Direkt, interaktiv, beweglich
Nur 29 Prozent der Mitarbeiter sind engagiert. Der Rest: Dienst nach Vorschrift. Die Folge: eine Verschwendung von Leistung und Motivation, Wissen und Kompetenz in Zeiten knapper Ressourcen. Es ist Zeit, wieder genauer hinzusehen: Die Realität vieler Unternehmen hat mit der Wahrnehmung des Managements und den Ratschlägen seiner Berater oft nicht viel zu tun. Doch von dieser Realität aus gilt es, seine Organisation zu entwickeln. Damit sie fit wird für einen Wandel, der schneller ist als jeder Plan.
Die bekannten Organisationsstrukturen werden den Anforderungen in unseren schnellen Zeiten nicht mehr gerecht, Veränderungsprojekte oft gar nicht mehr fertig. Die überkommenen Steuerungsmechanismen geraten an ihre Grenzen, werden oft kontraproduktiv. Die Unternehmen sind schlecht darin, sich zu reorganisieren, ihre Handlungsfähigkeit zu erhalten, den Menschen neuen Halt zu geben. Entfremdung, Demotivation, Austritt sind die Folge. Dazu gibt es Zahlen. Nur noch 29 Prozent der Mitarbeiter sind engagiert. Der Rest: Dienst nach Vorschrift. Die Folge: eine Verschwendung von Leistung und Motivation, Wissen und Kompetenz in Zeiten knapper Ressourcen.
Und doch gibt es gute Hinweise, wie Führungskultur sein sollte. Management-Coach Reinhard K. Sprenger schreibt in seinem aktuellen Buch: "Der Zweck eines Unternehmens ist es, Zusammenarbeit zu organisieren, um ein Problem zu lösen, jenseits aller separierenden Organisationsparadigmen." Wie kann das aussehen?
Genau hinschauen und zuhören
Wir denken, man muss damit anfangen, genau hinzuschauen und zuzuhören. Organisationen haben eine Realität, die mit den Konzepten der Spitze und mit den Ratschlägen ihrer Berater oft nicht viel zu tun haben. Von dieser Realität aus gilt es, Organisation zu entwickeln.
Organisationen, die sich interaktiv, direkt und beweglich aufstellen wollen, folgen nach einem solchen Ansatz folgenden Prinzipien:
Erstens: Es wird das Miteinander im Unternehmen und mit der Unternehmenswelt gestaltet. Die Führung verschanzt sich nicht weiter in Strukturen und Hierarchien.
Zweitens: Es wird direkt und unmittelbar kommuniziert und kooperiert. Kraft in Macht und Sprachspielen zwischen den Hierarchieebenen wird nicht weiter vergeudet.
Drittens: Anpassungsfähigkeit, Beweglichkeit, Veränderungsfreude werden in der Organisation entwickelt. Menschen finden Halt in einem starken Kern und einer verlässlichen Führungskultur.
Wir möchten das gerne vertiefen, fangen wir beim letzten an. Es geht darum, Organisationskerne zu schaffen, die für das Miteinander eine starke Identität und Bindungskraft schaffen. Beweglichkeit setzt Halt voraus. Zugehörigkeitsgefühle halten eine Organisation auch dann zusammen, wenn sie mit ihren Mitarbeitern Veränderungen erarbeitet, sich auf eine Expedition in die Zukunft begibt. Veränderungsbereitschaft setzt Freude und Entdeckungswillen voraus.
Der Kern muss halten, von ihm kann die starke Bindungskraft ausgehen, die den Grund für ein verlässliches Miteinander und Füreinander legt. Der Zusammengehörigkeit auch in schwierigen Zeiten bietet, so wie ein Rad eine Achse braucht, damit es sich drehen kann, auch auf unebenem Grund fährt, und trotzdem Halt hat.
Wenn wir bereit sind, miteinander die sprichwörtlichen Pferde zu stehlen, dann sind die Strukturen nicht mehr so wichtig. Wir gehören dazu, wir sind dabei, gleich in welchem Kästchen unser Name steht. Wir wollen einfach miteinander etwas Wichtiges schaffen, was uns inspiriert, was ein Beitrag zur besseren Welt ist, was uns begeistert, worauf wir stolz sind.
