Herausforderungen inbegriffen
Gutes Projektmanagement ist für Unternehmen entscheidend.
Als Alternative zur klassischen Management-Laufbahn wird eine Karriere im Projektmanagement immer beliebter. Als Basis dafür ist eine gründliche Ausbildung wichtig - nicht nur, weil sie sich gut im Lebenslauf macht, sondern weil besonders internationale Kunden immer häufiger zertifizierte Projektleiter fordern. Zu hoch ist sonst das Risiko, dass der Zeit- und Kostenrahmen platzt.
Eigentlich ist Projektmanagement so
alt wie der Turmbau zu Babel. Schon damals mussten einige
Baumeister dafür sorgen, dass ihr gewaltiges Vorhaben voranging,
und unbegrenzte Mittel gab es sicher auch damals nicht. Pech war,
dass die Verantwortlichen es damals - wenn man die Überlieferung
so interpretieren darf - mit Arbeitskräften aus vielen
unterschiedlichen Kulturkreisen zu tun hatten. Kurz: jede Menge
Sprachen, jede Menge Verwirrung. Wie die Geschichte ausging, ist
bekannt.
Wer weiß - vielleicht hätte ein gut ausgebildeter
Projektmanager mit internationaler Erfahrung das Blatt wenden
können? Nur waren gute Projektleiter damals Mangelware, seine
Breitenwirkung hat das Projektmanagement erst in den letzten gut
zwei Jahrzehnten erlangt. Als wichtiger Teil der
Betriebswirtschaft und als Forschungsgegenstand wurde es erst in
den 80er Jahren akzeptiert. Doch dann ging es schnell aufwärts.
In den 90ern wurde so viel über das Thema publiziert wie noch
nie, und selbst heute noch wächst die "Branche" Projektmanagement
laut einer Studie von Volkswagen Coaching, IPMI Bremen und EMS
London um jährlich rund 20 Prozent. "Grund für den Aufschwung:
eine immer komplexer werdende Wirtschaft, die zunehmend
interdisziplinär verzahnt ist und unter dem Druck enger
Laufzeiten steht", schreibt die Zeitschrift
Wirtschaftspsychologie. Markt- und Konkurrenzdruck tun ein
Übriges.
Kritischer Faktor Projektmanagement.
Warum kommt es trotzdem so häufig
vor, dass Projekte den Zeit- und Kostenrahmen sprengen,
abgebrochen werden oder scheitern? Die erwähnte VWC-Studie gibt
Aufschluss darüber, warum dem Projektmanagement nicht immer ein
voller Erfolg beschert ist. Es kann, so die Forscher, nur
erfolgreich sein, wenn es von Vorgesetzten und Top-Management
unterstützt wird. Doch nur in etwa der Hälfte der Unternehmen
wird Projektmanagement strategisch angegangen oder gar
übergreifend gesteuert. "Zudem bewertet nur ein Viertel der
Unternehmen Projektmanagement als unternehmensweit
standardisiert", kritisiert Dr. Frank Edelkraut von der
Unternehmensberatung Edelkraut. "Nur ein Drittel der Unternehmen
verfügt über Konzepte für die Personalentwicklung von
Projektmanagern. Schulungen für Projektmanagement finden eher
bedarfsorientiert statt und konzentrieren sich auf Methoden und
Instrumente."
Die Wirtschaft gibt sich mit diesem unbefriedigenden Status
quo natürlich nicht zufrieden. Ein Indiz dafür ist, dass
Schulungen und Qualifizierungen für Projektmanager trotz der
schlechten Wirtschaftslage stark nachgefragt werden. "Das stetig
steigende Interesse erklärt sich sicher auch deswegen, weil die
Unternehmen festgestellt haben, dass Projektmanagement für sie
mission-critical ist, also oft über Wohl und Wehe der
Firma entscheidet", sagt Rüdiger Wörster, der bei Siemens
Business Services eine Gruppe im Prozess-Consulting leitet. "Ohne
vernünftiges Projektmanagement leidet schlicht und einfach das
Betriebsergebnis. Manche Firmen verlieren auf diese Art mehrere
Millionen Euro im Jahr."
