Weil es motiviert und weil Qualität die Welt erhält. Qualität ist das, was Menschen von innen her bewegt, also motiviert. Diese Motivation ist notwendig, damit Menschen sich engagieren.
Diese Behauptung stammt von meinem Lieblingsdichter, dem russischen Nobelpreisträger für Literatur, Joseph Brodsky. Er hat die Auffassung vertreten, "dass unsere wichtigsten Entscheidungen ästhetisch und nicht ethisch begründet sind". Denn unser ästhetisches Urteil ist in der Tat ererbt. Man kann sich bemühen, es zu kultivieren, es zu verfeinern, und man kann versuchen, es der Ethik anzupassen. Und doch wird letztlich unser ästhetisches Ich die Oberhand behalten. Eine entscheidende Aufgabe der Gesellschaft ist die individuelle Entwicklung des Geschmacks. Denn wessen Geschmack entwickelt ist, der ist nicht leicht zu täuschen.
Wir wollen Unternehmen motivieren, eine Unternehmenskultur zu entwickeln, in der Wirtschaft und Privatleben, Denken und Handeln keine Gegensätze sind, sondern in der für das wirtschaftliche Handeln ausdrücklich die ethische Verantwortung übernommen wird. Mit unserer Arbeit wollen wir dazu beitragen, dass Unternehmen ihre Produkt- und Marktorientierung ausdrücklicher um die Gesellschaftsorientierung erweitern, weil es nur so gelingen kann, die Welt zukunftsfähig und gerechter zu machen. Zukunftsträchtige Unternehmen erkennen das an. Sie wissen, dass ein gesellschaftliches Engagement notwendig ist. Sie wissen, dass verantwortungsbewusstes Management sowohl für das Weiterleben des Planeten, als auch für das wirtschaftliche Überleben notwendig ist. Die Einsicht erleichtert unsere Arbeit.
Es muss das Denken und Handeln in Sparten, Ressorts und Fächern aufgegeben werden. Unternehmen müssen die Verbindung mit Kreisläufen der Natur und der Gesellschaft herstellen und zum Paradigma für Wirtschaftlichkeit und Schutz sowie für Zusammengehörigkeit und Kulturpflege machen. Ohne ein solches Engagement kann kein Unternehmen nachhaltig wirken, stabil und zukunftsfähig arbeiten.
Weil zu viel Konzentration auf der Peripherie des unternehmerischen Handelns liegt, mit der entsprechenden Wirkung auf die Gehirne. In Unternehmen laufen viele Menschen mit einer ausgetrockneten rechten Hirnhälfte herum, und wenn man dies einmal weiß, wundert man sich über gar nichts mehr, auch nicht darüber, dass etwa 60 Prozent der abhängig Beschäftigten mit berufsbezogenen Ängsten an ihren Arbeitsplätzen sitzen. Doch Angst tötet die Kreativität, lässt kreative Nischen erst gar nicht entstehen.
Das lateinische "creare" bedeutet zusammenwachsen und bezieht sich darauf, dass etwas neu entsteht, dass etwas geschaffen wird, das vorher nicht existierte. Es hat immer die Qualität von etwas Authentischem. Wenn nun eine neue Gesellschaft gestaltet wird, ist Kreativität ein wesentlicher Faktor für ihre Weiterentwicklung.
Durch das bewusste Einbauen des Intervalls. Durch Entschleunigung. Im Dialog mit dem Stressforscher Horst Mayer habe ich von ihm gelernt, dass bei Dauerstress die linke Gehirnhälfte zunächst über die rechte stolpert - bis es nichts mehr zu stolpern gibt, weil die rechte ausgetrocknet ist. Was dem Menschen dann verloren geht, sind Kreativität und Intuition. Deshalb drossele ich die Geschwindigkeit und gehe mit meiner Frau spazieren, gehe gut essen oder besuche Kunstausstellungen. Ich meditiere auch. Seit kurzem ist ein neues Phänomen in mein Leben getreten - der Sport. Alles das sorgt dafür, dass meine rechte Hirnhälfte in Bewegung bleibt und meine Kreativität sich erhält.
An einer fehlenden Wertekultur, an mangelnder Lernbereitschaft sowie an einer unterentwickelten Experimentierfreudigkeit. Wer für sein Unternehmen Zukunft erfinden will, muss sehr viel experimentieren. Wer nicht experimentiert, untergräbt die eigene Zukunft. Neuerdings scheitern Unternehmen auch daran, dass es ihnen an einer vollkommenen Identität - das ist die Einheit von Gedanke, Wort, Tat und Ding - fehlt. Firmen müssen transparent sein, damit ihre kritischen, mündigen, informierten und fordernden Kunden Werte und Haltung prüfen können, bevor sie eine Geschäftsbeziehung eingehen. Wenn das Unternehmen eine Maske trägt, mit der es die Märkte täuscht, wenden sich Kunden ab.
Ich glaube nicht, dass das zutrifft. Ein Engagement auf vielen Gebieten mag eine kurzfristige Hilfestellung für ein Unternehmen sein, doch es untergräbt das Prinzip der Souveränität und der Qualität. Erfolge sind immer Konzentrationserfolge.
Unternehmen bestehen aus Menschen, und Menschen haben ein Bedürfnis nach Ordnung. Wo das Miteinander geregelt ist, wird die Ordnung als Orientierungshilfe erfahren. Leitlinien helfen, die Energien in Unternehmen zu konzentrieren, auszurichten und schaffen so die Voraussetzung für das Wirksamwerden dieser Energien. Unternehmen lassen sich am besten leiten von Werten, die sich von den vier Kardinaltugenden Weisheit, Tapferkeit, Mäßigung und Gerechtigkeit ableiten lassen.