Jedes Unternehmen muss für sich und gemeinsam mit den Menschen definieren, was diesen Kern ausmacht. Der Sinn des Unternehmens, starke Prinzipien und Regeln, überzeugende Kompetenzen, funktionierende Prozesse, tolle Situationen und Erlebnisse. Man muss das abends in der Familie und bei Freunden gerne und mit Stolz erzählen können.
Prinzipien an der Realität entwickeln
Damit das gelingt, muss jede Organisation die Prinzipien finden, die Verlässlichkeit und Vertrauen schaffen, und die ihrer ganz spezifischen Realität entsprechen. Das ist überall verschieden. Aber schon bei den allgemeinen Themen hapert es: Fast überall gilt, dass mit knapper Zeit umzugehen ist; nur manche Forschungs- oder künstlerischen Prozesse mögen eine Ausnahme sein.
Wir wissen: Zu bestimmten Terminen ist nur das zu schaffen, was geht. Ressourcen sind überall knapp. Wir müssen uns also auf das Wichtigste und Sinnvolle begrenzen. Wer in den Prozessen involviert ist, weiß das: Mehr ist nicht drin. Druck ist kontraproduktiv, wenn mehr nicht geht. Das Prinzip heißt also: "Wir erkennen die Knappheit der Zeit an." Ein Prinzip muss nicht für eine gänzlich neue Einsicht stehen, aber es soll unser Handeln leiten.
Wir erleben: Veränderung wird immer wieder von der Erwartung belastet, es müsse alles perfekt und pannenfest geplant werden. Gleichzeitig gefällt sich Management in forschen Terminvorgaben. Paradoxerweise fördert genau das nicht selten Pannen. Schönes Beispiel sind die großen Baustellen in unserer Republik, der Berliner Flughafen Willy Brandt, die Elbphilharmonie oder Stuttgart 21 gehen durch die Tagespresse. Immerhin, mittlerweile gibt es Projektmanagementverfahren, die anders arbeiten und damit erfolgreich sind. Scrum ist nur ein Beispiel.
Die Prinzipien realisieren sich maßgeblich in der Führungskultur. Teil der Kultur ist, dass Führung weiß, dass Organisation nicht so funktioniert, wie dies in den Organigrammen und Charts der Stäbe erdacht wird. Führungskultur geht einher mit den Prinzipien, ist wichtiger als Strukturen, die nach aller Erfahrung ohnehin labil sind und dem Leben in der Organisation nicht immer entsprechen. Eine für die Mitarbeiter verlässliche und ihnen verständliche Führungskultur ist mehr als die Summe der Führungsstile, die unsere Führungskräfte auf diversen Seminaren lernen. Sie ist Voraussetzung dafür, dass die Mitarbeiter den Weg mitgestalten und mitgehen, dass Veränderung nicht an Widerständen in der Organisation erstickt.
Es geht uns darum, einen Schritt zurückzutreten und miteinander zu beobachten, zuzuhören, nachzuspüren, zu lernen und zu entwickeln, was da ist und worauf es wirklich ankommt. Was wir unter Sinn und Erfolg, guten Schritten und Voraussetzungen verstehen. Wie wir uns auf die Motivationen und Erfahrungen im Unternehmen einlassen.
Vielleicht wird das, was wir meinen, an drei Beispielen für Prinzipien deutlicher. Diese Beispiele mögen nach Querdenken klingen, stammen aber aus erfolgreicher Praxis.
Sinn erforschen, loslegen und miteinander sprechen
Das erste Prinzip heißt für uns "Sinn und Zweck vor präzisem Ziel": Vielfach gibt es Projekte mit klaren technischen Anforderungen, aber ohne dass in der Organisation ein Wissen um den Hintergrund geteilt wird. Schlimmstenfalls heißt es: "Das geht Sie nichts an, tun Sie einfach Ihren Job." Wenn es dann demotivierend heißt: "Wir sind doch nur ein kleines Rädchen im Getriebe", dann ist das nicht verwunderlich. Ein Beispiel menschenverachtenden, humane Ressourcen verschleudernden Führungsstils. Es geht besser, wenn die Menschen für die Sache brennen. Aber: Wenn die Ziele zu starr sind, dann kann ein Projekt auch an sich ändernden Erfordernissen vorbeischießen. Das Management von Moving Targets sollte heute Standard sein. Besprechen Sie also lieber Sinn und Zweck der Aufgaben mit Ihren Mitarbeitern, geben Sie ihnen Richtung und Raum. Dann haben Sie brauchbare Ergebnisse, selbst wenn Ziele sich verändern.