Kunden wünschen sich zertifizierte Projektmanager.
Ein Projekt erfolgreich geleitet zu
haben gilt als erster Test für Führungskompetenz. Wer sich in den
Herausforderungen des Projektmanagements bewährt, Geschick im
Umgang mit dem Team zeigt und es schafft, Budget- und Zeitplan
einzuhalten, der hat bewiesen, dass er für höhere Aufgaben
geeignet ist. Aber der offizielle Ritterschlag ist immer noch ein
Zertifikat. Organisationen wie das Project Management Institute
(PMI) sorgen mit diesen internationalen Zertifizierungen dafür,
dass Projektleiter nach anerkannten Standards arbeiten. Aber die
meisten Unternehmen haben auch eigene Standardisierungen. Der
gesamte Siemens-Konzern mitsamt der Tochtergesellschaften
orientiert sich am internen Standard "PM at Siemens", der
Anforderungsprofile und Projektabläufe definiert (und an PMI
angelehnt ist). Wer es bei Siemens zum Projektleiter gebracht
hat, der weiß, dass er auch in einem anderen Bereich des Konzerns
problemlos ein Projekt durchführen könnte, weil es nach den
gleichen Regeln ablaufen wird. Und das Management weiß, ohne es
nachprüfen zu müssen, welche Fähigkeiten derjenige vorweisen
kann. Zusätzlich ist dann eine internationale PMI-Zertifizierung
möglich. "Zum Teil wird von internationalen Kunden gefordert,
dass der Leiter des Projekts eine solche Zertifizierung vorweisen
kann", erklärt Alf Mittelstaedt, bei Siemens Business Services
verantwortlich für die Projektmanagement-Ausbildungsprogramme.
Mehrere tausend Teilnehmer nehmen jedes Jahr an den "PM at
Siemens"-Projektmanagement-Schulungen von SBS teil. Die meisten
reizt es unter anderem, eine solche Karriere einzuschlagen, weil
sie eine Alternative zur klassischen Management-Laufbahn ist. Ein
Projekt zu leiten ist im Grunde, wie ein eigenes Unternehmen zu
führen, der Projektleiter hat in seiner Managementaufgabe auf
Zeit vielfältige Entscheidungskompetenzen und meist auch
Kundenkontakt. Abwechslung und Herausforderungen sind quasi
inbegriffen. Mitbringen muss man allerdings auch einiges, so
Mittelstaedt. "Eine Begabung für die Aufgabe gehört auch dazu.
Man braucht Spaß daran, mit Kunden zu arbeiten und sich
Herausforderungen zu stellen."
In vier Stufen nach oben.
Vier Stufen beziehungsweise
Laufbahnmodelle gibt es in der Projektmanagement-Ausbildung bei
SBS, die in einem der zehn Schulungszentren in Deutschland,
on-site beim Kunden oder auch international durchgeführt wird.
Auf der ersten Stufe findet sich der "Praktiker", der schon
einmal in einem Projekt mitgearbeitet hat und nach einer
Gelegenheit sucht, sich weiterzuentwickeln. Er kann sich über den
"Project Manager" und den "Senior Project Manager"
weiterqualifizieren bis zum "Senior Project Director", der große,
auch internationale Projekte managt. Diese Ausbildungen haben ein
festgelegtes Curriculum, über eine Zertifizierung gelangt man von
einer Stufe zur anderen.
Werner Nadler, IT-Consultant bei Siemens Business Services,
hat sich entschieden, diese Stufen hinaufzuklettern. Schon seit
1984 leitet er Projekte, doch bei den größeren Vorhaben fragten
die Kunden immer öfter nach einem Zertifikat. Und
weiterentwickeln wollte sich Nadler ohnehin. Also nahm er an
einer der "PM at Siemens"-Ausbildungen für Fortgeschrittene teil.
"Es war ein guter Rahmen, um nicht nur von null auf 100, sondern
auch von 50 auf 95 zu kommen", meint er. "Für mich war es
besonders wertvoll, dass ich meine Kompetenz in Teamentwicklung
und Teambildungsprozesse stärken konnte. Insgesamt habe ich mehr
Sicherheit bekommen, größere Projekte zu stemmen." Aber auch der
Erfahrungsaustausch mit anderen Projektmanagern war für ihn eines
der Highlights der Ausbildung. "Mit manchen telefoniere ich heute
noch hin und wieder."
