Unknown Unknowns
Jeder noch so gute Plan scheitert an den "Unknown Unknowns", jenen Dingen, von denen wir nicht einmal wissen, dass wir sie nicht wissen. Sie machen Unternehmen und Gesellschaften zunehmend unkalkulierbar. Die neue Ausgabe von GDI Impuls widmet sich deshalb der "Zukunft der Planung".
Mit der "Zukunft der Planung" beschäftigt sich die aktuelle Ausgabe von GDI Impuls. Denn insbesondere die "Unknown Unknowns", die Dinge, von denen wir nicht einmal wissen, dass wir sie nicht wissen, machen Unternehmen und Gesellschaften zunehmend unkalkulierbar. Das Management muss es schaffen, sich in der Komplexität einzurichten, statt der alten Stabilität nachzutrauern.
Trauerarbeit wird jeweils dort am intensivsten geleistet, wo die Planbarkeit erst seit Kurzem eingebüßt wurde. Das betrifft derzeit die Energiebranche. Anja Dilk und Heike Littger beschreiben in ihrem Beitrag, wie schwer sich die Stromkonzerne mit dem Ende der Ära der Großkraftwerke tun, das in Fukushima eingeläutet wurde. Statt von planwirtschaftlicher Angebots- auf eine marktwirtschaftliche Nachfragesteuerung umzuschalten, versuchen sie meist schlicht, sich über Prozesse und Lobbyismus Umstellungszeit zu erkaufen.
Lösungsansätze zeigen sich eher in Bereichen, die ihren Komplexitätsschock schon länger hinter sich haben. Ein Beispiel ist das Militär, das seit den Anschlägen vom 11. September 2001 mit den Unknown Unknowns asymmetrischer Konflikte umgehen muss. Alexander Ross beleuchtet in einem Beitrag, dass dabei nur wenig auf Hightech und Strukturen vertraut wird: Im Ernstfall komme es auf robuste Technik und vernetzte Menschen an.
Einen genau entgegengesetzten Ansatz verfolgt ein Forschungsprojekt an der ETH Zürich, um die Welt von Big Data beherrschbar zu machen. Bei FuturICT geht es darum, mithilfe von Supercomputern eine Art Weltsimulator zu entwerfen, der frühzeitig Krisen und Chancen erkennen kann. Der für FuturICT federführende Soziologe Dirk Helbing betont im Gespräch mit GDI Impuls das Potenzial, das in der Simulation politischer und ökonomischer Prozesse steckt: "In der Medizin wird alles endlos getestet, bevor es auf die Menschheit losgelassen wird. Bei Finanzprodukten ist das aber nicht der Fall. Das Gleiche gilt für die möglichen Implikationen von politischen Maßnahmen, etwa wie man die Probleme Griechenlands am besten bewältigt."
David Graeber, Anthropologe und Mitbegründer der Occupy-Bewegung, braucht dafür keinen Supercomputer. Im Gespräch fordert er einen breit angelegten Schuldenerlass biblischen Ausmaßes, um ein Auseinanderbrechen unserer Gesellschaften zu verhindern. Die Brisanz des Problems macht ihn gleichzeitig zuversichtlich, dass es gelöst wird: "Wenn wir keine Selbstmörder an der Spitze haben, und die haben wir nicht, werden sie sich bewegen."
GDI Impuls ist zu beziehen über das GDI Gottlieb Duttweiler Institute. Auskunft: Daniela Fässler daniela.faessler@gdi.ch, Telefon +41 44 724 61 11
changeX 22.06.2012. Alle Rechte vorbehalten, all rights reserved.
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