Das zweite Beispiel: "Beginnen vor Absichern". Wir können versuchen, alles abzusichern, indem wir die möglichen Risiken durchdenken, uns in Vorgehensmodelle und Best Practices einarbeiten und Kennzahlensysteme feinpolieren. Aber irgendwann muss man beginnen, sonst ist nichts da, was abzusichern wäre. Wer zu spät kommt, den straft der Markt. Also lieber mit kleineren Entscheidungen und Schritten losgehen, mal etwas ausprobieren. Aber auf jeden Fall losgehen! Wir kennen die Zukunft ja nicht, aber wir gestalten sie mit unserem Tun. Wenn wir nichts tun, gestalten wir nicht. Durch dieses Paradox müssen wir durch. Wir müssen experimentieren.
Das dritte Prinzip: "Kommunizieren vor Konzipieren". Wir neigen im Volk der Dichter und Denker dazu, Konzepte bis ins Letzte zu denken und dann für die Umsetzung zu kämpfen. Mit einer so entstandenen Konzeption wächst aber auch der Widerstand derjenigen, die mit der Konzeptentwicklung nicht identifiziert waren, obwohl sie das Konzept umsetzen sollen. Auch für diesen Widerstand haben wir wieder Konzepte entwickelt, die heißen dann "vorweggenommene Einwandsbehandlung", sind ein Sperrfeuer gegen Kommunikation in der Organisation.
Wir entwickeln bessere Qualität und Akzeptanz, wenn wir mit einer Frage starten, mit 20 Kollegen sprechen, uns auf ihre Überlegungen einlassen. Wenn wir zuhören, verstehen, sortieren, dann das gemeinsame Ergebnis aufschreiben. Wenn wir miteinander erleben, wie die Lösung gemeinsam wächst. Solches Vorgehen ist in unserer Kultur schwierig, sie belohnt das einsame Heldentum. Aber man kann so etwas lernen.
Es geht in der Führung also um eine Kultur der Beweglichkeit. Konzepte sind hilfreich, auch Strukturen sind es, aber wir müssen auch loslassen können. Je ausgefeilter die Ideen über Organisation und Organisationsentwicklung sind, desto schneller werden sie von der Realität überholt oder von Kollegen ausgehebelt. Wichtiger ist es, dass wir mit den Entwicklungen der Märkte schwingen. Dass wir wissen, wie man auf Expeditionen geht.
Kommunikation: direkt und unverschnörkelt
Es kommt uns auch auf eine direkte und unverschnörkelte Sprache an. Scheinpräzise Ziele, ausgefeilte Modelle ohne Bodenhaftung, labberige Worthülsen und Berater, die solche Worthülsen produzieren, helfen nicht einer Organisation und in Veränderungsprozessen, sondern allenfalls einem Absicherungsbedürfnis an der Spitze der Organisation. Schnell und treffsicher auf den Punkt kommen - allein das erhöht den Wirkungsgrad im Unternehmen erheblich.
Es braucht eine gute Kommunikation, um Kräfte und Ressourcen freizusetzen, die wir heute in Grabenkämpfen, Machtspielen, Ketten-E-Mails, Missverständnissen vergeuden. In der Kommunikation geht es um Klarheit, Mut, Offenheit, Respekt, Verständigung, Einlassen, nicht darum, frontal oder rücksichtslos zu sein.
Wir können zum Beispiel eine E-Mail lossenden mit einigen Vorgesetzten in cc; dann haben wir nicht nur einen Vorgang geschaffen, sondern vermutlich auch Verhärtung und Verärgerung. Wir könnten stattdessen auch miteinander sprechen. Anschließend wird jemand anbieten, unsere gemeinsamen Ergebnisse als E-Mail an einen verabredeten Verteiler zu versenden. Der Vorgang startet also nicht mit einer E-Mail, sondern endet mit der E-Mail. Aus dem Auslöser eines Konflikts wird eine Dienstleistung für die Beteiligten.
