Welt des guten Wirtschaftens
In der neuen Wirtschaftswelt hat die Eindimensionalität ein Ende. Zum Profit gesellt sich die Berücksichtigung sozialer und ökologischer Belange als Ziel und Maßstab wirtschaftlichen Handelns: Profit, People, Planet.
Alles wird gut. Das ist doch mal ein Wort. Zwischen all dem apokalyptischen Gejammer, den andauernden Rufen der Unken und Kassandras sticht jede optimistische Stimme wohltuend hervor. Wo die Zukunft angesichts einer krisengeschüttelten Gegenwart meist in düsteren Farben gemalt wird, ist man dankbar für eine ermutigende Vision.
"Wir sind auf dem Weg in eine bessere Welt, und Sie sollten den Zug dahin nicht verpassen" - so in etwa lautet die Quintessenz von Good Business, dem neuen Buch des Managementberaters Achim Feige. Diese bessere Welt ist die Welt des guten Wirtschaftens. Und "gut" meint Feige ausdrücklich im doppelten Sinn: finanziell erfolgreich wie auch moralisch anständig. Wobei es ihm gerade um die Botschaft geht, dass beide Aspekte künftig aufs Engste verknüpft sein werden. Dass ein Unternehmer künftig "die sozialökologischen Folgen seines Handelns und Nichthandelns nicht mehr bemüht ignorieren kann, sondern als entscheidende Erfolgsfaktoren integrieren muss".
Feige verortet uns in der Morgendämmerung eines fundamentalen Bewusstseinswandels. Welt und Wirtschaft der Zukunft werden, so schärft er uns ein, durch "integrales Denken" geprägt sein. Und wer sich schon heute darin übt, verschafft sich einen Wettbewerbsvorteil besonderer Art: Er übt sich rechtzeitig im "Denken der Gewinner von morgen". Diese Gewinner werden diejenigen Unternehmen sein, die dem veränderten Konsumverhalten der Kunden am ehesten Rechnung tragen.
Die Kunden von morgen
Denn die Kunden sind den Unternehmen weit voraus. Das ist Feiges Ausgangsthese. Schon heute treffen sie ihre Kaufentscheidungen nicht zuletzt nach ethischen Gesichtspunkten. Sie legen Wert auf Ökobilanzen und Unternehmenskultur, auf einen Sinn für Nachhaltigkeit und Verantwortung bei jenen Unternehmen, deren Waren und Dienstleistungen sie erwerben.
Das gilt schon jetzt etwa für die Lohas, die Anhänger eines Lifestyle of Health and Sustainability. Besonders aber gilt es für die gerade heranwachsende Kundschaft, die in einer digitalisierten und globalisierten Welt aufwachsende Generation. Die es gewohnt ist, sich in einer vernetzten Welt kollektiv an Entscheidungen zu beteiligen. Und die sich nicht mehr mit billigen Werbesprüchen abspeisen und manipulieren lässt, sondern genau prüft, welches Angebot ihren hohen Ansprüchen und Maßstäben genügt.
Dabei sind die Kunden von morgen alles andere als Konsumverweigerer. Sie sind ebenso kritisch und sinnsuchend wie lebensbejahend und ideologieresistent - kurzum: Es sind anspruchsvolle Selbstverwirklicher mit ausgeprägtem Sinn für ihr soziales und ökologisches Umfeld. Sich auf diese Menschen und ihr Denken einzustellen, wird - so Feiges Credo - für Unternehmen entscheidend sein. Nicht nur hinsichtlich ihrer Attraktivität für Kunden: Den Ignoranten, den weiter wie bisher vor sich hin wirtschaftenden Unternehmen, prophezeit der Autor auch zunehmende Probleme bei der Rekrutierung qualifizierter und engagierter Mitarbeiter.
Profit, People, Planet
Wie Unternehmen sich praktisch auf die Bedingungen in der Welt des integralen Denkens einstellen können, zeigt Feige an vielen Beispielen. Wie dem der Drogeriemarktkette dm, die schon seit Jahren sozial engagiertes Auftreten mit finanziellem Erfolg verbindet. Auch die GLS-Bank führt er an, die mit ihren Kundengeldern "ausschließlich sozial, ökologisch und kulturell zukunftsweisende" Projekte finanziere, und so dem Kunden nicht nur monetären Gewinn, sondern auch sinnvolles Engagement verspreche. Ganz im Sinne des vom Autor als "Zauberformel" des 21. Jahrhunderts angepriesenen Dreiklangs: "Profit, People, Planet". Also im Sinne einer ganzheitlichen Berücksichtigung finanzieller, sozialer und ökologischer Interessen.
Diese ganzheitliche Ausrichtung äußert sich für Feige vorrangig in konsequenter Markenführung. Dazu zählt er unter anderem die Vermittlung einer glaubhaften Mission sowie einer Übereinstimmung von Marken- und Unternehmenskultur. Nicht zuletzt brauche es auch neue Formen des offenen Dialogs mit den Kunden. Und in diesem Rahmen gelte es auch, verstärkt entsprechende Kennzahlen zu berücksichtigen: die Anzahl der Kundenfeedbacks etwa oder die Anzahl der mit Kunden gemeinsam entwickelten Produkte.
Hin zu einem zukunftsfesten Management
So bietet Feiges Buch mehr als nur Orientierung in Zeiten der Konfusion. Es ist auch eine Ermunterung, die grassierende Verunsicherung als Chance zu einer erfolgreichen Neupositionierung zu begreifen. Zudem zeigt es konkrete Schritte auf, hin zu einem zukunftsfesten Management. Und bietet mit seinen in Schaubildern verpackten Modellen handfeste Instrumente zur Diagnose von Schwachstellen eines Unternehmens auf dem Weg zum integralen Denken.
Stoßen kann man sich freilich an Feiges unausgesprochener Grundannahme. Dass nämlich im Prinzip alles bleibt wie gehabt. Dass der Bewusstseinswandel nicht am Grundgerüst des kapitalistischen Wirtschaftssystems rührt. Denn der potenziell grenzenlose Konsum bleibt in Feiges Vision eine feste Größe. In seiner besseren Welt gibt es weder einen kleineren Kuchen noch einen kleineren Appetit. Dort wird nur erlesener geschwelgt. Aber müsste man nicht die Möglichkeit zumindest erwägen, dass exquisiter Geschmack allein die Ressourcenprobleme der Menschheit nicht lösen kann?
Doch vielleicht ist Feiges Optimismus, dieser feste Glaube an die eine innere Heilung des Kapitalismus zum Wohle der Welt, seinerseits bereits Ausdruck jener neuen, vielversprechenden Zeit.
changeX 29.10.2010. Alle Rechte vorbehalten, all rights reserved.
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Zum Buch auf der Verlagsseite: http://www.murmann-verlag.de/buch/good-businesswww.murmann-verlag.de/
Zum Buch
Achim Feige: Good Business. Das Denken der Gewinner von morgen. Murmann Verlag, Hamburg 2010, 211 Seiten, ISBN 978-3-86774-107-1
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Autor
Dominik FehrmannDominik Fehrmann ist freier Journalist in Berlin. Er schreibt als freier Mitarbeiter für changeX.