- Wir leben in einem globalisierten Kapitalismus. Der Aufwand für Arbeit wird möglichst klein gehalten. So wird Arbeit immer dann, wenn es möglich ist, durch Kapital ersetzt. Das bedeutet, es wird Arbeit freigesetzt, wo immer es geht. Und wo es nicht geht, wird Arbeit exportiert. Sich darüber aufzuregen, verkennt die Gesetze der Marktwirtschaft.
- Wird Arbeit nicht nachgefragt, weil sie dem Unternehmer zu teuer ist, verschwindet sie vom Arbeitsmarkt und der Unternehmer mit ihr. Das ist zwar bitter, gehorcht jedoch einer äußerst einfachen, marktwirtschaftlichen Logik. Lohn entsteht durch Angebot und Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt sowie durch den Wertschöpfungsbeitrag, den die Arbeit leistet. Liegt der Lohn über dem Wertschöpfungsanteil, kann der Lohn nicht mehr finanziert werden, die Nachfrage stirbt. Wird nun ein Unternehmer gezwungen, Löhne zu zahlen, die er mit seinen Aufträgen nicht erwirtschaften kann, wird er sein Unternehmen schließen müssen oder der Staat subventioniert ihn. Wir haben leider auf recht bittere Art und Weise schon im Osten Deutschlands erleben müssen, dass die fehlende Tarifautonomie zu Lohnzahlungen gezwungen hat, die nicht erwirtschaftet wurden. Das Entsendegesetz müsste also konsequenterweise an ein Produktabnahmegesetz gekoppelt werden. Am besten führen wir dann gleich die Planwirtschaft ein.
- Das Entsendegesetz hat in der Bauindustrie seinen Zweck völlig verfehlt. Trotz des Gesetzes nahm der Anteil ausländischer Arbeitnehmer zu, der Anteil deutscher Arbeitnehmer ging zurück. Und die Bauindustrie insgesamt hatte weitere existenzbedrohende Auftragsrückgänge zu verzeichnen. Es ist sicher populistischer Unsinn, eine Maßnahme erweitern zu wollen, die nachweislich ihre Wirkung verfehlt.
- Das Entsendegesetz unterstützt dummerweise die marxistische Idee, dass Leistung unabhängig vom Nutzen entlohnt werden soll. Das mag menschlich verständlich sein, verstellt jedoch gleichzeitig den Blick für die wahre Ursache der Entlohnung. Deutschen Arbeitnehmern vorzugaukeln, man könne sie durch dieses Gesetz an der Grenze der Bundesrepublik vor Heerscharen von ausländischen Billiglohnarbeitern schützen, ist populistischer Opportunismus und billiger Stimmenfang.
- Die bisherigen Zahlen sprechen gegen ein Entsendegesetz. Deutsche Unternehmer haben noch 2004 zu rund zehn Prozent befürchtet, dass durch die EU-Osterweiterung billige osteuropäische Arbeitnehmer auf den deutschen Arbeitsmarkt drängen werden. Tatsächlich haben aber nur rund acht Prozent der Unternehmer dies konkret erlebt.
- Mindestlöhne, die Unternehmen nicht zahlen können, da die Auftragslage nicht die notwendige Rendite ausweist, unterstützt nur Schwarzarbeit oder Scheinselbständigkeit. Der Ethikverband der Deutschen Wirtschaft weist ausdrücklich darauf hin, dass die meisten Bundesbürger Schwarzarbeit für eine Art "Bürgernotwehr" halten.
- Die Schweiz kennt mittlerweile ebenfalls das Lohndumping durch ausländische Arbeitnehmer. Dort sind die deutschen Arbeitnehmer die "Osteuropäer". Wir tun dort genau das, wovor wir uns selbst schützen wollen, welche vertrackte Ethik!
Ulf D. Posé ist Präsident des Ethikverbands der Deutschen Wirtschaft.
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