Mein Kunde, das unbekannte Wesen
Warum Anbieter und Lieferanten mit ihren Kunden auf keinen gemeinsamen Nenner kommen.
Zwischen dem, was Kunden verlangen und Lieferanten in der Lage sind zu leisten, klaffen oft enorme Lücken - daraus entstehen Spannungen. Hoher Bedarf also, behutsam, aber entschieden Mittel und Wege zu erarbeiten, dennoch gemeinsam an einem Strang ziehen zu können. Umso schlechter allerdings, wenn es schon an der bloßen Bereitschaft mangelt, sich mit den Erwartungen der Kunden überhaupt konstruktiv auseinander zu setzen.
Leistungsbedarf, Qualitätserfordernisse und Kostendruck - sie bestimmen das Kerngeschäft der Kunden und beeinflussen somit entscheidend auch deren Erwartungen an die Lieferantenwelt. Wo Win-Win-Situationen, partnerschaftlicher und kooperativer Umgang miteinander wünschens- und erstrebenswert wären, stecken Kommunikation und Kooperationsfähigkeit zwischen den beiden beteiligten Seiten oft noch in den Kinderschuhen. Wo es angesagt wäre, sich tatsächlich mit dem Kerngeschäft ihrer Zielkunden auseinander zu setzen, ist es Anbietern und Lieferanten häufig nicht möglich, deren Erwartungen und Anforderungen tatsächlich zu verstehen und ein klares Sprachspiel mit dem Einkauf oder dem Business ihres Kunden zu finden. Stattdessen scheint die sprichwörtliche Kundenorientierung von Anbietern und Lieferanten in vielen Fällen tatsächlich nur Sprüchemacherei zu sein. Kein Wunder also, dass sich viele Kunden daher nicht verstanden oder gar ernst genommen fühlen.
Wunsch und Wirklichkeit.
Dabei haben Anbieter und
Lieferanten vom Grundsatz her nur dort ihre Existenzberechtigung,
wo sie Produkte und Leistungen effektiver und effizienter
erledigen können, als dies der Kunden selbst könnte. Also dort,
wo der Kunden mit Unterstützung und Hilfe eines Partners seine
Geschäfte effektiver und effizienter abwickeln kann.
Eigentlich sind sich hier die Kunden und Lieferanten auch
einig. Schlägt dies im Bereich des Marketings noch positiv zu
Buche, wendet sich das Blatt spätestens, wenn es darum geht,
Produkte und Leistungen konkret festzulegen, eine gemeinsame
Interessenlage zwischen Anbietern und Kunden festzuklopfen.
Gegensätzliche ökonomische Prämissen, ein divergierendes
Leistungsbild oder Qualitätsverständnis - das Gap zwischen Wunsch
und Wirklichkeit ist häufig dramatisch. Scheinbar geben sich
viele Anbieter und Lieferanten ein Image, prägen ein Bild,
welches sie letztendlich im richtigen Leben nicht erfüllen
können.
In vielen Fällen ist der Kunden sogar gezwungen, seinem
Anbieter oder Lieferanten konkret und detailliert vorzugeben,
welche Leistungen erwartet werden, welche Qualitätskriterien
notwendig sind, wie das Paket im Gesamtgeschäft des Kunden wirkt
und eingebettet ist. Eigentlich eine Kernkompetenz der Anbieter
oder Lieferanten selbst.
Langwierige Definitionsphasen, aufwendige Abstimmprozesse,
unnötige Arbeiten wie Leistungskontrolle, Qualitätskontrolle und
vieles mehr erfordern vor allem die Zeit und das Geld der
Kunden.
Eintauchen in fremde Welten.
Woran liegt dies? Wie nehmen
Einkäufer, wie nimmt das Business die ewigen Diskussionen über
Leistung, Qualität und Preis wahr? Und was geschieht in der für
Anbieter und Lieferanten unverstandenen Welt der Kunden wirklich?
In der Akquisephase werden die Türen beim Kunden
eingerannt. Vertriebsargumentation, Störstrategien gegenüber
Wettbewerbern, Glorien zum eigenen Unternehmen. Wird es
konkreter, so ist der Kunde plötzlich eher wieder alleine.
Angebote sind unvollständig und nicht verständlich, kritische
Themen werden nicht behandelt, Verpflichtungen, Gewährleistung
weitestgehend vermieden. Meist endet diese Phase im Preiskampf,
ohne dass die Leistungen tatsächlich umfassend klar sind. Über
den Nutzen für den Kunden wird eh meist nicht gesprochen. Fragen
beispielsweise nach dem Return on Investment oder nach möglichen
geschäftlichen Synergien scheinen nur wenige Anbieter tatsächlich
zu interessieren.
Kopf- und konzeptlos gehen viele Anbieter in dieser Phase
mit dem Kunden um. Von Partnerschaft und Vertrauen keine Spur.
Also kein Wunder, dass sich viele Geschäftsbeziehungen zwischen
Anbieter, Lieferanten und Kunden letztendlich auf Kontrolle der
Leistungserbringung, auf Strafregelungen und das Pricing
reduzieren.
Wie sollten sich auch alternative Ebenen entwickeln, wenn
für den Kunden weder differenzierte Zukunftsperspektiven noch
konkreter Nutzen erkennbar sind, beziehungsweise glaubwürdig
wahrgenommen werden können?
Sicherlich eine Frage der Ethik. Aber sollte es nicht eine
Verpflichtung für jedes Unternehmen sein, sich um die Zukunft
seiner Kunden zu bemühen? Nicht nur der schnelle Euro ist
entscheidend für langfristigen Erfolg. Vielmehr sind es
Loyalität, Vertrauen und Ehrlichkeit, die eine langfristige
Geschäftsbeziehung erst möglich machen.
Schluss mit dem Dilemma.
Um Kundenorientierung einmal anders
zu sehen, müsste dem Umdenken viel Bewegung und Veränderung
folgen. Ein mühsames Unterfangen, denn: Welcher Unternehmer
investiert die Zeit und beschäftigt sich konkret mit den
Bedürfnissen seiner Zielkunden? Wer entwickelt Werte, die das
eigene Geschäft stabilisieren und fördern, aber im Einklang mit
konkretem Kundennutzen? Wer tappt nicht in die Falle der
Preisdiskussion, weil Wert und Perspektive für die Kunden
wichtiger sind als die Frage nach den reinen Kosten?
Wie aber kann denn nun, so werden sich Anbieter und
Lieferanten fragen, dem scheinbar ewigen Dilemma mit den
anstrengenden Erwartungen ihrer Kunden begegnet und dem ein Ende
bereitet werden? Ganz einfach, machen Sie kein Geschäft,
schließen Sie den Laden zu, dann sind Sie das Problem los.
Albert Weber ist einer der beiden Gründer und Geschäftsführer des atunis Instituts. atunis hat es sich zur Aufgabe gemacht, mit ihren Netzlogik �-Methoden Unternehmer und Führungskräfte im Aufbau der Beziehungskompetenz als Managementdisziplin zu unterstützen und ihre Auswirkung in konkreten Kundensituationen zu verifizieren.
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