Denken neu gedacht

Network Thinking - das neue Buch von Ulrich Weinberg
Rezension: Anna Katharina Fricke

Das Brockhaus-Denken ist tot, propagiert Ulrich Weinberg: das alte analoge Denken von A bis Z, unterteilt in Kategorien, Hierarchien und starre Ordnungen. Eine komplett neue Denkweise ist gefragt - es lebe das Network Thinking!

cv_weinberg_network_thinking_140.jpg

Steht bei Ihnen auch noch eine Sammlung Lexika von A bis Z? Und wann haben Sie zum letzten Mal ins Regal gegriffen und etwas nachgeschlagen? Wahrscheinlich ist das bereits ein Weilchen her, und es hat sich bereits eine ansehnliche Staubschicht auf den Büchern gebildet. Kein Wunder, denn heutzutage, in einer vernetzten, digitalisierten Welt, sind Informationen schnell veraltet. Google und Wikipedia halten uns auf dem Laufenden. In dieser sich so rasch ändernden Welt ist auch unsere alte Denkweise überholt und der neuen Welt schlicht nicht mehr gewachsen.  

Das beschreibt Weinberg in seinem Buch Network Thinking. Was kommt nach dem Brockhaus-Denken? sehr anschaulich. Dabei benutzt er den Begriff "Brockhaus-Modell" als eine Metapher für die Art und Weise, wie wir seit Jahrhunderten versuchen, unsere Wirklichkeit zu verstehen, zu organisieren, zu strukturieren, zu vermitteln. Das vertraute Denken eben. Doch Weinberg prophezeit, dass wer in Zeiten der Digitalisierung immer noch in Hierarchien, Fachgebieten und lexikalischen Kategorien denkt, den Anschluss bald verpasst haben wird. Das gilt für die gesamte Gesellschaft, für die Wirtschaft genauso wie für Bildung und Forschung. "Es gibt keinen Bereich, der von vernetztem Denken nicht profitieren könnte", meint Weinberg.


Von radikalen Wegbereitern und Umdenkern


Doch wie genau kann Network Thinking aussehen, wie und wo wird es schon gelebt? Das Buch nimmt uns mit auf eine Roadshow dorthin, wo vernetztes Denken schon die jeweiligen Handlungen bestimmt. Weinberg erzählt in jedem Kapitel von neuen Produkten, Organisationsmodellen, von radikalen Wegbereitern und Umdenkern und zeigt uns die innovativsten Orte und Menschen rund um den Erdball. Er führt uns in Chefetagen, Lehrerzimmer, Forschungslabore, Ministerien, Hochschulen und viele weitere Orte, an denen das Umdenken bereits begonnen hat.  

Zum Beispiel berichtet Weinberg, wie in der Automobilbranche die Neuorientierung begonnen hat. Denn hier, wie in vielen anderen Bereichen auch, hat die rastlose Optimierung eines Produktes an Zugkraft verloren. Vielmehr gilt es, in neue Richtungen zu denken. Man denke zum Beispiel an pilotierte Autos, die automatisch ihren Weg finden und in der richtigen Geschwindigkeit fahren, um Staus zu vermeiden, oder sich selbst ihren Parkplatz suchen. Doch solche Zukunftsvisionen erfordern Mut und Kreativität und nicht nur Ingenieurskunst. Für Weinberg steht fest: Fachwissen allein hilft heute nicht mehr weiter. Interdisziplinäres Teamwork ohne Hierarchien ist gefragt, um bahnbrechende Innovationen zu schaffen.


Teamwork statt Einzelkämpfertum


Dass der Weg vom linearen hin zum vernetzten Denken nicht leicht sein wird, daraus macht Weinberg keinen Hehl. Der Abschied von den alten Schemata fällt uns schwer, schließlich sind wir alle Kinder unseres Bildungssystems und in der gleichen Denktradition aufgewachsen. Das muss sich ändern.  

So fordert Weinberg, dass junge Menschen so ausgebildet werden müssen, dass sie vernetzt arbeiten können. Dafür müssen wir weg von bisherigen Bewertungssystemen von Einzelleistungen, die dazu führen, dass wir Wissen lieber für uns behalten. Stattdessen sollten Teamleistungen belohnt werden. Gleiches fordert er für den Arbeitsplatz, der ein flexibler Ort kreativer Zusammenarbeit sein soll und nicht länger ein Ort für Einzelkämpfertum. Denn: "Erfolgreich wird der sein, der Wände in den Köpfen einreißt und sein Wissen durch Zusammenarbeit potenziert." 


Kein Weg zurück


Network Thinking ist kein alltägliches Handbuch, das irgendeinen neuen Trend beschreibt. Vielmehr geht es um einen Wandel, der kommen wird und kommen muss. Es ist das neue Denken, das wir brauchen, um unsere Welt von morgen zu begreifen und zu steuern. Dieser Prozess ist irreversibel, so Weinberg. "Unwiderruflich werden wir das alte Denkmodell verlassen, so wie der Brockhaus unser Bücherregal früher oder später für immer verlassen wird", prophezeit er.  

Eine Pflichtlektüre für jeden, der in unserer sich rasant wandelnden Welt nicht abgehängt werden will.  


Zitate


"Steht der Brockhaus für lineares Denken, für ein sortierendes Ordnen von A bis Z, wird es morgen nicht mehr darum gehen, Wissen und Information möglichst exakt zu klassifizieren, zu gliedern und zu kategorisieren." Ulrich Weinberg: Network Thinking

"Es gibt keinen Bereich, der von vernetztem Denken nicht profitieren könnte." Ulrich Weinberg: Network Thinking

"Überall auf der Welt beginnen Menschen bereits, in Netzstrukturen zu denken." Ulrich Weinberg: Network Thinking

"Wir sind Zeuge eines großen Wandlungsprozesses, der erneut die Geschichte der Menschheit fundamental ändern wird." Ulrich Weinberg: Network Thinking

 

changeX 08.01.2016. Alle Rechte vorbehalten, all rights reserved.

Artikeltools

PDF öffnen

murmann

Murmann Publishers

Weitere Artikel dieses Partners

Alles zählt

Worauf es in der Klimakrise ankommt - ein Interview mit Claudia Kemfert zum Interview

Die zukunftsbereite Organisation

Wie Unternehmen mit Komplexität besser zurechtkommen zum Interview

Das A und O der Innovation

Rock Your Idea - das Ideenbuch von Martin Gaedt zur Rezension

Ausgewählte Links zum Thema

Zum Buch

: Network Thinking. Was kommt nach dem Brockhaus-Denken?. Murmann Publishers, Hamburg 2015, 232 Seiten, 25 Euro, ISBN 9783867744690

Network Thinking

Buch bestellen bei
Osiander
genialokal
Amazon

Autorin

Anna Katharina Fricke
Fricke

Anna Katharina Fricke ist freie Journalistin in Berlin. Sie schreibt als freie Mitarbeiterin für changeX.

nach oben