Gesünder leben mit Chips
Innovative Entwicklungen von Infineon könnten die Medizin revolutionieren.
Um das gigantische, ständig wachsende Wissenspotenzial der Genomforschung auszuschöpfen, bilden sich derzeit überall auf der Welt neue Allianzen aus akademischen Instituten, Pharma- und Hightech-Unternehmen. Auch Infineon hat frühzeitig die Weichen gestellt und ist bei diesem Trend ganz vorne dabei: Zu den aktuellen Forschungsprojekten gehören Chips, auf denen komplette Minilabors untergebracht sind, technische Schnittstellen zu lebenden Nervenzellen und intelligente Textilien, die die Körperfunktionen ihrer Träger überwachen oder bei Rettungseinsätzen helfen.
Schon vor ein paar Jahren hatte ihr Hausarzt Maria Z. zu einer Darmspiegelung geraten. "Wer die 50 überschritten hat, dem empfehle ich diese Vorsorgeuntersuchung", hatte er damals gesagt. Zu Maria Z.s Schrecken fand der Gastroenterologe, der Spezialist für den Magen-Darm-Trakt, einige kleine Polypen in ihrem Dickdarm. Doch als die entnommenen Gewebeproben in einem Labor mit einem Biochip getestet wurden, der für Darmkrebs relevante Gensequenzen enthält, erwiesen sich die Polypen als harmlose Wucherungen der Darmschleimhaut, die aber eine Vorstufe von Krebs sein können und daher entfernt werden sollten. Nachdem er die mit Hilfe des Biochips erstellte Diagnose auf dem Tisch hatte, konnte der Arzt Frau Z. beruhigen: "Sie haben Glück gehabt!"
Labors - kleiner als ein Fingernagel.
Biochips sind gewissermaßen
Minilaboratorien, bestückt mit einer riesigen Zahl winziger
biologischer Proben. Systematisch auf der Oberfläche des Chips
angeordnet, lässt sich jeder einzelne, fest fixierte Probenspot
wiederfinden. Die verschiedenen auf dem Chip befindlichen Spots
repräsentieren, vereinfacht gesagt, jeweils bestimmte Gene, die
für eine Krankheit relevant sind. Wird von Patienten entnommenes
Testmaterial auf einen solchen Biochip aufgetragen, kommt es nur
an den Punkten zu erkennbaren Reaktionen, an denen die
definierten Proben des Chips und die Patientenprobe in ihrer
Gensequenz zusammenpassen. Auf Grund einer integrierten
Farbmarkierung leuchtet der Biochip jeweils an den Stellen einer
solchen Reaktion auf. Die farbigen Punkte ergeben ein
Spot-Muster, das optisch erfasst werden kann. Kennt man also die
Gene, die an Krankheitsprozessen beteiligt sind, kann man
entsprechend präparierte Biochips, wie im Fall von Maria Z., für
die medizinische Diagnostik einsetzen. Als krankheitsrelevant
bekannte Gensequenzen zeigen aber auch die möglichen
Angriffspunkte im Körper auf, an denen neue Wirkstoffe von
Medikamenten ansetzen können. Das ist ein hochinteressanter
Aspekt für die Pharmaindustrie.
Die Entwicklung neuer Pharmaka ist langwierig und
kostenintensiv. Bis ein Medikament auf dem Markt zugelassen ist,
vergehen im Durchschnitt zehn Jahre, in denen an die 500
Millionen Euro ausgegeben werden. Folglich sind Innovationen
gefragt, die bei der Suche nach neuen Arzneien Zeit und Kosten
sparen. "Da auf einem einzigen Biochip eine große Anzahl von
Tests parallel ablaufen kann, wird in den Laboratorien der
pharmazeutischen Industrie neuerdings verstärkt auf Biochips
gesetzt", erklärt Hans-Christian Hanke, Leiter von Infineon
Bioscience. Die Sucharbeit läuft wie am Fließband ab und ist
weitgehend automatisiert.
Gegen Risiken und Nebenwirkungen.
Um das gigantische, ständig
wachsende Wissenspotenzial der Genomforschung auszuschöpfen,
bilden sich derzeit überall auf der Welt neue Allianzen aus
akademischen Instituten, Pharma- und Hightech-Unternehmen.
Infineon hat hier beizeiten die Weichen gestellt. Zusätzlich zu
schon laufenden Projekten wurde vor zwei Jahren unter dem Namen
Infineon Bioscience ein interdisziplinäres Expertenteam auf die
Beine gestellt. Es entwickelt gemeinsam mit kompetenten Partnern
neuartige Biochips für das Pharma-Screening. Das
US-Biotech-Unternehmen Metri-Genix bearbeitet die biologischen
und medizinischen Fragestellungen. Infineon kümmert sich um alle
Chip-Aspekte von der Entwicklung bis zur Produktion.
