Selbstbedienung im Reich der Bücher
300.000 Funkchips ebnen in Wien den Weg zur Bibliothek der Zukunft.
Mit dem Schlangestehen an der Ausleihe von Bibliotheken ist es bald vorbei - in Zukunft checkt man Bücher an SB-Terminals aus und ein. Unauffällig nimmt die Technik den Mitarbeitern viel Verwaltungsarbeit ab.
Jeder kennt es, jeder hasst es. Am Schalter von Banken, Post und Bahn, an der Kasse des Supermarkts und in Bibliotheken - überall heißt es Schlange stehen. Und wer Pech hat, der erwischt einen Vordermann, der richtig viel zu erledigen hat. Dann werden die Gesichter immer länger und der Neid auf Schlangen, die sich rascher voranbewegen, immer größer.
In Zukunft Selbstbedienung.
Zumindest in Bibliotheken - in
denen zur Zeit bis zu 3.500 Besucher täglich an Ausleihe und
Rückgabe warten müssen - könnte das Ärgernis bald ein Ende haben.
In der neuen multimedialen Hauptbücherei in Wien kann man schon
jetzt ausprobieren, was vielleicht schon in ein paar Jahren
Standard sein wird - ein anwenderfreundliches
Selbstbedienungssystem. 240.000 Bücher sowie 60.000 CDs und DVDs
aus dem Bestand der neuen Wiener Hauptbücherei sind inzwischen
mit Funkchips zur Datenübertragung, so genannten RFID-Chips
(Radio Frequency Identification), ausgestattet. "Im neu
eröffneten Bibliotheksgebäude können die Besucher ihre Medien
damit selbstständig und ohne lange Warteschlangen am Schalter
ausleihen", berichtet Pressesprecher Reiner Schönröck stolz.
Verwirklicht hat diese Komplettlösung der Chiphersteller
Infineon Technologies gemeinsam mit dem Partner ekz, dem
Bibliotheksausstatter aus Reutlingen, und dem Schweizer Partner
Bibliotheca Library Systems AG, einem weltweit tätigen, auf
Bibliotheken spezialisierten Systemintegrator. Bibliotheca
vertreibt das Bibliothekssystem weltweit. Neben Wien haben
Bibliotheca und Infineon bereits Bibliotheken in der Schweiz, in
Belgien und Deutschland ausgestattet. "Mit sehr positiver
Resonanz", so Schönröck. "Deshalb sollen in Deutschland schon
bald weitere Projekte realisiert werden - Bibliotheken in
Stuttgart, Kronberg, Bonn, Bad Homburg und Mittweida sollen noch
in diesem Jahr umgestellt werden."
Ausleihe und Rückgabe superschnell.
Der erste Schritt zur Selbstbedienungsbibliothek ist in Wien bereits vollzogen: Für die Kunden gibt es vier Terminals, so genannte EasyChecks. Will man ein Buch ausleihen, legt man die ausgewählten Bücher auf den Arbeitsplatz und gibt seinen Bibliotheksausweis in den Schlitz des Lesegeräts ein, ähnlich wie bei Geldautomaten. Über eine Funkverbindung mit dem in den Tisch integrierten System werden die Inhalte der Chips eingelesen und wird die Ausleihe verbucht. Egal, wie viel Bücher man auf den Tisch legt, sie werden alle gleichzeitig erfasst, man muss nicht jedes Etikett einzeln auslesen lassen. Außerdem kann man über das Terminal seinen Kontostand prüfen und nachsehen, ob man noch ein Buch zurückgeben muss. "Ab Ende 2003 wird es auch möglich sein, an einem solchen SB-Terminal Bücher zurückzugeben - dann müsste man sich dafür nicht mehr zu den offiziellen Öffnungszeiten in der Bibliothek einfinden", kündigt Reiner Schönröck an.
Zwei A4-Seiten Text.
Auf einen RFID-Chip passt eine
Menge Informationen, weit mehr, als es mit Barcodes je erreichbar
wäre. Er hat bis zu zehn Kilobit verfügbaren Speicher, das
entspricht etwa zwei DIN-A4-Seiten einfachem Text. In Wien
speichern die Funkchips Angaben wie Exemplarnummer, Autor,
Bibliothekskennung, Standort in der Bibliothek, Systematikgruppe,
letzter Entleiher, Status (ausgeliehen oder nicht) und die
Information über Vollständigkeit bei Medienpaketen (bei
mehrbändigen Büchern oder mehrteiligen CDs). Praktisch:
RFID-Chips können wieder beschrieben werden, wodurch Daten
ausgetauscht oder automatisch aktualisiert werden können. Das
funktioniert selbst dann, wenn der Chip nicht sichtbar ist.
Der Speicher selbst kann für verschiedene Anwender in
mehrere Sektoren aufgeteilt werden, nur berechtigte Personen
haben dann auf diese gesonderten Bereiche Schreib- oder
Lesezugriff. Spezielle Verschlüsselungsverfahren verhindern den
unberechtigten Zugriff auf die gesicherten Daten.
Diebe haben keine Chance.
Für die Bibliothekarinnen bedeutet
das Selbstbedienungssystem einige lästige Routinearbeiten
weniger. "Die im Hintergrund wirkende Technologie übernimmt die
Routine des Verleihens und Verwaltens der Medien, während die
Mitarbeiter mehr Zeit für ihre Hauptaufgabe der Beratung des
Lesers finden", sagt Schönröck.
Schneller geht auch das Aufnehmen neu gekaufter Medien in
den Bibliotheksbestand. Anstatt zweier Informationsträger,
nämlich dem Barcode für die Verbuchung und dem
elektromagnetischen Sicherungsstreifen für die
Diebstahlssicherung, wird nur der Funkchip mit den Daten
beschrieben. Äußerlich ist das Bücher-Etikett, das neben dem
Barcode angebracht wird, eher unauffällig: Seine
Kunststoff-Oberfläche, die wenig größer ist als eine Kreditkarte,
enthält unsichtbar Chip und Antenne. Doch die eingebaute
Sicherheitsfunktion macht bei einem Diebstahlsversuch laut auf
sich aufmerksam: Geht man mit einem nicht ausgecheckten Buch
unter der Jacke durch die Schranke am Ausgang, ruft ein Signalton
das Personal herbei. So, wie man es schon aus Kaufhäusern
kennt.
Praktisch für Waren jeder Art.
Das Funkchip-Verfahren stellt überall dort eine kostengünstige Lösung dar, wo Tausende von Objekten schnell und zuverlässig identifiziert und verwaltet werden müssen, beziehungsweise deren Position mitverfolgt werden muss. Infineons "my-d"-Chip - das Herzstück des neuen Bibliothekssystems - kann aber auch in Ausweise, Eintrittskarten und Waren sowie Verpackungen jeder Art integriert werden. Für die Anwendung in Bibliotheken hat Infineon auf Basis des my-d ein Gesamtsystem entwickelt, das den Anforderungen der Bibliotheken entspricht. Hierbei ist wichtig, dass Etikett und Lesegerät reibungslos kommunizieren und die Anbindung an die Datenbank funktioniert. Neben der Auswahl der richtigen Hardwarekomponenten war deshalb besonders die eigens erstellte Software wichtig für den Erfolg des Systems.
Nina Hesse ist freie Mitarbeiterin von changeX.
www.infineon.com
www.campeon.de
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