Theorie und Praxis.
Alle Lehrgänge sind aufgeteilt in
fünf bis sieben zwei- bis dreitägige Blöcke, beim Project
Director kommt noch ein persönliches Coaching hinzu. Zwischen den
Modulen findet eine vier- bis sechswöchige Praxisphase statt - so
kann man das, was man an theoretischem Handwerkszeug mitbekommen
hat, praktisch erproben. "Es macht wenig Sinn, jemanden in einen
Projektleiterausbildungsgang zu schicken, der das Thema nicht
sofort in den nächsten Tagen praktisch einsetzen kann", erklärt
Rüdiger Wörster. "Manche Vorgesetzte haben hin und wieder einem
Mitarbeiter, der sich einen Bonus verdient hatte, eine
Projektmanagement-Schulung aussuchen lassen - aber ihm dann nicht
die Möglichkeit gegeben, das umzusetzen. So etwas ist natürlich
für die Katz."
Praxisbezug wird bei der Ausbildung groß geschrieben. "Ich
lege großen Wert darauf, dass meine Dozenten einen praktischen
Hintergrund haben - sonst hätten sie ja gerade bei den
Fortgeschrittenen keine Glaubwürdigkeit", erklärt
Ausbildungsleiter Mittelstaedt. Er selbst hat langjährige
Projekt-Erfahrung, und Projektmanagement-Schulungen hat er unter
anderem schon in Buenos Aires, Kopenhagen, Helsinki und Boston
durchgeführt.
Für Werner Nadler war besonders positiv, dass sich die
Teilnehmer auch in der Praxisphase immer wieder mit den
Ausbildungsleitern kurzschließen konnten. "Der Coach hat uns
ständig begleitet, wir konnten ihn auch nach seiner Meinung
fragen, wenn in der Praxisphase Probleme oder Konflikte
aufgetaucht sind."
Große Bandbreite von Fähigkeiten.
Doch was muss man nun eigentlich
beherrschen, um ein Projekt professionell leiten zu können? Wer
sich beispielsweise zum Senior Project Manager qualifizieren
will, der muss eine große Bandbreite von Fähigkeiten erlernen und
trainieren. Zum Beispiel sollte man richtig innerhalb des
Projekts und zum Management hin kommunizieren und für die
Teamentwicklung sorgen können. Man muss die gesamte
Projektplanung und -verfolgung beherrschen; dazu gehören auch die
Kalkulation und das Controlling nach US-GAAP. Ein Senior Project
Manager führt die Projektteams, macht ständige
Feedback-Kontrollen, ist auch im Konfliktmanagement ausgebildet
und beherrscht personenbezogenes Coaching. Neben all dem kann er
auch Kunden Angebote unterbreiten, mit den Kaufleuten die
Verträge durchgehen und dafür sorgen, dass die Verträge auch
erfüllt werden.
Da ist es kein Wunder, dass die Entwicklung vom Neuling bis
zum Profi-Projektleiter meist mehrere Jahre dauert. "Bei der
Qualifizierung zum Project Director gehen wir davon aus, dass
derjenige mindestens fünf Jahre Projekterfahrung vorweisen kann -
das ist auch Voraussetzung für die Zertifizierung", erklärt
Mittelstaedt. Aber der Aufwand lohnt sich: Wer Project Director
ist, der hat meist über Abwechslung nicht zu klagen. Und erfüllt
Aufgaben, die zu dem Spannendsten gehören, was die Wirtschaft zu
bieten hat.
Nina Hesse ist freie Mitarbeiterin von changeX.
Solutions/Prozess-Consulting:
Rüdiger Wörster
ruediger.woerster@siemens.com
Projektmanagement-Ausbildung:
Alf Mittelstaedt
alf.mittelstaedt@siemens.com
© changeX [26.03.2002] Alle Rechte vorbehalten, all rights reserved.
changeX 26.03.2003. Alle Rechte vorbehalten, all rights reserved.
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