Genauso geht es auch ohne tagelang ausgearbeitete Präsentationen, die Ihnen sowieso von denen zerfleddert werden, die Ihnen neiden, dass sie nicht die Zeit bekommen haben, sich ähnlich zu profilieren. Die Präsentation als Machtspiel.
Sie können einen Auftrag smart - spezifisch, messbar, akzeptiert, realistisch, terminiert - ausformulieren und alle drei Monate berichten. Aber so lange bleibt heute kaum noch ein Auftrag stabil. Es geht also weniger um Auftragsklarheit, sondern um stete Auftragsklärung. Und das geht nur mit Kommunikation. Besser jede Woche 15 Minuten für Synchronisation verwenden, als alle drei Monate zwei Stunden lang reparieren.
Klare, einfache Fragen stellen. "Was ist Ihnen als Ergebnis wichtig?" kann effektiver sein als "Was ist die Zielsetzung?". Führung muss mit bedenken, dass sie es mit Menschen zu tun hat, die auch etwas bewegen wollen. Sachliche Arbeit wird erfolgreich, wenn die Personen mitgenommen werden. Nicht, wenn persönliche Verletzungen "halt dazugehören".
Strategien wiegen, Situationen zählen
Ob eine Organisation funktioniert, merken wir in den Situationen, wo sie sich für den Kunden oder auch für interne Kollegen realisiert. Zum Beispiel im Reklamationsgespräch. Oder wie gut ein Gespräch zur Auftragsklärung für ein Projekt im Unternehmen funktioniert. Führt ein solches Gespräch nicht zu einem Resultat, das im Management akzeptiert wird, wird das Projekt an den Erwartungen vorbeiproduzieren. Wichtig ist immer nicht nur der Inhalt, sondern auch, wie die Situation von den beteiligten Menschen erlebt wird. Der Schluss hieraus: Die wichtigen Situationen dürfen nicht einfach passieren; um regelmäßig zu gelingen, müssen sie gut gestaltet werden.
Sie sind es, die alltäglichen Situationen, in denen für uns, für unser Miteinander, für unsere Kunden Erlebnisse und Erfahrungen entstehen. Hier ändert sich etwas, hier gelingt Zufriedenheit, festigt sich Bindung, entsteht Begeisterung. Dies ist der Punkt, aus dem die Organisation der Zukunft entsteht!
Wenn Sie Kunden oder Mitarbeiter fragen, wie sie eine Organisation erleben, worüber sie sich ärgern oder worüber sie sich freuen, werden sie Ihnen Erlebnisse, Situationen, Interaktionen schildern. Wie war der Kick-off-Workshop für unser neues Projekt, und wieso hat sich dort diese Motivation entwickelt? Wie laufen bei uns die Meetings ab, und warum kommt wieder nichts raus? Wie war das Gespräch mit meinem Chef, und warum ärgere ich mich wieder darüber, dass ich nichts gesagt habe? Wie war das, als ich eine Ware reklamieren wollte, wie zuvorkommend ist das abgelaufen?
Wenn die Situation mit dem Kunden nicht funktioniert, haben wir ihn schnell verloren. Wenn die Situationen mit unseren Mitarbeitern nicht funktionieren, verlieren wir sie an die innere Kündigung. Mit anderen Worten: Unsere Prozesse, Strukturen und Qualifikationen müssen so gestaltet werden, dass sie erfolgreiche Situationen, Interaktionen und Erlebnisse unterstützen. Die strategische Ausrichtung unserer Organisation wird in Situationen real, oder sie wird es eben nicht. Was ist denn von einer Strategie zu halten, die nur in den Führungsetagen maßgeblich ist? Dies bedeutet für das Handeln: Wenn wir Strategie ernst nehmen, müssen wir sofort die betriebliche Realität und Umsetzung in den Blick nehmen. Nur so unterstützen wir Strategieentwicklung und Prozessoptimierung. Sonst ist das leeres Gerede, oder ein wenig drastisch: Bullshit.
