Berauschende Wirkung.
Machtspiele wie dieses sind nicht nur in der Politik an der Tagesordnung. Zwar versuchen Wirtschaftsleute gegenüber der Politik immer den Anschein zu erwecken, in der Ökonomie gehe es nur um harte Fakten und Zahlen. Machtspiele finden hier jedoch genauso statt wie in der Politik. Kein Wunder, denn Macht ist ein universelles Phänomen des sozialen Zusammenlebens, und dazu gehören auch Machtspiele um Posten, Einfluss und Ressourcen. Matthias Nöllke stellt diese Machtspiele in seinem Buch vor. Nicht lange hält sich der Autor mit der Frage auf, was Macht eigentlich sei. Ihm genügt die fast schon klassische Definition des deutschen Soziologen Max Weber, Macht sei die Fähigkeit, seinen Willen auch gegen Widerstrebende durchzusetzen. Macht, so Nöllke, hat auf diejenigen, die in ihren Genuss kommen, geradezu berauschende Wirkung. Schon Kleinkinder versuchen, sich die Welt zu unterwerfen, und haben ein ausgesprochen gutes Gefühl, wenn dies auch funktioniert. Anscheinend aber haftet der Macht auch etwas Unanständiges an. Zumindest in Deutschland ist es nicht immer gern gesehen, wenn Menschen offen aussprechen, dass sie nach Macht streben. Gegen diese negative Sicht der Macht wendet sich der Buchautor Matthias Nöllke, der sich schon jahrelang mit diesem Thema beschäftigt. Er rückt den spielerischen Charakter der Macht in den Mittelpunkt.
Die Doppelbödigkeit der Macht.
Denn dieses spielerische Moment
verleihe den mitunter hässlichen Machtspielen etwas
Doppelbödiges, das beiden Seiten Auswege lässt, den Mächtigen
ebenso wie den weniger Mächtigen: "Wenn Ihr Chef Sie anbrüllt,
weil er ein Choleriker ist, dann ist das kein Machtspiel. Tut er
das Gleiche jedoch, weil er der Ansicht ist, zur Festigung seiner
eigenen Position müsste er mal wieder jemanden vor Publikum
herunterputzen, dann ist das ein lupenreines Machtspiel." Wenn
der Leidtragende sich in solchen Situationen vergegenwärtigt,
dass es sich nur um eine Art Spiel zur Erhaltung des Status quo
handelt, dann hat dieser Gedanke tatsächlich etwas Tröstliches.
Er hilft nämlich, die Sache nicht zu persönlich zu nehmen,
sondern das Spiel zum eigenen Vorteil mitzuspielen - und dabei zu
gewinnen. Wie in einer richtigen Spielanleitung stellt Nöllke die
verschiedenen Machtspiele vor und erläutert ihre Gefahren und die
zugehörigen Gegenstrategien.
Dabei geht er von den grundlegenden Machtspielen, den
"Klassikern" aus: "Die Kunst der Drohung, das Spiel des Lobens,
das Schuldschieben und - von Alphatieren vielfach unterschätzt -
das Opferspiel." Die folgenden sechs Kapitel stellen dann
speziellere Machtspiele vor - von "wir sind alle gute Freunde"
über "durch Lob verbrennen" bis hin zu "ein Auge zudrücken". Wie
die Bezeichnungen schon sagen, geht es keineswegs nur um
brachiale Machtdurchsetzung. Dieser ist das letzte Kapitel
vorbehalten: "Foulspiele und wie man sich dagegen wehrt".
Die anrüchige Kunst der Provokation.
Das wohl aktuellste Machtspiel Nöllkes ist der "Materazzi". Hier geht es darum, "einen überlegenen Gegner auszutricksen, indem man dafür sorgt, dass ihm die Sicherungen durchbrennen und er sich buchstäblich unmöglich macht. Es handelt sich um die etwas anrüchige Kunst der Provokation." Die Namensgebung bezieht sich auf das Finale der Fußballweltmeisterschaft 2006 zwischen Italien und Frankreich. Dabei reizte der italienische Verteidiger Marco Materazzi den Weltstar Zinedine Zidane so sehr, dass dieser sich zu einer körperlichen Reaktion hinreißen ließ und seinem Gegenspieler einen ziemlich brutalen Kopfstoß verpasste. Die Folge: Zidane erhielt die Rote Karte - die Franzosen verloren ihren besten Spieler. Und die Italiener gewannen im Elfmeterschießen. Materazzi hatte es geschafft, einen überlegenen Gegner dazu zu bringen, sich selbst unmöglich zu machen - mit einer freilich nicht gerade sympathischen Methode. In solchen Beispielen tritt das Anrüchige der Macht schlagartig zutage.
Das können Sie besser!
Etwas netter ist da schon das "Boss-Spiel" von Henry Kissinger. Unter einen Bericht, den ein Mitarbeiter verfasst hatte, schrieb dieser den Kommentar: "Das können Sie aber besser." Der Mitarbeiter schlug sich daraufhin Feierabende und Wochenende um die Ohren, um den Bericht neu zu schreiben. Doch er erntete beim nächsten Mal denselben Kommentar: "Das können Sie aber besser." Der Mitarbeiter nahm sich den Bericht abermals vor und investierte abermals viel Zeit und Kraft in die Arbeit. Wieder schrieb Kissinger darunter: "Das können Sie aber besser." Nun ging der Mitarbeiter zu Kissinger und teilte ihm mit, mehr könne er nun nicht tun, er könne es einfach nicht mehr besser. Woraufhin Kissinger antwortete: "Wenn das so ist, dann kann ich ja anfangen, ihn zu lesen." Ob Matthias Nöllke die Machtspiele besser beschreiben könnte als in dem vorliegenden Buch, kann man nicht wissen. Feststellen kann man aber: Bei diesem Buch lohnt das Lesen schon beim ersten Versuch.
Sigmar von Blanckenburg ist freier Mitarbeiter bei changeX.
Matthias Nöllke:
Machtspiele.
Die Kunst, sich durchzusetzen,
Haufe Verlag, Freiburg 2007,
229 Seiten, 19.80 Euro,
ISBN 978-3-448-08053-7
www.haufe.de
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Zum Buch
Matthias Nöllke: Machtspiele. . Die Kunst, sich durchzusetzen.. Haufe Verlag, Freiburg 1900, 229 Seiten, ISBN 978-3-448-08053-7
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Sigmar von BlanckenburgSigmar von Blanckenburg schreibt als freier Autor für changeX.