Der Schlüsselkunde ist König

Praxishandbuch Key-Account-Management - das neue Buch von Noel Capon.

Von Nina Hesse

Jedes Unternehmen hat große Kunden, die den Löwenanteil des Umsatzes bringen. Sie mit einem Key Account-Programm zu hegen und zu pflegen ist eine hohe Kunst - speziell in einer Zeit, in der die traditionellen Vertriebssysteme und -strategien durch Internet, Konzentrationsprozesse und die Globalisierung unter Druck geraten sind.

Es ist schon fast eine Binsenweisheit, dass Kunden zu den wichtigsten Vermögenswerten des Unternehmens gehören. Wohl bekannt ist den meisten Firmen auch, dass 20 Prozent der Kunden 80 Prozent der Umsätze erbringen und damit von entscheidender Bedeutung sind. Doch zur Zeit spüren die Unternehmen das besonders schmerzhaft. Die Key Accounts, also wichtigen Schlüsselkunden, die den meisten Umsatz erwirtschaften, wachsen dank der Konzentrationsprozesse in der Wirtschaft immer weiter, werden immer mächtiger und natürlich anspruchsvoller. Gleichzeitig reduzieren sie ihren Zuliefererstamm drastisch und erlauben nur noch den "besten", für ihr Unternehmen zu arbeiten. Folge: Der Wettbewerb um die sinkende Zahl der Großfirmen nimmt dramatische Formen an. Doch sich stattdessen auf das Heer an kleineren Kunden zu stützen ist riskant, die Belieferung vieler Unternehmen, die nur kleine Mengen bestellen, ist aufwendig und teuer. "Die Vertriebskosten sind in den letzten Jahren pro Kundenbesuch gestiegen, vor allem die Aufwendungen für kleine und mittelgroße Kunden", stellt Noel Capon fest.

Vertriebssystem unter Druck.


Der auf Key Account Management spezialisierte Professor für Wirtschaftswissenschaften an der Columbia-University in New York beschreibt in seinem neuen Buch anschaulich, unter was für einen enormen Druck das traditionelle Vertriebssystem geraten ist. Der intensive Wettbewerb macht es schwer, Kunden ans Unternehmen zu binden. Auch die Beschaffung hat sich verändert, nicht zuletzt durch das Internet. Immer häufiger wird die Beschaffung komplett elektronisch abgewickelt. Zwar nutzen nur wenige die mit hohen Erwartungen gestarteten Branchen- und B2B-Einkaufsportale, dafür veranstalten immer mehr wichtige Kunden Käufer-Auktionen à la eBay, nur unter umgekehrten Vorzeichen - Zulieferbetriebe unterbieten sich gegenseitig, um den Auftrag zu erhalten, und der Kunde braucht nur noch mit zufriedenem Lächeln die dramatisch fallenden Preise zu beobachten.
Doch Rückzugsgefechte sind nicht angebracht - Capon empfiehlt stattdessen, mit der Entwicklung von Key Account Management-Programmen als einer neuen Form unternehmerischen Lebens gegenzusteuern. Solche gezielten Programme sorgen dafür, dass der Kunde eine höhere Aufmerksamkeit bekommt, dass intensivere Beziehungen zu ihm aufgebaut werden. Persönliche Kontakte helfen, die immer fragilere Kundenbindung zu stabilisieren und eine für beide Seiten positive, enge Zusammenarbeit zu verwirklichen.

Vom Management zur Partnerschaft.


In seinem umfassenden Handbuch erläutert Capon, wie man solche Programme plant, umsetzt und erfolgreich betreibt. Dabei gilt es, einiges zu beachten: Oft behaupten Manager, ein Key Account-Programm unterstützen zu wollen, stellen aber die nötigen Ressourcen nicht bereit (da das gewöhnlich zu Lasten der anderen Kunden geht). "Ein großes KA-Engagement erfordert auch weitreichende organisatorische Veränderungen", gibt der Autor zu bedenken. Rollen und Verantwortungsbereiche müssen genau definiert werden, und der Key Account Manager muss gründlich ausgebildet werden. Denn, so Capon: "Die perspektivische Verlagerung von kurzfristigem, auf Transaktionen beruhendem Verkauf zur Entwicklung langfristiger Beziehungen erfordert eine intensive Weiterbildung."
Die vielen Fallbeispiele und Checklisten machen das Buch zu einem wertvollen Grundlagenwerk, das gleichzeitig gut in der Praxis einsetzbar ist. Capon leitet dazu an, die Bedürfnisse des Kunden zu analysieren, herauszufinden, wer auf Käuferseite die Entscheidungen beeinflusst, und aus dem Key Account Management eine Partnerschaft zu machen, die für beide Seiten ein Gewinn ist. Ebenfalls praktisch: Im Anhang seines Handbuchs stellt Capon wichtige Formulare zur Verfügung, zum Beispiel zur Berechnung der Kundenbetreuungskosten.

Herausforderung Global Account Management.


Wer das "gewöhnliche" Key Account Management gemeistert hat, der steht schon vor der nächsten Herausforderung. Denn die Globalisierung hat dazu geführt, dass viele große Kunden sich zu multinationalen Unternehmen gewandelt haben. "Multinationale Kunden brauchen Zulieferunternehmen, die selbst in den neuen geografischen Dimensionen zu Hause sind - es kann ein wichtiger Wettbewerbsvorteil sein, wenn die Kunden sicher sein können, dass ihre Probleme weltweit schnell gelöst werden", erklärt Capon. Eine nationale Account-Strategie, die sich auf einen brasilianischen Kunden richtet, geht voll am Ziel vorbei, wenn dieser Kunde gerade dabei ist, eine Strategie für ganz Lateinamerika zu entwickeln. Damit so etwas nicht passiert, gibt Capon Hilfestellung beim Aufbau eines Global Key Account Managements. Die man in Anspruch nehmen sollte - denn wem es nicht gelingt, selbst multinational zu agieren, der riskiert, den Schlüsselkunden auch auf dem heimischen Markt zu verlieren.

Noel Capon:
Praxishandbuch Key-Account-Management.
Grundlagen und Instrumente zur
Betreuung der wichtigsten Kunden,
Campus Verlag, Frankfurt/New York 2003,
520 Seiten, 89 Euro,
ISBN 3-593-37214-2
www.campus.de

Nina Hesse ist freie Mitarbeiterin von changeX.

© changeX Partnerforum [05.08.2003] Alle Rechte vorbehalten, all rights reserved.


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: Praxishandbuch Key-Account-Management. . Grundlagen und Instrumente zur Betreuung der wichtigsten Kunden. . Campus Verlag, Frankfurt/New York 1900, 520 Seiten, ISBN 3-593-37214-2

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