| Folge 1: Rainer Zimmermann über das neue europäische Netzwerkunternehmen Pleon |
Europa im Aufbruch. Europa im Wachstum. Vielerorts ist das Wollen zu spüren. Verbunden mit vielen Hoffnungen, aber auch mit zahlreichen Befürchtungen. In Politik, Wirtschaft und Gesellschaft wird formatiert und konfiguriert. Zum Beispiel in Brüssel, wo der bayerische Ministerpräsident kürzlich ein Stadtschloss als Landesvertretung eingeweiht hat. Zum Beispiel in Lissabon, wo mit EU-Geldern alte Stadtteile wieder renoviert und reaktiviert werden. Zum Beispiel in der Slowakei, wo langsam Wohlstand und Reichtum in den Alltag der Bürger sickert. Unter dem Etikett Europa wappnet sich der alte Kontinent für den Spagat, seine Bürger aus allen Regionen unter ein kulturelles und ökonomisches Dach zu einen. Mit gleichzeitiger Garantie auf freie Selbstentfaltung und materielle Sicherheit.
Deshalb kann dieser europäische Einigungsprozess nicht von oben verordnet werden. Er muss sich von unten nach oben ausbreiten. Bottom up! Was natürlich ein langwieriger Prozess ist. Wie sagte Willy Brandt einst so treffend: "Mit den Europa-Verhandlungen ist es wie mit dem Liebesspiel der Elefanten: Alles spielt sich auf hoher Ebene ab, wirbelt viel Staub auf - und es dauert sehr lange, bis etwas dabei herauskommt." Recht hatte er, wenig bis nichts passiert in Europa spontan von heute auf morgen. Deshalb ist es kein Wunder, wenn wir derzeit ein Sowohl-als-auch bezüglich der Fort- und Rückschritte Europas beobachten können.
Einerseits: So viel Europa war noch nie. Eine gemeinsame Verfassung, eine gemeinsame Währung, gemeinsame Werte und Lebensstile, der weltweit größte Binnenmarkt und ein wirtschaftlich attraktiver Partner für andere aufstrebende Wirtschaftsregionen rund um die Welt. Andererseits: So wenig Europa war auch noch nie. Nationalstaatlicher und regionaler Separatismus, keine europäische Symbolik, kein europäischer Way of Life, ein undurchdringlicher bürokratischer Gesetzesdschungel, keine europäischen Medien, keine europäischen Blue Chips.
Das aber ist normal. In Transformationszeiten verschanzt sich das Ancien Regime immer krampfhaft hinter seinen Burgmauern, während rundherum bereits neue Bauten und Siedlungen entstehen. Noch produzieren diese gegenläufigen Beharrungskräfte kulturelle und mentale Differenzen. Doch so wie einst im "Zeitalter der Kathedralen" riesige Kirchen und Dome der Mittelpunkt aller Wahrnehmung waren, sind sie heute nur noch einer unter vielen Bausteinen in der städtebaulichen Vielfalt. Und ich bin mir sicher: Genauso wird es dem heutigen Europa ergehen. Zwar mögen sich manche Länder und Regionen noch als herausragende kulturelle, politische und wirtschaftliche Unikate fühlen, morgen aber schon musizieren sie im europäischen Gesamtorchester mit.
Was keineswegs bedeuten muss, die Vielfalt in eine Einfalt einebnen zu müssen. Im Gegenteil: Die Herausforderung besteht darin, Vielfalt zu erhalten, gleichzeitig aber gemeinsame Teamstrukturen, Strategien und Geschäftsmodelle zu fördern. Womit wir bei einem Kernpunkt europäischen Denkens angekommen sind: Die Vernetzung der Vielfalt zu einem Ganzen. Ohne Hierarchien. Ohne Dominanz von oben. Oder wie es Paul Lacroix im 19. Jahrhundert geschrieben hat: "Die Einigung Europas gleicht dem Versuch, ein Omelett zu backen, ohne Eier zu zerschlagen." Damals war dies in der kleinstaatlichen Engstirnigkeit unmöglich, heute wird es im Zeitalter der Netzökonomie bald Wirklichkeit sein!
