Der Ethikverband der Deutschen Wirtschaft (EVW) weist darauf hin, dass es bei der Gerechtigkeit des Lohnes und damit bei der Berechtigung nach Mitarbeiterbeteiligungen nicht nur um ein betriebswirtschaftliches, sondern auch um ein ethisches Problem geht. Die öffentliche Diskussion zeigt, dass wir anscheinend keinerlei Verhältnis zur gerechten Bedienung des Kapitals oder der gerechten Bedienung der Arbeit haben. Die gerechte Bezahlung der Arbeit hängt zunächst von der Wert schöpfung ab, die nicht immer leicht zu ermitteln ist. Gleichzeitig kann der Beitrag zur Wert steigerung des Unternehmens eine Rolle spielen. In der öffentlichen Diskussion wird dieser Unterschied nicht gemacht, ist jedoch für die moralische und ethische Bewertung erheblich.
Ist die Wertsteigerung als Grundlage von Entlohnungen ethisch gerechtfertigt?
Nun sollte man wissen, dass das Kapital eines Unternehmens nicht wert schöpfend ist. Der Aktienkurs und der Bilanzgewinn sind wert steigernd. Wert schöpfend sind die Arbeit, das Wissen der Mitarbeiter, die Mobilität und auch die Unternehmenskultur. Die Wertschöpfung geschieht eben nicht durch das Kapital, sondern durch Menschen. Kapital ist eine reine Produktionsbedingung. Somit ist die richtige und sinnvolle Schlussfolgerung, dass diejenigen, die diese Wert schöpfung erreichen, am gesteigerten Ertrag auch angemessen beteiligt werden. Das bedeutet: Wird der Mitarbeiter an der Wert schöpfung stärker beteiligt als bisher, kann er erst dann an der Wert steigerung beteiligt werden, wenn er entsprechendes Eigenkapital einsetzt. Schon hier taucht die Frage nach den Modellen auf, die die Beteiligung der Arbeitnehmer ausmachen. Der Bundespräsident hat leider diese Unterscheidung bei seiner Forderung nicht berücksichtigt.
Entlohnung nach Wertschöpfung!
Bei der vom Bundespräsidenten angeregten Überlegung kann man also fragen, wie groß der Beitrag zur Wertschöpfung der Arbeitnehmer und wie hoch deren Marktwert ist.
Arbeit ist nicht nach der Arbeitszeit zu entlohnen, sondern nach dem Beitrag zur Wertschöpfung. Die Arbeitszeitentlohnung ist eine Erfindung der Gewerkschaften und als Bewertungsmaßstab völlig ungeeignet. Es kommt nicht darauf an, ob jemand 40 Stunden arbeitet, sondern wie viel er zur Wertschöpfung beiträgt. So ist es möglich, dass jemand in zwei Stunden genauso viel zur Wertschöpfung beiträgt wie jemand in acht Stunden. Der gerechte Lohn darf sich also nicht an der Arbeit orientieren, sondern er muss am Wertschöpfungsanteil orientiert sein. Auch der EVW sieht in nicht wenigen Fällen, dass Mitarbeiter bisher noch unzureichend an ihrem Wertschöpfungsbeitrag beteiligt sind.
Die Höhe der Beteiligung.
Die Forderung von Horst Köhler ist für Spitzenmanager nichts Neues. Sie sind längst an ihrem Unternehmen durch Provisionen, Aktienoptionen et cetera beteiligt. Ein Unternehmen erzielt aus seiner Arbeit, vor allem aber aus der seiner Mitarbeiter, einen Gewinn, der hoffentlich deutlich über einem Gewinn liegt, den andere Unternehmer in vergleichbarer Situation erwirtschaften. Die damit verbundene Verteilung von Gewinnen wäre nur dann auch in der Höhe gerecht, wenn auch der ökonomisch schwächste Mitarbeiter davon ökonomische Vorteile hätte. Was also verteilen Unternehmen an die anderen Mitarbeiter, die ebenfalls zur Wertschöpfung beigetragen haben und zum Beispiel nicht Vorstandsmitglied sind?
Im Sinne einer Verteilungsgerechtigkeit ist es hier jedoch nicht gerecht, Überschüsse an alle gleich zu verteilen, sondern es ist gerecht, Unterschiede machen zu dürfen, wenn auch der schwache Mitarbeiter davon einen Vorteil hat. Der Vorteil kann schon dadurch gegeben sein, dass Kollegen durch ihre Arbeit dafür sorgen, dass der schwache Mitarbeiter seinen Arbeitsplatz behält, wenn in einer anderen Situation der Schwache seinen Arbeitsplatz verlieren würde.
Bedacht werden muss auch der Faktor, der einer solchen Mitarbeiterbeteiligung zugrunde liegen soll. Hier fällt ziemlich deutlich auf, dass in den meisten Unternehmen zwischen den Bezügen von Mitarbeitern und den Bezügen der ersten Führungsebene etwa der gleiche Unterschied besteht wie zwischen der ersten und zweiten Führungsebene. Auch für den Unterschied zwischen der zweiten und dritten Führungsebene gilt dies. Sobald jedoch die Vorstandsebene erreicht wird, gilt dieser Faktor anscheinend nicht mehr. Es entsteht ein Missverhältnis zwischen der Entlohnung des Vorstandes und der Entlohnung der nächsten Führungsebene. Dieser gravierende Unterschied ist bis heute nicht hinreichend begründet worden. Einzige Begründungsfaktoren waren in den letzten Jahren der große Nachholbedarf im Verhältnis zu amerikanischen Vorständen und der Marktwert. Weder die Wertsteigerungen noch die Wertschöpfungsbeiträge können die Höhe der Bezüge eindeutig klären. Durch eine Mitarbeiterbeteilung hier mehr Verteilungsgerechtigkeit zu entwickeln hält der EVW für sehr bedenkenswert.
Wäre eine Beteiligung durch Gleichverteilung der Gewinne gerecht?
Der Grundsatz zur Verteilung unternehmerischer Gewinne bedenkt hier: Der erwirtschaftete Zusatzgewinn eines Unternehmens darf und muss neben dem Marktwert der Arbeit durch Prämien und Leistungslohn verteilt werden. Eine Beteiligung der Mitarbeiter am Unternehmen würde diesen Grundsatz nur unterstreichen. Diese Beteiligung muss auf diejenigen zutreffen, die den Mehrwert geschaffen haben. Erst dann ist Lohngerechtigkeit hergestellt.
Das bedeutet: Unternehmen mit Mitarbeiterbeteiligungen handeln dann lohngerecht, wenn sie Mitarbeiter marktgerecht bezahlen und zwar alle Mitarbeiter, und wenn sie Zusatzgewinne an diejenigen ausschütten, die diesen Zusatzgewinn erwirtschaftet haben. Hier ist die Mitarbeiterbeteiligung erst dann gerecht, wenn sie auch diejenigen erreicht, die Zusatzgewinne erwirtschaftet haben.
Mitarbeiterbeteiligung und Verantwortung.
changeX 03.01.2006. Alle Rechte vorbehalten, all rights reserved.
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