Der Alltag muss gelingen - mehr nicht
Ein Einwand liegt nahe: Es gibt doch unendlich viele Situationen. Unternehmen, die diese Situationen gestalten oder ändern wollen, haben viel, zu viel zu tun. Wie soll das geschafft werden? Genau dies aber sehen wir andersherum. Aus der Perspektive der relevanten Situation zeigt sich die Chance, sehr praktische Prioritäten zu setzen. Was sind unsere Kernsituationen, mit denen wir dringend beginnen müssen? Welche Prozessoptimierungen und Qualifizierungen schließen sich an, damit diese Situationen künftig gelingen? Welche Führungskultur wollen wir entwickeln, die das Verhalten in Situationen fördert und stützt, die Erfolgserlebnisse ermöglicht?
Das ist wie mit der heutigen Informationsvielfalt: Es ist nicht mehr möglich, alles zu wissen oder überhaupt kognitiv zu erfassen. Oder mit Organisationsstrukturen und Veränderungsprozessen: Denn die werden doch längst nicht mehr fertig. Man kann daran verzweifeln, wenn man alles vollständig und perfekt haben will. Oder man kann lernen, damit umzugehen und Prioritäten zu setzen. Anfangen muss man halt. Mit Augenmaß. Da sind wir wieder in der Realität des Alltags. Wenn wir scheitern, war es zu groß. Der Alltag muss gelingen. Mehr nicht, und auch nicht weniger. Nur gemeinsam mit den Menschen, ihren gemeinsamen Kräften und Kompetenzen kann das funktionieren. Unsere Erfahrung ist, dass die Gestaltung dort neue Energie freisetzt, wo Organisationsentwicklung mit den Menschen in der Organisation und nicht nur mit der Führung betrieben wird. Weil es um den Arbeitsalltag dieser Menschen geht: Dort entsteht der Unterschied.
Veränderung: evolutionär, nicht revolutionär
Aber auch das ist klar: Die Umsetzung solcher Ansätze wird nicht ohne Widerstände gelingen. Das strukturübergreifende Business Process Reengineering ist vor Jahren gescheitert, als klar wurde, dass es an die hierarchischen Machtverhältnisse und überkommenen Organisationsverständnisse rührte. Auch das Projektmanagement war als eine auf Freisetzung gerichtete Methode gedacht, sollte temporär Hierarchie- und Bereichsgrenzen überlagern, ohne sie grundsätzlich infrage zu stellen, wird aber immer wieder durch die Administration der Linie und die Methodengerüste und Zertifizierungsprodukte der internationalen Institute einzufangen und einzugrenzen gesucht.
Wir sehen es auch an anderer Stelle, wo fortschrittliche Arbeitsformate in beschützte Räume verbannt werden: Open Space oder World Café werden als Ausnahmesituationen inszeniert. Sie werden kritisch beobachtet - was kommt heraus, was bedeutet das für mich als Manager? Hoch bewährte Zusammenarbeits- und Lernformen wie "Kollegiale Beratung" und "Action Learning" bleiben oft Trainingsveranstaltungen vorbehalten. Aber seien wir zuversichtlich: Auch hier wird Kultur entwickelt, als zartes Pflänzchen, eher evolutionär als revolutionär.
Auch hier geht es um Situationen. Wir haben gesehen, welche Hürden zu nehmen sind. Wie können Erlebnisse entstehen, die sich auch die Führungsspitze zumutet? Denn gerade ist Angst vor Situationen, in denen ein Hinterfragen durch die oder eine Konfrontation mit den Mitarbeitern befürchtet wird, nicht selten. Wie gehe ich mit der offenen Situation im Workshop um? Wie verhalte ich mich auf der Betriebsversammlung, ohne das Gesicht zu verlieren? Wie präsentiere ich den Mitarbeitern auf dem Info-Markt das Rationalisierungsprojekt?
Wir sind immer wieder bei Situationen. Bei einer Gestaltung von Erlebnissen, die für den Einzelnen einen persönlichen Durchbruch bedeuten. Und auch für das Unternehmen und den Wandel, wenn die Mitarbeiter ehrliche, offene Kommunikation erleben. Das darf nicht künstlich geschliffen sein, die Mitarbeiter wollen den Menschen erleben. Vertrauen entsteht zu Menschen, nicht zu Rollen.
