Ohne Wasser kein Frieden
Anmerkungen zum Internationalen Tag des Wassers.
In einigen der bevölkerungsreichsten Bundesstaaten der USA wie Kalifornien ist Wasser längst Mangelware. In anderen Teilen der Welt sind Konflikte um die Ressource Wasser seit langem alltäglich. Und sie könnten sich in den nächsten Jahren noch verschärfen.
In Zukunft Kriege um Wasser?
Deshalb muss das von den Vereinten Nationen deklarierte Jahr des Süßwassers unbedingt so schnell als möglich in den Mittelpunkt des Interesses einer großen Weltöffentlichkeit gelangen. Nicht ohne Grund hat der damalige Vizepräsident der Weltbank Ismael Serageldin bereits zu Beginn der 90er Jahre vor der Gefahr gewarnt, dass die Konflikte und eventuell Kriege des 21. Jahrhunderts nicht mehr wegen Erdöl, sondern wegen Wasser ausgetragen werden. Auch insofern stehen die aktuellen Ereignisse in einem engen globalen Zusammenhang mit dem Jahr des Wassers und der wichtigen Rolle der Vereinten Nationen. Der 22. März ist jedes Jahr der internationale Tag des Wassers. Ausgerechnet und gerade für den Öl- und Wüstenstaat Irak ist dieser Tag von besonderer Bedeutung, denn dort weiß man, dass Wasser nicht durch Öl zu ersetzen ist.
Eine kostbare Ressource.
Schon heute gibt es viele
potentielle Konfliktherde um Wasserrechte und Wassernutzung.
Überall spielen sich die Konflikte ab, nicht immer in erster
Linie zwischen Nationen und Völkern oder Ethnien und Religionen.
Oft geht es um Auseinandersetzungen zwischen Landbevölkerung und
Stadtmenschen oder zwischen Industrie und Landwirtschaft oder
zwischen Naturschutz und Verkehrswegebedarf.
Wasser ist ein zentrales Grundbedürfnis menschlichen
Lebens, ja allen Lebens auf dem blauen Planeten. Dieser blaue
Planet ist aber ein Salzwasserplanet. Nur knapp drei Prozent des
Wassers auf der Erde sind Süßwasser! Und die Erneuerbarkeit des
Wassers ist bei weitem nicht so unbegrenzt wie zumindest
theoretisch im Falle der Energiequellen Sonne und Wind.
Dort wo derzeit der Krieg tobt, ringen die Völker seit
Generationen um die Wasser des Zweistromlandes. Der ständige
gewalttätige Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern hat
viel mehr mit Wasserrechten zu tun, als die internationale
Öffentlichkeit weiß. Den größten Fluss der Welt, den Nil,
"teilen" sich zehn Nationen Afrikas. Ähnliches gilt für den
Mekong in Südostasien.
Wassermangel in den USA - der nächste Konfliktgrund?
Nach einer Studie im Auftrag der UN verfügt Deutschland über sehr wenig eigene Wasserreserven und auch bei der Qualität des Wassers nehmen wir einen mühevollen Mittelplatz ein. Manch einer wittert eine neue PISA-Studie, selbst wenn der Nachbar Belgien weltweit fast die schlechteste Wasserqualität überhaupt bietet. PISA ist hier wohl nicht wirklich angebracht, denn Wasserreserven kann man nicht durch bessere Politik, weniger Subventionen oder niedrigere Steuern herbeizaubern. Die Seenlandschaften Finnlands und Kanadas werden wir nicht künstlich reproduzieren können. Aber die Qualität können wir sicher verbessern. Auch Kalifornien und Texas sind potentiell von Wassermangel bedroht. Und in Sachen Wasser halten es die USA wie mit dem Energieverbrauch: Ohne Rücksicht auf globale Verluste und individuelle Katastrophen andernorts beuten sie die Reserven erbarmungslos aus.
Zu wichtig für Witze.
Das Jahr des Süßwassers der arg
gebeutelten Vereinten Nationen muss aus sehr konkreten
Erfordernissen, aber auch aus Gründen politischer Sauberkeit weg
vom Image des Tags der Milch, Jahr des Indianers oder Tag des
Baums. Es genügt nicht, ein Kalenderblatt abzureißen und den
Spruch des Tages zu lesen, der vielleicht heißt: "Wasser ist zum
Waschen da, auch zum Zähneputzen kann man es benutzen." So viel
deutscher Schlagerhumor ist angesichts von mehr als einer
Milliarde Menschen ohne Zugang zu sauberem Trinkwasser und des
täglichen Todes von 6.000 Kindern an Krankheiten, die durch
unsauberes Wasser verursacht werden, ein unerträglicher Zynismus.
In Deutschland können wir die Qualität unseres Wassers
sicher steigern, wir können wichtige Beiträge zur Debatte um die
Privatisierung des Wassermonopols leisten, wir können technische
und finanzielle Hilfe bei der Wasserversorgung in armen
Gesellschaften anbieten.
Zuallererst müssen wir aber dringend das Jahr des
Süßwassers zu einer öffentlichen Debatte nutzen, damit Wasser
nicht der Grund für soziale, ökonomische und nationale Konflikte
oder Kriege der kommenden Jahrzehnte wird.
Ziel: ein gerechter Weltwasserkodex.
Die zeitliche Koinzidenz des Irak-Krieges mit dem UN-Jahr des Süßwassers und dem internationalen Tag des Wassers muss in die Chance münden, für einen gerechten Weltwasserkodex zu sorgen. Ohne große Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit haben die UN hierfür in den vergangenen Jahren gute Voraussetzungen durch erste Schritte geschaffen. Zur Fortführung und Vollendung wird jetzt dringend eine engagierte öffentliche Diskussion, ein globaler Dialog über das Grundbedürfnis Wasser benötigt.
Berend Hartnagel ist Geschäftsführer des Global Partnership Hannover e. V. und Veranstalter des 12. Global Dialogue (30/31.10.03 in Hannover) zum Thema "Ohne Wasser kein Frieden".
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