Selbstbedienung mit Folgen
Geschichten, Rechtsfälle und Urteile aus der neuen Arbeitswelt. | Folge 12 |
Nicht nur im Netz grassiert der Bilderklau. Auch in der realen Welt geht es nicht immer mit rechten Dingen zu. Vor allem Fotos von Prominenten sind beliebt, um beispielsweise Werbeprospekte aufzulockern. Auf das Verständnis der Schönen und Reichen sollte man aber nicht hoffen.
Bruno W. ist sauer. Kaum aus dem Urlaub zurück und
schon gibt es Stress. Dabei hatte er sich so gefreut. Der
Weihnachtsprospekt in der Wochenendausgabe der
Süddeutschen Zeitung war optisch gelungen. Die Promi-Fotos
machten sich zwischen den Elektrogeräten richtig gut. Nur hatten
seine Mitarbeiter offenbar vergessen, sich die Rechte zu sichern.
Und ein bekannter deutscher Tennisprofi wollte sich das nicht
gefallen lassen. Er forderte Schadensersatz.
Für Richter kein Novum. Immer wieder werden Fotos von Promis
ohne ihre Zustimmung abgedruckt. Da wirbt dann eine Naddel für
Büstenhalter, eine Schiffer für Klopapier und ein Helmut Kohl für
Leberwurst. In vielen Fällen erfahren die Prominenten nichts von
der Nutzung ihrer Bildnisse. Denn meist erscheint ihr Konterfei in
Provinzblättchen mit niedriger Auflage oder auf irgendeiner Seite
im Internet. Den Prospekt einer überregionalen Tageszeitung
beizulegen war da natürlich ein gewagteres Spiel.
Feste Regeln.
Bruno W. jedenfalls griff sofort
zum Hörer und rief seinen Anwalt an. Er sollte ihm sagen, mit
welcher Summe er zu rechnen hätte. Vielleicht hatte er Glück und
die Richter ließen mit sich reden. Doch sein Anwalt wiegelte ab.
Der materielle Nachteil sei schwer zu beziffern und deswegen
Verhandlungssache. Doch das hieße nicht, dass Richter allzu freie
Hand hätten. Sie gehen in der Regel davon aus, was ein seriöser
Lizenzgeber gefordert hätte. Und da gibt es relativ fixe Preise.
Nachdem Bruno W. eine Unterlassungserklärung unterzeichnen
musste, kam es zur Verhandlung. Und in der Tat, das Gericht
konfrontierte W. mit einer Summe, die eine ordentliche Agentur
für das Foto verlangt hätte: 238.000 Euro. Eine stolze Summe -
bei der es die Richter jedoch nicht beließen. Da die Mitarbeiter
des Angeklagten nicht nur das Foto des Tennisprofis zwischen
Fernsehern und Videokameras platzierten, sondern auch das anderer
Prominenter, sank die "erzielte Aufmerksamkeit durch die konkrete
Werbemaßnahme". Ein wichtiger Punkt in solchen Verhandlungen.
Außerdem wurde der Kläger nicht als Testimonial eingesetzt,
sondern lediglich als optischer Aufreizer. Summa summarum: 80.000
Euro. Und ein gerettetes Weihnachtsfest, sofern sich die anderen
Prominenten nicht auch noch melden.
Björn Mann ist Rechtsanwalt in der Kanzlei Osborne Clarke, Köln.
Mit einer Illustration von Limo Lechner.
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