach dazugehören, sich vor anderen
hervortun wollen. Und wenn sie andere runtermachen, fühlen sich
diese Kinder für einen Moment besser, sagt Pöhm.
Ob seine Strategien immer aufgehen, wäre auszuprobieren.
Einige Tipps und Antworten sind ungeheuer stark, bei anderen
scheint fraglich, ob sie im Fall des Falles wirklich die Lacher
auf die Seite des Opfers zu ziehen vermögen. Schüler ist zu spät
in den Unterricht gekommen. Sagt: "Äh, ist schon wieder
Sommerzeit?" Und ob es sich die meisten Kinder überhaupt trauen,
seine fixen Sprüche anzuwenden, muss sich im Ernstfall erweisen.
Schön wäre gewesen, wenn Pöhm ein paar mehr Tipps dazu gegeben
hätte, wie das gelingen kann. Dabei sind einige seiner Tipps die
Sache wert. "Du stinkst." Antwort: "Gute Nase, Mann."
Anja Dilk ist Berliner Korrespondentin und Autorin bei changeX.
Matthias Pöhm:
Schlagfertig auf dem Schulhof.
Wie man Großmäulern clever Paroli bietet.
mvg Verlag, München 2008,
177 Seiten, 12.90 Euro.
ISBN 978-3-636-06358-8
www.mvg-verlag.de/shop/article/1189-schlagfertig-auf-dem-schulhof/
www.mvg-verlag.de
© changeX [08.08.2008] Alle Rechte vorbehalten, all rights reserved.
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Matthias Pöhm: Schlagfertig auf dem Schulhof. . Wie man Großmäulern clever Paroli bietet. . mvg Verlag, München 1900, 177 Seiten, ISBN 978-3-636-06358-8
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