Intelligenz am laufenden Meter

Forscher der Infineon Technologies AG haben einen Weg gefunden, Chips in großflächige Textilien wie Teppichböden oder Zeltdächer einzubauen.

Von Nina Hesse

Schon in wenigen Jahren könnte unsere Umgebung anfangen, mitzudenken. Intelligente Teppiche, die jede Bewegung "spüren", und Chips in tragenden Mauern, die Risse oder Beschädigungen melden, sind in greifbare Nähe gerückt. Da sie mit Hilfe eines selbstorganisierenden Netzwerks funktionieren, "überleben" die intelligenten Materialien Beschädigungen.

Stellen Sie sich vor, Sie betreiben einen Laden für Computerzubehör. Eines Tages bricht jemand bei Ihnen ein. Ein Profi, der die Alarmanlage an der Tür ohne Probleme außer Gefecht gesetzt hat. Draußen parkt schon der Laster, um teure Hightech aus Ihrem Laden abzutransportieren. Doch diesmal hat sich der Einbrecher verkalkuliert. Denn in Ihren Räumen kann er keinen Schritt machen, ohne dass er bemerkt wird - der intelligente Teppich hat schon Alarm geschlagen. Innerhalb von Minuten ist die Polizei vor Ort.
Noch ist das eine Zukunftsvision. Aber keine Zauberei. Erste Prototypen des schlauen Teppichs hat Infineon vor kurzem der Öffentlichkeit vorgestellt. In Stoffe eingewoben, wacht ein sich selbst organisierendes Netzwerk aus robusten Chips bei Bedarf über Temperatur, Druck oder Vibrationen. Der "intelligente" Stoff könnte zum Beispiel als Bewegungs- oder Feuermelder eingesetzt werden oder Alarm- und Klimaanlagen steuern. Neben den Sensorfunktionen dient der Stoff über eingewobene winzige Leuchtdioden auch als Wegweiser oder Werbeträger. "Durch die kleinen Lichter kann der Fußboden aber auch zum Leitsystem werden, um etwa Besucherströme in öffentlichen Gebäuden zu steuern oder bei einer Gefahrensituation auf Notausgänge hinzuweisen", meint Reiner Schönrock, Pressesprecher von Infineon. In nur zwei Jahren soll die Erfindung einsatzreif sein: Infineon will das Konzept mit Kooperationspartnern aus der Textilindustrie zu funktionsfähigen und großflächigen "intelligenten" Geweben weiterentwickeln.

Selbstorganisierend und fehlertolerant.


Die Mikroelektronikmodule des ungewöhnlichen Bodenbelags sind schachbrettartig in die textile Struktur integriert. Jeder Chip ist mit seinen vier angrenzenden "Nachbarn" durch elektrisch leitfähige Fäden verbunden (die gleichzeitig als Sensoren fungieren), so dass ein Netzwerk für den Informationsfluss entsteht. Die Informationen werden von einem Chip zum nächsten weitergegeben und können über eine Datenschnittstelle an verschiedene Systeme wie Brandmelder, Alarm- oder Klimaanlagen übertragen werden: So kann ein "intelligenter" Teppichboden melden, wo sich eine Person in einem Raum aufhält oder in welche Richtung sie geht. Für solche Anwendungen reicht ein Chip pro Quadratmeter.
Aber was ist, wenn der Stoff oder Teppich zugeschnitten werden muss? Gar nichts. Der Teppich funktioniert weiter, auch wenn ein paar seiner Schaltkreise beim Zuschneiden den Geist aufgeben. "Jeder Chip stellt in Bruchteilen von Sekunden nach der Inbetriebnahme seine Position innerhalb des Netzwerkes selbst fest", erklärt Schönrock. "Fällt ein Chip oder ein Leitfaden aus, so erkennt das Netzwerk diese Schwachstelle automatisch und organisiert sich blitzschnell selbst neu. Es findet innerhalb des Gesamtsystems über die benachbarten Chips einen neuen Weg, um den Informationsfluss aufrechtzuerhalten." So entsteht ein selbstorganisierendes Netzwerk, das sogar fehlertolerant ist. Damit kann der "intelligente" Teppichboden ohne Beschädigung der elektronischen Netzwerkfunktion auf nahezu beliebige Formen und Flächen zugeschnitten werden. Die Abstände der Chips zueinander lassen sich beliebig wählen, doch je dichter sie in die Textilstruktur eingewoben sind, desto genauer arbeiten sie.

Nie wieder Einsturzgefahr.


Die neue Grundlagen-Technologie kann auch bei der Herstellung von Zeppelinen, Ballonhüllen und Zeltplanen eingesetzt werden. Da freut sich die Werbeindustrie: Einzeln steuerbare Leuchtdioden in Ballonhüllen, Fahnen und Zeltwänden machen diese Flächen zu neuen potenziellen Werbeträgern. Aber auch Behördenhinweise lassen sich einblenden. Noch wesentlich wichtiger könnte die Anwendung des Infineon-Konzepts im Baugewerbe sein. Die wasser- und hitzebeständigen Chips können als Sensoren in verschiedene tragende Bauelemente, wie Säulen oder Wände, integriert werden. So manche Katastrophe hätte sich verhindern lassen, wenn Bauschäden rechtzeitig erkannt worden wären. Mit den neuen Chips ist das möglich: Sie können Informationen über den Zustand und die Belastung von Materialien sammeln und erlauben so die Früherkennung von fehlerhaften Stellen, Brüchen oder Rissen in Baustoffen oder Geweben. "Dies erhöht die Sicherheit, da Mängel nicht erst bei individuell veranlassten Einzelüberprüfungen erkannt werden können", erklärt Reiner Schönrock. "Die Auswertung der Informationen erfolgt über spezielle Software."
Chips in den Wänden, intelligente Teppichböden ... kein Zweifel, in Zukunft denkt die Umgebung mit.

Nina Hesse ist freie Mitarbeiterin von changeX.

www.infineon.de

© changeX Partnerforum [11.06.2003] Alle Rechte vorbehalten, all rights reserved.

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