Das tut man aber nicht!

Karrierekiller! - das neue Buch von Nandine Meyden

Was kann man nicht alles falsch machen im beruflichen Alltag. Und ehe man sichs versieht, ist die Karriere versaut. Ein amüsant geschriebenes Buch zeigt auf, was man besser lassen sollte. Und demonstriert nebenbei, wie wichtig es, die Codes seines sozialen Umfeldes zu kennen.

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In der Teamsitzung konstruktive Vorschläge machen, Lücken im Lebenslauf positiv verkaufen, immer schön ans Networking denken und ansonsten die Kartoffeln mit der Gabel zerteilen, dann wird das schon mit der Karriere. An diesen Ratschlägen ist was dran. Und es gibt genug Ratgeberliteratur, die solcherlei Tipps versammelt und diese Menschen mit Vorwärtsdrang ans Herz legt.  

Leider genügt das aber nicht, sagt Nandine Meyden. Meyden ist Benimmtrainerin und zählt neben vielen Einzelpersonen auch zahlreiche Unternehmen zu ihrem Kundenstamm. Sie weiß: "In vielen Situationen werden einem auch kleinste Verfehlungen spürbar krummgenommen - und plötzlich sind alle beruflichen Pläne über den Haufen geworfen." Sprich: Da kann man sich noch so sehr anstrengen - ein kleiner Fehler, und alles war umsonst. Deshalb handelt Meydens neues Buch Karrierekiller auch nicht davon, was man tun muss, um nach oben zu kommen. Sondern davon, was karrierebewusste Menschen tunlichst vermeiden sollten, um nicht unterzugehen. Es geht um die kleinen Missgeschicke mit weitreichenden Folgen.  

Und das ist zunächst eine kleine Zumutung. Denn ist das nicht ungerecht? Weil ein Abteilungsleiter unwissentlich gegen die Regel verstößt, dass nur der Chef ein Einstecktuch trägt, muss er sich um seine Karriere sorgen? Weil jemand beim Geschäftsessen salzt, ohne vorher zu kosten, gilt er als aktionistischer Manager?


Mensch unter Beobachtung


Um die Frage nach Gerechtigkeit geht es Meyden indes gar nicht. Ihre These ist ganz klar: Was ich schon immer so mache und was mir im privaten Umfeld niemand krummnimmt - vielleicht sogar gewünscht ist -, das muss da, wo ich Karriere machen, wo ich etwas erreichen und bewirken will, noch längst nicht gut ankommen. Da ist es völlig unwichtig, wie groß die fachliche Kompetenz ist. In einer beruflichen Situation ist jeder Mensch unter Beobachtung. Und wer beobachtet wird, für den bekommen eben auch kleine Gesten, Fehler, Ungeschicklichkeiten eine große Bedeutung. Egal, wie er das nun findet.  

Weswegen es gilt, und das ist übrigens eine wichtige Botschaft zwischen den Zeilen, sich schlicht zusammenzureißen - zumindest wenn man es auf eine klassische Karriere in einem mehr oder weniger klassischen Unternehmen abgesehen hat. Sich trotz aller Zukunftsentwürfe von flachen Hierarchien, kreativen Kooperationen freier Geister (und ständiger Selbstverwirklichung, die spukt doch auch noch in so vielen Köpfen) einfach einmal "anzupassen". Bitte nicht falsch verstehen: Es geht hier nicht ums Anpassen in der verfehlten Form der Selbstverleugnung. Es geht darum, sich selbst die Teilnahme an einer bestimmten Gruppe zu ermöglichen. Ganz pragmatisch.


Fettnäpfchen auf der Karriereleiter


Beispiele, wie man es besser nicht macht, gibt Meyden auf den 307 Seiten ihres Buches genug. In fünf Hauptkapiteln, wie etwa "Karrierekiller Äußeres", "Karrierekiller Essen" oder "Karrierekiller Flirts", nimmt sie wahre Begebenheiten durch, die zeigen, was kleine oder größere Kleinigkeiten alles auslösen können. Und ja, sie erklärt, was Männer bei ihren Krawatten alles falsch machen können, und ja, sie warnt vor amourösen Abenteuern am Arbeitsplatz.  

Nun wäre das alles schon als Sammlung von Fettnäpfchen eine genüssliche Lektüre. Doch natürlich geht es in diesem Buch um die Bedeutung sozialer Codes und wie wichtig es ist, sie einsetzen zu können, um in einem bestimmten sozialen Umfeld akzeptiert und erfolgreich zu sein. Egal wie man dazu steht, in gewissen Situationen müssen eben bestimmte Regeln befolgt werden, wenn man sich von den beteiligten Personen - um es mal ganz deutlich zu sagen - etwas erwartet. Das hat überhaupt nichts mit blindem Karrierestreben zu tun.  

Es steht jedem frei, sich von den Fesseln der Konvention zu befreien. Dann gilt es aber auch zu akzeptieren, dass diejenigen, von denen man sich auf diese Weise abgrenzt, nicht viel von einem wissen wollen. Meyden selbst weist darauf hin, wenn sie eine grundlegende Einsicht der Kommunikationsforschung paraphrasiert: "Die Botschaft einer Nachricht bestimmt immer der Empfänger dieser Nachricht, nicht der Sender."


Die Codes kennen


Olle Kamellen? Mag sein - für jene, die diese Einsichten qua Erziehung oder im Studium vermittelt bekamen. Das heißt aber nicht, dass das Wissen von der Macht der Codes in breiteste Bevölkerungsschichten gesickert ist. Davon zeugt die im Buch enthaltene schöne Geschichte vom jungen Mann, der sich ganz verzweifelt in der Ratgebersendung zum Thema Fettnäpfchen meldete, die Meyden einmal in der Woche im MDR moderiert.  

Der Mann hatte am ersten Tag an seiner neuen Arbeitsstelle die berühmte Runde gemacht und sich bei jedem neuen Kollegen per Handschlag vorgestellt. Warme Wellen der Sympathie schlugen ihm entgegen. Doch schon nach zwei Tagen litt er unter der merklich kühleren Atmosphäre, die sich breitgemacht hatte. Sein Problem: Er hatte ab Tag zwei nur allgemein in den Raum gegrüßt. Er konnte nicht wissen, dass es im Unternehmen tatsächlich üblich war, sich jeden Morgen die Hand zu geben - was er auf Meydens Rat hin herausfand, indem er einmal besonders früh auftauchte und die neuen Kollegen beim Start in den Tag beobachtete.  

War das einmal geklärt, kannte er die Regel und gab täglich die Hand. Er hatte den Code seines neuen beruflichen Umfeldes erkannt - weil ihn jemand darauf hingewiesen hatte. Und dafür ist dieses Buch da. Wer weiß, in welche Fettnäpfchen wir heute, gestern oder vergangene Woche in unserer speziellen Peergroup getreten sind ... 


changeX 01.12.2011. Alle Rechte vorbehalten, all rights reserved.

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Zum Buch

: Karrierekiller!. Versteckte Fallen auf dem Weg nach oben. Econ Verlag, Berlin 2011, 320 Seiten, 14.99 Euro, ISBN 9783430201186

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Autor

Jost Burger
Burger

Jost Burger ist freier Journalist in Berlin. Er schreibt als freier Mitarbeiter für changeX.

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