Auf diese Frage möchte ich Pater Anselm Grün zitieren: "Kardinaltugend kommt vom lateinischen Wort 'cardo', das Türangel heißt. Die vier Tugenden sind wie eine Türangel, um die sich alles dreht. Ohne sie findet man keinen Zugang zum Raum der Seele. Im Lateinischen heißt die Tugend 'virtus'. Virtus ist eine Kraft, eine Fähigkeit, Geschicklichkeit. Die Seele braucht die Kräfte der Tugenden, damit sie das Leben meistert ..." Im Übrigen kommt das deutsche Wort Tugend von "taugen". Ohne Tugend taugt das Leben nicht.
Viele Manager sind nicht authentisch, weil sie nicht auf ihre innere Stimme vertrauen und sich deswegen ihre Individualität nicht entfalten kann. Sie sind nicht authentisch, weil sie den Zwängen und dem Machbaren folgen und opportunistisch sind. Weil sie an der Macht partizipieren und dadurch dem eigenen Leben einen Sinn geben möchten. Den sie allerdings - wenn die innere Überzeugung fehlt - nur gesellschaftlich, nicht aber persönlich erhalten.
In der Regel arbeitet ein Unternehmer mit dem eigenen Geld. Deshalb übernimmt er eher Verantwortung und fühlt sich seinen Mitarbeitern verbunden. Manager sind austauschbar, Unternehmer nicht. Manager können rasch wechseln und können durch ein Missmanagement nicht ohne Weiteres zur Rechenschaft gezogen werden. Unternehmer tragen das volle Risiko.
Das ist die Hauptaufgabe unserer Unternehmenskultur. Unternehmenskultur bedeutet nicht die einmalige Beschäftigung mit Werten und mit Verantwortung, sondern ist eine permanente Vergegenwärtigung des eigenen Lebens und der Situation des Unternehmens. So zu leben, wie Bunyan es vorschlägt, ist die hohe Kunst des Lebens, das Endziel aller gesellschaftlichen und persönlichen Anstrengung. Das erfordert ein hohes Maß an moralischer Gegenwärtigkeit.
Bescheidenheit. Integrität. Ehrlichkeit. Mut.
Integer bedeutet unberührt und unbescholten und zielt auf Verlässlichkeit und Treue. Zwei Merkmale, die garantieren, dass im Tierreich die Eltern ihre Nachkommen beschützen, versorgen und ins Leben führen. Aus demselben Grunde sind es den Menschen Begriffe der Ethik. Ohne sie kann keine Gemeinschaft existieren. Verlässlichkeit und Treue offenbaren Unternehmen in der Güte ihrer Unternehmenskultur.
Die aktive Seite dieser Haltung ist der Mut. Eine innere Haltung, die jede Art Unternehmung braucht. Hier denke ich an den zentralen Satz der Aufklärung, formuliert von Immanuel Kant: "Sapere aude!" - "Wage zu denken!" oder "Wage, dich deines Verstandes zu bedienen!" Dieses Wagnis als Heraustreten aus der Unmündigkeit ist der Mut, der den Menschen zu einem mündigen und politisch selbständigen Bürger macht. Das ist derselbe Mut, über den Führungskräfte verfügen müssen, damit sie nicht das Risiko suchen, sondern verantwortungsvoll die Risiken abwägen.
Als Allererstes die ursprüngliche Bedeutung dieses Begriffes. Nachhaltige Entwicklung bedeutet in der Forstwirtschaft, dass nur so viele Bäume gefällt werden, wie im gleichen Zeitraum nachwachsen können. Wenn wir diese Formel auf kulturell orientierte Unternehmen übertragen, bedeutet das: vom Zins leben und nicht vom Kapital. Natürlich denke ich bei Nachhaltigkeit auch an den 1987 von der UN-Kommission für Umwelt und Entwicklung verfassten Bericht mit dem Titel Our Common Future und die im Rahmen des Erdgipfels der Vereinten Nationen in Rio 1992 verabschiedete Deklaration, welche erstmals die Voraussetzung für eine nachhaltige Entwicklung nannte: Sie verlangt, ökonomische, ökologische und soziale Ziele derart in Einklang zu bringen, dass die heute auf der Erde lebenden Menschen ihre Bedürfnisse befriedigen können, ohne die Entwicklungsmöglichkeiten zukünftiger Generationen unangemessen zu beeinträchtigen. Ein Bekenntnis zu diesem Leitbild der nachhaltigen Entwicklung, wie in der Business Charter for Sustainable Development der internationalen Handelskammer, bedeutet, dass ein Unternehmen sich das Ziel gibt, die Gesellschaft zu fördern. Unternehmen mit diesem Ziel haben in einem engeren Sinn Kultur, denn ursprünglich ist Kultur nichts anderes als die Achtung vor der Schöpfung.
Zunächst meine ich, dass es vermutlich keine ewigen Werte gibt, denn der Mensch ist nicht der Mensch, sondern der historische Mensch. Und nicht zu allen Zeiten war der Mensch sich seines Tuns bewusst oder musste es sein. Dennoch gibt es Werte, die sich Kulturen geben, die ewigen Werten ähnlich sind. Das sind in einem relativen Verständnis: Dankbarkeit, Ehrfurcht, Fürsorge, Gerechtigkeit, Kompetenz, Selbstachtung, Toleranz, Verantwortung ...
Christoph Böninger / Hajo Eickhoff / Jan Teunen (Hg.):
FORM:ETHIK.
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