Harte Hunde
Schlecht verhandeln kommt teuer. Gut verhandeln will gelernt sein. Ein früherer Verhandlungsführer bei Geiselnahmen entlarvt die großen Irrtümer, die den Verhandlungserfolg gefährden.
Es sind harte Zeiten. Gute Zeiten für harte Hunde. Wo es wenig zu verteilen gibt, ist umso mehr im Vorteil, wer sich in den Verhandlungen um das Wenige durchzusetzen weiß. Das betrifft Tarifverhandlungen genauso wie Verhandlungen ums Gehalt oder einen Liefervertrag. Schlechtes Verhandeln kann einen mehr denn je teuer zu stehen kommen.
Gutes Verhandeln aber ist eine Kunst. Und sie ist erlernbar, eine planvolle Anwendung bestimmter Strategien und Taktiken, meint der Unternehmensberater Matthias Schranner in seinem neuesten Buch zur Verhandlungsführung. Beim Verhandeln der Intuition zu vertrauen, sei bereits einer von sieben großen Irrtümern, die den Verhandlungserfolg gefährden.
Erfolg aber heißt: Erfolg für eine Seite. „Es muss einen Sieger und einen Verlierer geben“, lautet Schranners Credo. Der Glaube an die Möglichkeit einer Win-win-Vereinbarung? Ein weiterer Irrtum. Eine Illusion von „Sozialromantikern“. Auch das Wort „Kompromiss“ fasst Schranner nur mit spitzen Fingern an, in einem apodiktischen Text, der an vielen Stellen klingt, als deklamiere die Synchronstimme von Bruce Willis ein Traktat über psychologische Kriegsführung.
Dieser Tonfall kommt nicht von ungefähr. Gelernt hat Schranner sein Handwerk bei der Polizei, als Verhandler mit Geiselnehmern. Und ausdrücklich verwendet er die Situation der Geiselnahme als Blaupause für geschäftliche Verhandlungen. Ohne freilich alle Zweifel daran zerstreuen zu können, dass die unterschiedliche Interessenlage in beiden Szenarien gleiche Verhandlungsmethoden rechtfertigt. Schließlich sieht man sich in der Geschäftswelt am Verhandlungstisch meist mehrmals wieder, womöglich unter veränderten Bedingungen. Könnten Aufrichtigkeit, Offenheit, Geradlinigkeit da nicht von größerer Bedeutung sein?
Geschickter sein als der Gegner.
Denn auch wenn Schranner dies nicht offen sagt: Für ihn geht es beim Verhandeln nicht zuletzt ums Tricksen und Täuschen, ums Provozieren und Überrumpeln. Und darum, darin geschickter zu sein als der Gegner. So geschickt, dass dieser am Ende seine Niederlage als Sieg empfindet. Wenn Schranner wiederholt Fairness anmahnt, hat er offensichtlich einen recht weiten Begriff von Fairness im Sinn. Abgesehen davon, dass er an anderer Stelle explizit „eine kleine unfaire Taktik“ empfiehlt, um den Gegner zu Fehlern zu zwingen.
Was keineswegs heißt, dass sich das Buch nicht mit Gewinn lesen ließe. Wer schwierige Verhandlungen zu führen hat, dürfte viele der Empfehlungen zu schätzen wissen. Gerade auch in ihrer Unbedingtheit. Etwa den Ratschlag, auf die Einhaltung der Rollen von Verhandlungsführer und Entscheidungsträger zu achten. Oder die eigenen Verhandlungsziele nach Relevanz zu kategorisieren. Auch das strategische Gerüst, das Schranner entwickelt, kann bei der Vorbereitung von Verhandlungen gewiss eine große Hilfe sein. Selbst wenn man sich nicht alle taktischen Listigkeiten zu eigen macht. Letztlich geht es für den Leser damit schon bei der Lektüre in medias res: Muss er doch mit sich selbst eine gütliche Einigung aushandeln, eine Übereinkunft zwischen Zielvorstellungen und Grundsätzen.
changeX 15.10.2009. Alle Rechte vorbehalten, all rights reserved.
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Matthias Schranner: Teure Fehler. Die 7 größten Irrtümer in schwierigen Verhandlungen. Econ Verlag, Berlin 2009, 208 Seiten, ISBN 978-3-430-20075-2
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Autor
Dominik FehrmannDominik Fehrmann ist freier Journalist in Berlin. Er schreibt als freier Mitarbeiter für changeX.