Alle Macht dem Kunden
Von CRM zu CMR - das neue Buch von Frederick Newell.
Ja, tatsächlich. Kunden sind mehr als verkörperte Transaktionen, deren einzige Funktion darin besteht, eifrig zu konsumieren. Sie wissen es zu schätzen, wenn man sie wie Menschen behandelt und darüber nachdenkt, ihnen das Leben leichter zu machen. Und sie legen großen Wert darauf, die Kontrolle über ihre Daten zu behalten. Ein Buch mit viel gesundem Menschenverstand, das jeder Manager lesen sollte.
Dabei ist der Grundgedanke, den Umgang mit den Kunden zu verbessern und die Kundenbeziehung (auch mit Hilfe von ausgefeilten Software-Lösungen) zukünftig professioneller handhaben zu können, gar nicht mal so falsch. Er ist nur, wie Newell einwendet, ziemlich anmaßend. Und wie sich herausgestellt hat, funktioniert er nicht einmal besonders gut. Die Kunden möchten nicht das Gefühl haben, die Beute im Visier der Unternehmen zu sein - doch genau das ist der Fall. Wie besessen sammeln Unternehmen Kundendaten, oft mit Hilfe von Treueprogrammen, aber der Service ist dadurch nicht wesentlich individueller geworden. Wird ein Kunde durch irrelevante Angebote genervt, obwohl das Unternehmen seine Vorlieben eigentlich kennen müsste, ist er besonders enttäuscht. Und trägt sein Geld in Zukunft woanders hin. "Die Ära des vom Unternehmen gesteuerten Kundenmanagements ist vorbei", verkündet Newell daher mit der Gewissheit eines alttestamentarischen Propheten. Sein Vorschlag ist CMR, also Customer Managed Relationships. "CMR gibt den Verbrauchern die nötigen Mittel und Werkzeuge, um den Unternehmen mitteilen zu können, wofür sie sich interessieren und was ihnen wichtig ist." Die Macht liegt beim Kunden.
Ja, tatsächlich: Kunden sind Menschen.
Newells Argumentation ist sehr
sympathisch. Viele Beispiele, die er aus seinen eigenen
Erfahrungen als Kunde erzählt, entlocken dem Leser ein freudiges
"Ja, genau!" Beim Lesen stellt sich das beruhigende Gefühl ein,
dass sich hier jemand als Anwalt des Kunden versteht.
Unmissverständlich erinnert Newell locker über "Share of Wallet"
und Umsatz plaudernde Manager immer wieder daran, dass Kunden
keine Konsummaschinen oder Transaktionen sind, sondern Menschen.
Die wie Menschen behandelt werden wollen. Das Ziel ist eine
Beziehung zwischen Kunde und Unternehmen - deshalb muss CRM mehr
sein als nur eine Technologie. Erst gilt es, einen Weg in ihren
Kopf und ihr Herz zu finden. "Mit den meisten CRM-Projekten
verfolgen die Betriebe letztlich das Ziel, sich selbst das Leben
einfacher zu machen. Aber beim CRM geht es darum, dem
Kunden das Leben einfacher zu machen", ist Newells
Kernsatz. Also nicht einfach nach dem Motto "Je mehr, desto
besser" Daten sammeln, sondern gezielter herausfinden, welche
Bedürfnisse der Kunde hat und wie man ihn wirklich unterstützen
kann.
Aber auch kleine Gesten helfen. Beispiel: Als er beim Kauf
eines neuen Lexus, für den er seinen alten in Zahlung gegeben
hatte, entdeckte, dass der Werkstattmitarbeiter sich die
eingestellten Radiosender des alten Wagens notiert und diese
Sender gleich im neuen programmiert hatte, war er begeistert.
Mitdenken lohnt sich eben!
Bloß nicht nerven!
Der Rest des Buches besteht aus
vielen Hinweisen, wie man diese Strategie umsetzt. Wie man zum
Beispiel seine Einstellungen zum Thema Kundenbeziehung überprüft.
Wie man richtig personalisiert. Wie man den Wert eines Kunden
beurteilt. Welche neue Rolle Bonus- und Treuekarten spielen
könnten. Oder wie man E-Mail-Marketing betreibt, das vom
Empfänger nicht als Spam empfunden wird. "Machen Sie es jenen,
die sich für Ihre Botschaft nicht interessieren, leicht, sich
abzumelden. Konzentrieren Sie sich lieber mit voller Kraft auf
jene, die sich freuen, von Ihnen zu hören!", empfiehlt er - was
man aus Sicht des Verbrauchers dreimal unterstreichen kann.
Wichtig sind auch seine Hinweise, wie man mit den Kunden in einen
Dialog treten kann. Denn bisher wird, so Newells Argument,
zwischen Kunde und Unternehmen kein sinnvoller Dialog geführt,
oder die vom Kunden genannten Informationen werden nicht sinnvoll
genutzt.
Sehr wichtige Teile des Buches beschäftigen sich mit
Datenschutz, denn wie sich gezeigt hat, stehen
Datenschutzbedenken hoch oben auf der Sorgenliste der
Verbraucher. Manche Firmen haben schon darauf reagiert, IBM hat
beispielsweise einen "Chief Privacy Officer" ernannt. Zwar hat
sich der Datenschutz im Netz und der Umgang mit Kundendaten schon
verbessert, doch noch immer haben viele Unternehmen den Eindruck,
die Daten, die sie über ihre Kunden gesammelt haben, gehörten
ihnen. Ganz falsch! Newells Ziel ist nichts weniger als ein
Kulturwandel: "Sind Sie darauf vorbereitet, Ihren Kunden die
Macht über die Informationen zu geben?"
Auch das ist sehr sympathisch und vernünftig. Nur beim
Thema Mobile Messaging und Mobile Commerce gerät er arg ins
Schwärmen und blendet die negativen Seiten etwas zu sehr aus.
Dabei ist leicht vorstellbar, dass es Kunden innerhalb von kurzer
Zeit nervt, wenn sie jede Menge Informationen und Werbung aufs
Handy geschoben bekommen. Spam auf unserem treuen elektronischen
Dauerbegleiter lässt sich noch schwerer ausweichen als Spam im
Internet.
Nina Hesse ist freie Mitarbeiterin von changeX.
Frederick Newell:
Von CRM zu CMR.
Lassen Sie den Kunden die Beziehung
bestimmen. Customer Managed Relationship,
Campus Verlag, Frankfurt/New York 2004,
275 Seiten, 39.90 Euro,
ISBN 3-593-37421-8
www.campus.de
© changeX Partnerforum [08.09.2004] Alle Rechte vorbehalten, all rights reserved.
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Frederick Newell: Von CRM zu CMR. . Lassen Sie den Kunden die Beziehung bestimmen. Customer Managed Relationship. . Campus Verlag, Frankfurt/New York 1900, 275 Seiten, ISBN 3-593-37421-8
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