Begeisterung gefragt
Lob für guten Service? Eher selten. Klagen über schlechten Service? Aber immer! Dienstleistungsqualität ist damit ein kritisches Erfolgsmoment für Unternehmen. Wie sich Service systematisch verbessern lässt, zeigt ein neuer Ratgeber.
Oftmals reicht ein guter Vorsatz alleine nicht aus. Zwar ist dann - im bilanzierenden Rückblick - der gute Wille vorhanden gewesen, aber der Tat mangelte es schlicht an entsprechender Güte. Vielleicht mag dieses Moment Adolph Freiherr von Knigge bewogen haben, zumindest im menschlichen Miteinander dem guten Willen auf die Sprünge zu helfen: So wird heute sein vor 200 Jahren erschienenes Buch Über den Umgang mit Menschen als Regelwerk und Pannenhilfe für formvollendeten Sozialverkehr verstanden. Die Kernidee des Klassikers: Regeln helfen!
Dieser Annahme fühlt sich auch Markus F. Weidner in seinem neuen Buch Gut ist nicht genug. Das Qnigge®-Prinzip oder warum Service klare Regeln braucht verpflichtet. Wie der Untertitel unmissverständlich anzeigt. Service - am besten allerbester Service - ist dem Autor, Unternehmer, Referenten und Trainer eine Herzensangelegenheit. Gleichzeitig ist er überzeugt: Guter Service fällt nicht vom Himmel und darf nicht dem Zufall überlassen werden. Deshalb setzt Weidner auf Regeln und beruft sich mit seinem "Qnigge-Prinzip" ausdrücklich auf Knigge, wobei er lediglich das K durch ein Q ersetzt - um seiner Philosophie inhaltlich gerecht zu werden. Doch dazu gleich mehr.
Service jenseits der Tagesform
Gut ist nicht genug. Das ist die Einsicht von Weidner, den man gewissermaßen als Rufer in der Servicewüste sehen könnte. Doch mit Vergeblichkeit hat dieser Mahner nichts am Hut. Sondern mit Verbesserung und Umsetzung. So beseelt möchte er das manchmal eben als Servicewüste beanstandete Deutschland bewässern - mit der hoffnungsfrohen Aussicht auf blühende Servicelandschaften. Auf dass sich immer mehr Kunden als die sprichwörtlichen Könige hofiert fühlen mögen.
Doch warum ist gut nicht genug? Man - sprich der Kunde - gewöhnt sich halt recht flott an gute Standards. Und die sind einem irgendwann nicht mehr gut genug. Wer also guten Service bieten möchte, darf nicht stehen bleiben, muss stets nach den Sternen greifen und den Kunden positiv überraschen. "Begeisterungsfaktoren" sind gefragt. Richtig übel wird es hingegen, wenn das, was der Kunde als selbstverständlich betrachtet ("Basisfaktoren"), nicht geleistet wird, oder wenn das, was er bewusst erwartet ("Leistungsfaktoren"), nicht eintrifft.
Dass der Service neben der Produktion ein schärferes Augenmerk verdient, ergibt sich allein schon daraus, dass mittlerweile drei Viertel aller Deutschen im Dienstleistungssektor arbeiten. So gesehen ist es tatsächlich ein Unding, Service irgendwie nebenherlaufen zu lassen. Und darauf zu setzen, dass es schon irgendwie hinhauen werde. Weidners Position ist hier ganz klar: "Wer den Service vom Zufall befreien will, von der Tagesform und von individuellen Auslegungen Einzelner, der braucht Regeln, die für Transparenz, Klarheit und Verbindlichkeit sorgen." Es geht dem Autor um Qualitätsmanagement im Service: "Schreibe auf, was du tust, und halte dich an das, was du aufgeschrieben hast. Richtig verstanden, führt es dazu, dass wir Anforderungen, Prozesse und Anweisungen im Unternehmen auf den Prüfstand stellen, sie übersichtlich dokumentieren und damit für jeden zugänglich und leicht nachvollziehbar machen."
Regeln, Feedback und Innovation
Hier kommt also Weidners "Q" für Qualität seines Qnigge-Prinzips ins Spiel. Mehr Servicequalität durch eindeutige Serviceregeln. Weidner möchte mit seinem Buch Freude an mehr Servicequalität wecken. Wie man diese systematisch realisieren oder optimieren kann, erklärt er in sechs Schritten.
Erstens: Unternehmen brauchen Werte, die sie kommunizieren und leben. "Gelebte Werte sind Leitplanken des Handelns und der Zusammenarbeit. Sie schaffen einen gemeinsamen Geist und sind im Alltag einklagbar."
Zweitens bedarf es eines sorgsam ausgesuchten und zusammengestellten Teams. Leider ist diese Einsicht noch nicht im Unternehmensalltag angekommen, in dem oftmals mehr Zeit und Überlegung in die Anschaffung von teuren Maschinen fließe, so der Autor. Hingegen werden Mitarbeiter nicht selten nebenbei eingestellt. Dabei können die Kosten für Fehlbesetzungen leicht teurer werden als Sachinvestitionen.
Drittens sollten Prozesse und Standards definiert und gemanagt werden. Dabei gilt es, den schmalen Grat zwischen Unorganisiertheit einerseits und Dokumentationswahn andererseits zu meistern.
Viertens müssen die definierten Prozesse und Standards in leicht zugänglicher und verständlicher Form für den Mitarbeiter verfügbar sein. Sonst bleibt es wieder einmal nur beim guten Willen.
Fünftens: Offen sein! Wer glaubt, ohne Feedback von Kunden und Mitarbeitern seinen Weg gehen zu können, irrt. Allein durch fortlaufende Rückmeldungen lässt sich Service stetig verbessern.
Und sechstens läuft nichts, wenn Innovationen fehlen: Keiner kann sich heute Stillstand leisten. Denn der bedeutet oftmals Rückschritt. Also: Wachsam an der Schwelle zur Zukunft Neues schaffen!
Gediegener Rundumservice
Weidner gelingt es in seinem Buch, die bisher eher unterbelichteten Serviceverhältnisse auf interessante Weise in den Mittelpunkt zu rücken. Dazu wechselt er leserfreundlich von eher theoretischen Überlegungen zu praktischen Beispielen aus der Servicewelt. Zudem kommen in jedem Kapitel namhafte Experten - Berater, Unternehmer, Fachleute für Qualitätsmanagement und Führungskräfte verschiedener Branchen - zu Wort, die den Blickwinkel des Autors erweitern. Gewissermaßen kann sich Weidner damit an seinen eigenen Überlegungen messen lassen, indem er einen gediegenen Rundumservice liefert.
changeX 23.01.2014. Alle Rechte vorbehalten, all rights reserved.
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Markus F. Weidner: Gut ist nicht genug. Das Qnigge®-Prinzip oder warum Service klare Regeln braucht. GABAL Verlag, Offenbach 2014, 256 Seiten, 24.90 Euro, ISBN 978-3-86936-517-6
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Sascha HellmannSascha Hellmann ist freier Journalist in Heidelberg. Er arbeitet als freier Mitarbeiter für changeX.