| Folge 8: Gianni Catalfamo und Myriam Koppel von Pleon Italien. |
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"Für uns Italiener ist die Piazza ein zentraler Ort", sagt Gianni Catalfamo. "Hier trifft man sich und redet miteinander - sonntags nach der Kirche zum Beispiel, in der Mittagspause oder abends. Unser Fresko hier in der Eingangshalle ist eine kreative Kreuzung der Piazzas von Bergamo, Bologna und Vigevano - gewissermaßen die ultimative Piazza. Und sie ist unser Symbol für Kommunikation."
Gianni Catalfamo ist Geschäftsführer von Pleon Italy - ein charmanter Endvierziger mit leicht ergrautem Backenbart und gewinnendem Lächeln, dem der Humor aus den Augen blitzt und der ein Faible für feinsinnige Metaphorik hat. Seine Definition der Unternehmenskultur von Pleon? Einen Moment denkt er nach, dann sagt er: "Sie ist wie Minestrone - unsere italienische Gemüsesuppe. Da kommen unterschiedliche Gemüsesorten hinein - aber die werden nicht zu Brei verkocht, sondern behalten ihre Gestalt und ihre Eigenart, um sich harmonisch zu diesem ganz typischen Geschmack zu vereinen. Und so ähnlich ist es auch mit der europäischen Zusammenarbeit im Pleon-Netzwerk."
Mit Unternehmergeist.
Kaum zu glauben, dass hier jemand
spricht, der eigentlich in der kühlen Welt der Technik zu Hause
ist. Nach dem Studium der Atomtechnik - eine Jugendsünde, wie er
augenzwinkernd kommentiert - beginnt Catalfamo seine Laufbahn als
Ingenieur bei IBM und wechselt rasch in die Verkaufs- und
Marketingabteilung von Olivetti, wo er sich auf den Bereich
Finanz- und Bankenindustrie spezialisiert. Dann kommt der Ruf aus
dem Ausland: Für Lotus geht er in die europäische Firmenzentrale
nach Windsor, um die Italiengeschäfte aufzubauen. Zurück in
seiner Heimatstadt Mailand führt er die erste italienische
Niederlassung von Lotus. Unter seiner Ägide wächst das
Unternehmen in wenigen Jahren auf 35 Mitarbeiter und auf einen
Jahresumsatz von zehn Millionen US-Dollar.
In dieser heißen Wachstumsphase ist seine Firma Kunde der
nicht minder erfolgreichen Mailänder PR-Agentur ImageTime, die
sich auf IT-Unternehmen spezialisiert hat. Ausgerechnet von dort
kommt 1993 ein verlockendes Angebot. Myriam Koppel, die Gründerin
der Agentur, scheut sich nicht, den Italienchef ihres besten
Kunden zu fragen, ob er die internationalen Geschäfte ihrer Firma
führen möchte. Ein riskantes Manöver - aber es gelingt. Lotus
stimmt zu und Gianni Catalfamo tritt bei ImageTime als Partner
ein. "Das war ein Quantensprung für mich", sagt er. "Endlich
konnte ich meinen Unternehmergeist, meine Risikobereitschaft,
meine Innovationslust voll ausleben." Bei der Agentur, die später
unter dem Dach der Omnicom-Gruppe arbeitet, managt er die
Kommunikations- und Marketingberatung der internationalen
Großkunden. Für IBM realisiert er etwa einen bahnbrechenden
Webcast-Event: die Online-Übertragung von
Aida - live aus der Arena von Verona. Ein echtes Highlight
für Catalfamo, dem passionierten Musikliebhaber, der jeden Montag
in einem Chor singt und der auf seinem i-Pod nicht weniger als
300.000 CDs abgelegt hat - von A wie
Aida bis Z wie Zappa.
Mit Menschen reden.
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Als Kind jüdischer Emigranten geboren und aufgewachsen in Uruguay, führt sie ihr Weg über Brasilien, Argentinien und Israel schließlich nach New York. Dort studiert sie Mathematik und wird in den 70er Jahren Programmiererin bei einem führenden Datenverarbeitungskonzern. Dann wechselt sie in die Verkaufsabteilung - "weil ich einfach lieber mit Menschen spreche als mit Maschinen", steigt mit 26 Jahren zur Niederlassungsleiterin in Los Angeles auf und zieht Anfang der 80er Jahre als Marketingchefin ihrer Firma nach Mailand um.