"Die Biochips können die Pharmakologie revolutionieren",
betont Hans-Christian Hanke, "denn diese beschleunigen nicht nur
das Wirkstoff-Screening, sie erhöhen auch die Zielgenauigkeit der
Suche." Das ist wichtig. Medikamente wirken nämlich durchaus
nicht bei allen Patienten gleich. Hinter
Medikamentenunverträglichkeiten stecken nicht selten
Genvarianten; mancher der Betroffenen kann beispielsweise einen
Wirkstoff - im Vergleich zum Durchschnittspatienten - nur
verzögert abbauen. Bei normaler Dosierung akkumuliert sich bei
ihm die Arznei mit der Zeit zu einer Überdosis. Biochips, mit
denen sich die Verträglichkeit von Arzneimitteln vorhersagen
lassen, sollen nun solche Komplikationen künftig vermeiden
helfen. Bis der Übergang von der "Pille für alle" zur
individuellen Medizin vollzogen ist, werden aber noch etliche
Jahre ins Land gehen.
Das Biochip-Trio von Infineon.
Wer den Trend verschläft, den
bestraft der Markt - das gilt vor allem für potenzielle Anwender
der Biochips, wie die Pharmaindustrie. Für die Hersteller von
Biochips werden attraktive Wachstumsraten vorhergesagt. Im Jahr
2002 betrug der Umsatz in diesem Bereich bereits 600 Millionen
Euro, Analysten erwarten jährliche Steigerungsraten um die 30
Prozent. Um hier in Zukunft eine gewichtige Rolle zu spielen,
setzt Infineon mit drei verschiedenen Biochip-Projekten auf eine
langfristig angelegte Produktstrategie.
Der Flow Thru Chip steht bereits unmittelbar vor seiner
Markteinführung. Noch in diesem Jahr wird er als Werkzeug für die
Entwicklung neuer pharmazeutischer Substanzen zur Verfügung
stehen. Mit den "klassischen" elektronischen Mikrochips hat er
gemein, dass sein Substrat aus Silizium besteht. "Diese neue
Biochip-Generation hat als Reaktionsraum eine Vielzahl feinster
Mikrokanäle, durch die Testlösungen hin- und hergepumpt werden
können, daher der Name Flow Thru", erklärt Michaela Fritz,
Product Manager bei Infineon Bioscience.
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Freunde der Science-Fiction mögen an "Robo-Cops" denken, wenn vom Neurochip geredet wird. Dieser Chip-Winzling, ein weiteres Infineon-Forschungsprojekt, beherbergt auf einem Quadratmillimeter rund 16.400 Sensoren. An jeden einzelnen dieser Sensoren ist eine empfindliche elektronische Schaltung gekoppelt, mit der sich die extrem schwachen Signale von lebenden Nervenzellen aufnehmen und verstärken lassen. Der Neurochip ist dafür gedacht, mehr Licht in die Funktion von Nervenzellen und ganzer neuronaler Netze zu bringen. Davon versprechen sich Neurobiologen völlig neue Einblicke in Lernvorgänge und Gedächtnisleistungen. Später soll diese Technologie bei der Entwicklung neuer Arzneistoffe eingesetzt werden. Infineons Projektpartner auf der Seite der Biologie ist Peter Fromherz, Direktor des Max-Planck-Instituts für Biochemie in Martinsried. Fromherz führte mit seiner Arbeitsgruppe und Mitarbeitern von Infineon Corporate Research bereits erfolgreich erste Versuche mit dem Neurochip durch.
Versponnene Hightech.
Ernst B. hat es eilig. Nach einem
anstrengenden Tag in der Firma sitzt er genervt in seinem Wagen.
Nur vorwärts, schnell nach Hause, ist sein einziger Gedanke.
Deshalb drückt er aufs Gas, auch noch, als die Ampel schon auf
Rot umschaltet. Bremsen quietschen, ein hässlicher dumpfer Knall
- Black-out. Als Herr B. wieder zu Bewusstsein kommt, ist ein
Mann über ihn gebeugt, erteilt Anweisungen, während er Herrn B.
abtastet. Er ist der Notarzt in einer futuristischen Technojacke.
Während seine Hände das Unfallopfer untersuchen, teilt der
Mediziner über ein in seinem Anzug integriertes Mikrofon seine
Diagnose direkt der Rettungsleitstelle mit. Die kümmert sich
sofort um eine Klinik und informiert dort die Notaufnahme. Das
ist ein enormer Zeitgewinn, der Ernst B. das Leben retten kann.
Dieses Szenario entspringt nicht mehr der reinen Phantasie.