Solche Veränderung ist auch schon die Organisation der Zukunft. Sonst ist beides unglaubwürdig, die Veränderung und die Zukunft. Wir dürfen deshalb Veränderungsprojekte nicht nur nach Phasen und Meilensteinen gestalten, sondern müssen sie auch als eine Reihe von Erlebnissen verstehen und gestalten. Wie bei jedem Prozess im Unternehmen. Schon die Darstellungsformen für solche Überlegungen machen einen Unterschied.
Aus diesem Grund ist unser Ansatz, Schlüsselpersonen auf allen Unternehmensebenen darin zu unterstützen, die notwendigen Situationen zu meistern, respektvoll, authentisch, reflektiert. Die Veränderung selbst ist das Übungsfeld, vom ersten Tag an.
Wenn Organisationen mit einer durchlässigen und zukunftsfähigen Kultur erfolgreicher sind als die alten Tanker, dann entwickeln die Argumente für eine zukunftsfähige Organisation eine durchschlagende Kraft. Dann werden Organisationen anders sein. Und auch Management wird nicht dasselbe bleiben.
Zitate
"Sinn und Zweck vor präzisem Ziel." Dieter Haselbach, Frank Kühn: Direkt, interaktiv, beweglich
"Die alltäglichen Situationen sind es, in denen für uns, für unser Miteinander, für unsere Kunden Erlebnisse und Erfahrungen entstehen. Hier ändert sich etwas, hier gelingt Zufriedenheit, festigt sich Bindung, entsteht Begeisterung. Dies ist der Punkt, aus dem die Organisation der Zukunft entsteht!" Dieter Haselbach, Frank Kühn: Direkt, interaktiv, beweglich
"Unsere Prozesse, Strukturen und Qualifikationen müssen so gestaltet werden, dass sie erfolgreiche Situationen, Interaktionen und Erlebnisse unterstützen." Dieter Haselbach, Frank Kühn: Direkt, interaktiv, beweglich
"Unsere Erfahrung ist, dass die Gestaltung dort neue Energie freisetzt, wo Organisationsentwicklung mit den Menschen in der Organisation und nicht nur mit der Führung betrieben wird. Weil es um den Arbeitsalltag dieser Menschen geht: Dort entsteht der Unterschied." Dieter Haselbach, Frank Kühn: Direkt, interaktiv, beweglich
"Die Mitarbeiter wollen den Menschen erleben. Vertrauen entsteht zu Menschen, nicht zu Rollen." Dieter Haselbach, Frank Kühn: Direkt, interaktiv, beweglich
"Wir dürfen Veränderungsprojekte nicht nur nach Phasen und Meilensteinen gestalten, sondern müssen sie auch als eine Reihe von Erlebnissen verstehen und gestalten." Dieter Haselbach, Frank Kühn: Direkt, interaktiv, beweglich
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Dieter HaselbachDieter Haselbach, Soziologe und Coach, arbeitet seit mehr als 20 Jahren als Kulturberater und Kulturforscher in der Kultur- und Kreativwirtschaft. Seit 1990 ist er als Hochschullehrer an renommierten Universitäten in Kanada, England, Österreich und Deutschland tätig. Heute ist er Managing Partner bei der ICG Deutschland. Seine Schwerpunkte liegen in der Entwicklung von Unternehmenskonzepten, Planungsprozessen, Strategieentwicklungen für Institutionen und Gebietskörperschaften, dem Change-Management in der öffentlichen Verwaltung und dem Führungs- und Konfliktcoaching.
Autor
Frank KühnDr. Frank Kühn, Studium Maschinenbau mit Schwerpunkt Arbeitswissenschaft, Promotion im Bereich Ergonomie. Leitende Funktionen in Forschung und Industrie: Arbeitswirtschaft, Logistik, Organisation, Produktionsstrategien, Projektmanagement. Mitgründer Integrated Consulting Group Deutschland. Als Berater arbeitet Frank Kühn seit über 20 Jahren mit Führungskräften und Managementteams, die zukunftsfähige Organisations-, Führungs- und Kooperationskonzepte, schnellere Prozesse und wirksameres Projektmanagement realisieren wollen. Coaching umfangreicher Veränderungsprojekte und Effizienzprogramme in Handel, Industrie, Dienstleistung, Wissenschaft. Zahlreiche Publikationen, Lehrauftrag für Industrielles Projektmanagement. frank.kuehn@integratedconsulting.de