Warum ausgerechnet Mailand? Myriam Koppel schmunzelt. Schon als Studentin habe sie einen Sommer in Italien verbracht, sich in das Land verliebt - und natürlich auch in einen jungen Italiener - ihrem heutigen Ehemann und Vater der 20-jährigen Tochter. Nur drei Monate nach deren Geburt gründet sie ImageTime und stößt mit ihrer Idee, PR und Marketing speziell für Technologiefirmen anzubieten, in eine echte Marktlücke. Die Firma erzielt rasch zweistellige Wachstumsraten, gewinnt internationale Großkunden und realisiert aufsehenerregende PR-Projekte: zum Beispiel eine Großkampagne gegen die damals im italienischen Business weit verbreitete Software-Piraterie. "Wenn man bedenkt, wie tief das Erbmerkmal, am Gesetz vorbeizuhandeln, in der soziologischen DNA der Italiener verwurzelt ist, eine wahrhaftige Herausforderung", sagt Koppel. "Nach der Kampagne sank die Quote der Software-Piraterie von fast 100 auf knapp 60 Prozent."
Nach all den aufregenden und hektischen Jahren als Agenturchefin hat sie sich heute ein Stückchen aus dem Agenturgeschäft zurückgezogen und einen alten Traum verwirklicht: die Eröffnung eines Shops für exklusive Küchenutensilien. Morgens PR-Strategien und mittags Pfannen verkaufen, das sei schon ungewöhnlich, sagt sie und lacht. Aber die Energie und Motivation, die sie aus dem Küchenshop gewinnt, fließe direkt zu ihren Mitarbeitern in der Agentur zurück. Ihr Erfolgsrezept: "Im richtigen Moment am richtigen Ort sein. Den Kunden mehr geben, als sie erwarten, und den Mitarbeitern spannende Aufgaben."
Die kulturelle Minestrone.
Sich in die Kunden hineinversetzen
und deren Geschäft förmlich zu atmen, das ist seit vielen Jahren
die Philosophie der Agentur. Ebenso vorrangig ist dort auch die
vertrauensvolle Zusammenarbeit der Mitarbeiter - jener spezielle
"Teamspirit", der das Herz der Firma schlagen lässt. "Das ist
vielleicht auch unsere italienische Spezialzutat für die
europäische Firmenkultur bei Pleon", sagt Gianni Catalfamo. "Die
Herzlichkeit, der Familiensinn, die menschliche Wärme" sind seine
obersten Prinzipien bei der Arbeit: Offenheit, Achtsamkeit und
Fairness - und zwar, so betont er, jene höhere Art von Fairness,
die mit Ethik, Moral und Spiritualität zu tun hat. "In diesem
Sinne im Job das Rechte zu tun ist manchmal schwierig, weil es
nicht immer mit dem zusammenpasst, was für das Business richtig
ist."
Ein klein wenig problematisch findet der Vater dreier
Kinder manchmal auch, dass er in seiner Rolle als Mitglied des
Managementteams von Pleon und als europäischer Koordinator für
den Pleon-Kunden IBM im Moment sehr viel auf Reisen ist. Aber die
Sache sei es ihm wert. Schließlich habe nun eine ganz neue Epoche
für ihn und seine Mitarbeiter begonnen. "Es ist etwas
Einzigartiges, im Pleon-Netzwerk zu arbeiten. Wir bauen
gewissermaßen den Weg, während wir ihn gehen. Das ist
ungewöhnlich, aber sehr spannend und inspirierend." Schließlich
geht es dabei ja auch um die Kreation seines persönlichen
Leibgerichts - die kulturelle Minestrone - jene Vision von Europa
als harmonisches Zusammenspiel der Vielfalt.
Seltsam, aber auf dem Rückweg durch das Verkehrsgewühl von
Mailand scheint der Lärm plötzlich ganz anders zu klingen -
irgendwie vertrauter, wohliger, melodiöser.
English version (PDF) >>
Gianni Catalfamo und Myriam Koppel sind Geschäftsführer von Pleon in Mailand.
Gundula Englisch arbeitet als freie Redakteurin für changeX.
Weitere Informationen:
www.pleon.it
www.pleon.com
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Gundula EnglischGundula Englisch, Journalistin, Autorin und Filmemacherin, arbeitet als freie Autorin und Redakteurin für changeX.