Notärzte der Rettungsleitstelle Regensburg sind bei ihren
Einsätzen bereits in intelligenter Kleidung unterwegs. In die
Hightech-Bekleidung sind Elemente wie Touchscreen, Minicomputer
und Digicam integriert. Aus dem Kragen ragt ein Mikrofon, über
das der Mediziner kommunizieren kann, damit er beide Hände frei
hat.
Noch tragen vornehmlich Ärzte und andere Spezialisten
solche "Wearales", Kombinationen aus Elektronik und Textilien. In
wenigen Jahren aber könnten Hightech-Klamotten zu unserem Alltag
gehören. Unter Namen wie "Smart Wear" wird tragbare Sicherheit
bei Kranken und älteren Menschen dazu dienen, wichtige
Lebensfunktionen zu überwachen. "Wir können uns vorstellen,
beispielsweise Sensoren für die Herztätigkeit und die Atmung
direkt in die Kleidung zu integrieren und die Daten dann drahtlos
an eine Zentraleinheit zu übermitteln", erläutert Stefan Jung,
Senior Project Manager des Projekts Wearable Technology Solutions
bei Infineon. Infineon hat für die Integration von
Mikroelektronik in Textilien bereits Prototypen für
Alltagskleidung vorgestellt. Entwickelt wurde dafür ein
Thermogeneratorchip, der Körperwärme in elektrische Energie
umwandeln kann. Dadurch könnten beispielsweise kleine, in die
Kleidung integrierte Sensoren ihre Energie gewinnen.
Alles auf eine Karte gesetzt.
Nicht nur die Übermittlung von
Sensoren-Daten soll in Zukunft besser funktionieren. Nach dem
Willen der Bundesgesundheitsministerin und einiger
Spitzenverbände soll die elektronische "Health Professional Card"
zu Beginn des Jahres 2005 eingeführt werden. Eine solche Karte
könnte es zugriffsbefugten Ärzten und Apothekern ermöglichen, auf
einen Blick zu erkennen, welche Untersuchungen und Behandlungen
bereits abgeschlossen wurden oder gerade laufen.
Der Weg ins digitale Gesundheitswesen wird noch viele Jahre
in Anspruch nehmen und nicht in dieser Dekade abgeschlossen
werden: Die Gesundheitskarte ermöglicht dabei grundsätzlich in
einem Krankenhaus oder einer Praxis den Zugriff auf die noch
lange existierende Mischwelt aus Papier, digitalisierten und
archivierten Dokumenten sowie digital erzeugten und
beispielsweise digital signierten Dokumenten. Ein wichtiger
Aspekt bei der mobilen Weitergabe von Informationen ist auch im
Gesundheitswesen die Sicherheit vor unbefugtem Zugriff. Für diese
Anforderung hat Guardeonic Solutions, eine hundertprozentige
Infineon-Tochter, die dazu notwendigen Module der digitalen
Signatur sowie Chips für das "Radio Frequency Identification
System" mit Partnerlösungen der digitalen und rechtssicheren
Archivierung und der Aktenverwaltung kombiniert. Um bei
drahtlosen Datentransfers "auf der sicheren Seite" zu sein, hat
die Infineon-Tochter spezielle Software-Lösungen entwickelt.
Damit lassen sich problemlos Datentransfers und
Authentifizierungen durchführen.
Zwerge mit riesigen Möglichkeiten.
Bei Infineon hat die Zukunft schon begonnen. Das Unternehmen entwickelt technische Elemente in Millimeter-Dimensionen, die als MEMS (MikroElektroMechanische Systeme) bezeichnet werden. Bald werden solche Elemente immer öfter auch in medizinischen Instrumenten, Prothesen, Implantaten und diagnostischen Hilfsmitteln Verwendung finden. Der Weg in den Bereich der Nanotechnologie ist bei Infineon vorgezeichnet. Irgendwann sollen aus Bausteinen wie den von Infineon entwickelten winzigen Kohlenstoffröhren ("Carbon Nanotubes") seriengefertigte winzige Sensoren entstehen, die beispielsweise in der Blutbahn patrouillieren und Infektionserreger aufspüren. "Oder wir bauen Miniroboter, die computergesteuert durch den Körper geschleust werden und dort defekte Gewebe und Zellen reparieren", sagt Wolfgang Hönlein, Leiter des Forschungsbereichs Nanoprozesse. Was heute noch wie ferne Zukunftsmusik klingt, wird dank der Hightech-Innovationen von Infineon immer wahrscheinlicher - im Dienst der Gesundheit.
Helmut Bruckner schreibt für Galaxy, das Unternehmensmagazin von Infineon, in dem dieser Artikel ebenfalls erschienen ist.
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