Europa muss sich hierfür von seinem hierarchischen Denken verabschieden und ein fließendes Netzwerk werden. Warum? Nun, weil Netze sich fundamental von starren Hierarchien unterscheiden. Der Publizist Michael Gleich schreibt: "Netze verbinden vielfältigste Knoten zu einem einheitlichen Ganzen, balancieren Chaos und Ordnung aus, organisieren Win-Win-Beziehungen, und vor allem halten sie Attacken von außen stand: Sie reißen nicht, sondern federn Störungen elegant ab - vorausgesetzt, sie sind richtig verknüpft." Richtig, darauf kommt es an. Jeder Knoten ist eigenständig, aber nur im Gesamtsystem überlebensfähig. Der cleverste Netzwerker, den wir kennen und der genauso tickt, ist die Erde selbst. Seit 3,5 Milliarden Jahren federn seine Knoten und Stränge gewaltige Belastungen und katastrophale Einschnitte ab, ohne dass die Gesamtentwicklung je unterbrochen worden wäre.
Europa als Netzwerk entdeckt gerade seine multilaterale Intelligenz. Was wiederum voraussetzt, dass es erst einmal eine ganz neue Welt entdecken muss: nämlich Europa. Und zwar auf allen Ebenen. Nehmen wir beispielsweise die Unternehmen. Sie müssen sich in dieser Netzlogik deutlich mehr europäisch aufstellen und reorganisieren. Zum Beispiel die Headquarters mit Menschen aus allen Knoten und Ländern besetzen. Oder ihre Kommunikation und ihr Marketing europäisieren, ausdehnen und erweitern. Aber nicht zu weit. Denn auf der großen Spielfläche der Globalisierung sollten wir uns zunächst auf den Heimatmarkt Europa fokussieren. Hier spielt die Musik, die uns auch morgen Wohlstand und Freiheit sichern wird. Nur wenige wissen, dass heute der überwiegende Teil der Produkte und Dienstleistungen und die Erlöse daraus innerhalb Europas verbleiben. So schreibt die Enquêtekommission "Globalisierung der Weltwirtschaft" in ihrem Abschlussbericht: "Europa wickelt mehr als zwei Drittel seiner Exporte intraregional ab." Der Rest der Welt übrigens auch. Nur Asien und die USA sind ökonomisch nennenswert verflochten. Und man erwartet künftig sogar ein noch stärkeres kontinentales Wirtschaftsintranet.
Deshalb kann die Devise nur lauten: Wir müssen uns auf das neue Netzwerkunternehmen Europa konzentrieren. Die Folge: Das Management von Einheit und Vielfalt ist eine kommunikative Herausforderung für alle Beratungsunternehmen. Vor allem, wenn sie am neuen europäischen Marktspiel teilnehmen wollen. Wir haben uns deshalb entschieden: Wir werden unsere Geschäftsprozesse von Anfang an konsequent europäisch denken. Das heißt: mit multinationalen, europäischen Teams, die dafür sorgen, dass Ideen, Strategien, Pläne, Entscheidungen und Innovationen von vorneherein europäisch kontextualisiert werden. Wir müssen damit aufhören, dass Deutsche nur Deutsche beraten oder dass Engländer nur die Strategie von englischen Unternehmen erklären können.
Pleon ist die klare Antwort auf dieses Europa im Aufbruch. Es vereint die multilaterale Intelligenz verschiedener kultureller und mentaler Knoten. Ohne Hierarchie. Ohne Dominanz von oben. In seiner föderalen Unternehmenskultur wird echte und nicht nur vorgetäuschte Europakompetenz sichtbar. Wir sind uns darüber bewusst, dass der Weg Europas im Ausbalancieren unterschiedlicher Interessen und Sichtweisen besteht. Über 680 Mitarbeiter in 23 eigenen und 21 angegliederten Bürostandorten werden in 27 Ländern künftig jeden Tag beweisen, wie ein modernes Business-Europa tickt. Und einen Beitrag leisten, damit Europa einen Sitzplatz im Herzen der Bürger erhält und nicht länger als Synonym für Brüsseler Bürokratie herhalten muss.
Europäisch denken heißt herkömmliche Grenzen überwinden. Vor allem im unternehmerischen Denken. Pleon arbeitet deshalb erstens betriebswirtschaftlich und analytisch im Sinne einer Unternehmensberatung. Zweitens politisch im Sinne des Findens mehrheitsfähiger und durchsetzbarer Positionen. Und drittens kommunikativ und journalistisch im Sinne einer kritischen und innovativen Erörterung der dazugehörigen Inhalte. Auch das ist Teil einer multilateralen Intelligenz, die gleichzeitig Grenzen überwindet und Autonomie fördert.
changeX 05.10.2004. Alle Rechte vorbehalten, all rights reserved.
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