Das A-Team geht voran
Eine 40-teilige Reportage über die Wirtschaftskanzlei Osborne Clarke. | Folge 34 |
Die Arbeitsrechtler von Osborne Clarke machen ernst mit Teambildung und standortübergreifender Zusammenarbeit. Sie wollen als Vorbild für die Kanzlei wirken.
Sie kämpfen für Gerechtigkeit. Gegen das Böse in der Welt. Sie scheuen keine Gefahr und überstehen jeden Showdown ohne größere Blessuren. Das A-Team. Jeden Samstagnachmittag auf RTL. Wochentags verwandeln sich die wackeren Kämpfer in rechtschaffene Anwälte, legen Zigarre und Pumpgun beiseite und widmen sich dem weit weniger aufreibenden Kampf mit juristischen Waffen. "A-Team", so nennen sich die Arbeitsrechtler bei Osborne Clarke. "A" steht für Arbeitsrecht, und den Begriff "Team" will man beim Wort nehmen. Standortübergreifende Zusammenarbeit, Teambildung über die 200 Kilometer, die zwischen den Büros in Köln und Frankfurt liegen, hinweg, ist das Ziel. Gemeinsam will man die Fälle bearbeiten und gemeinsam neue Mandanten gewinnen. "Wir sind eine Kanzlei, wo niemand klammert", sagt Jörg Bausch. Sprich: Wo keiner "seine" Mandanten vor seinen Kollegen abschottet.
Regelmäßige Treffen, intensive Kommunikation.
Bausch ist Arbeitsrechtler in
Frankfurt. Zusammen mit seiner Kollegin Claudia Letschert und
Andreas Imping in Köln bildet er die Gründungsmannschaft des
Arbeitsrecht-Teams. Der plakative Name freilich kam später, nach
der turbulenten Gründungsphase, als sich die Ziele der neu
formierten Kanzlei an der Realität bewähren mussten. "Wir sind
mit dem Anspruch angetreten, eine gemeinsame Kanzlei zu bilden.
Das wollen wir umsetzen", sagt Andreas Imping. Und man will
vorangehen. "Wir wollen ein Vorbild für die anderen Departments
sein", fügt Imping hinzu. Bevor die hehren Ziele im Arbeitsalltag
untergehen, wollen die Leute vom A-Team Nägel mit Köpfen machen:
Regelmäßige Treffen und eine intensive Kommunikation sollen die
Grundlage für eine enge Zusammenarbeit zwischen den beiden
Standorten schaffen. Das scheint zu klappen. Bei großen wie bei
kleinen Fällen arbeiten die beiden Büros eng zusammen.
Mit Annabel Hoene, Michael Tillmann, Susanne Lüddecke und
Rolf Hemke sind in der Zwischenzeit vier weitere Anwälte zu dem
Team gestoßen. Die Arbeitsrechtler sind damit der Fachbereich in
der Kanzlei, der am schnellsten gewachsen ist. Das hängt auch mit
der Konjunktur zusammen. Im Transaktionsgeschäft herrscht Flaute,
die Zeit der großen Deals ist - auf längere Sicht - vorbei. Und
wie die Unternehmen auf die Krise reagieren, das schafft Arbeit
für die Arbeitsrechtler: Verschlankung, Outsourcing, Entlassungen
- das zieht Mandate auf beiden Seiten der sozialen
Demarkationslinie, die in Krisenzeiten wieder an Kontur gewinnt.
"Wir haben wahnsinnig viel zu tun", sagt Claudia
Letschert.
Nicht nur Kündigungen durchboxen.
Der größte
Fall, mit dem das A-Team beschäftigt ist, betrifft die Übernahme
einer deutschen Industriefirma aus der Genussmittelbranche durch
ein ausländisches Konkurrenzunternehmen. Ein Fall, der auch in
den Wirtschaftsseiten der Zeitungen für Schlagzeilen gesorgt hat.
Um welches Unternehmen es sich handelt, damit rücken die Anwälte
allerdings nicht heraus, denn der Fall ist heikel. Und im Fluss.
Denn nach dem Zusammenschluss steht die Neustrukturierung des
Unternehmens an - Stichwort: Verschlankung. Aus zwei
Vertriebsorganisationen will man eine, schlagkräftige, formen.
Das ist alles andere als einfach, und ohne Entlassungen,
Versetzungen und Umstrukturierungen nicht zu machen. Klar ist
bislang weder, wie das neue Vertriebskonzept aussehen soll, noch
wie es umgesetzt werden kann. Denn die Mitarbeiter des deutschen
Traditionsunternehmens sind durch gute Verträge abgesichert. Doch
geht es keineswegs nur darum, für den Mandanten massenhafte
Kündigungen durchzuboxen. Der Job der Arbeitsrechtler beginnt
schon früher.
"Due Diligeance" heißt der Vorgang der
Unternehmensbewertung, die dann die Grundlage der
Übernahmeverhandlungen bildet. In einem abgeschlossenen Raum
werden dazu alle wichtigen Unterlagen des Übernahmekandidaten
zusammengetragen. Sie bilden die Grundlage der Bewertung des
Unternehmens. In diesem sogenannten "Aktenraum" wühlen sich die
Anwälte des Interessenten durch die angehäuften Papierberge.
Mittels Diktiergerät und Notebook versuchen sie die wichtigen
Fakten zusammenzutragen und ein möglichst realistisches Bild der
zu veräußernden Firma zu zeichnen. Das bestimmt dann nicht nur
den Preis, sondern hat auch Einfluss auf unternehmenspolitische
Entscheidungen, zum Beispiel hinsichtlich der künftigen
Vertriebsstruktur.
Die Unternehmensbewertung ist das Metier der
Gesellschaftsrechtler. Während für diese der Job mit dem
Abschluss der Übernahmeverhandlungen und der Ausarbeitung des
Vertragswerkes beendet ist, geht es für die hinzu gezogenen
Arbeitsrechtler hingegen erst richtig los. Im Fall des
übernommenen deutschen Genussmittelherstellers arbeiten die
Anwälte eng mit den Mitarbeitern des Unternehmens zusammen,
analysieren Verträge und beraten das Management bei der
Umstrukturierung. Steht das neue Konzept, ist es meist an den
Anwälten, es um-, respektive durchzusetzen. Das heißt:
Interessenausgleichsverhandlungen mit dem Betriebsrat,
Entlassungslisten, Sozialklauseln, Verhandlungen über die Höhe
der Abfindung - kein leichter Job. Doch so weit ist es in diesem
Fall noch nicht. "Das steht uns noch bevor", sagt Claudia
Letschert. Auch nach mehreren Monaten Arbeit ist ein Ende nicht
in Sicht. Im Gegenteil: Die schwierige Phase steht noch bevor.
Dann nämlich, wenn aus einer abstrakten Verschlankung konkrete
Kündigungen werden.
Das Salz in der Suppe.
Abseits der großen Mandate und der
kleinen Routinestreitigkeiten gibt es auch jene schillernden und
kuriosen Fälle, die das Leben so schreibt. Sie sind das Salz in
der Suppe der Arbeitsrechtler. Da ist zum Beispiel die Geschichte
jenes Frankfurter Brokers, der für eine britische Brokerfirma an
der Frankfurter Börse arbeitete. Bis die Briten nach dem 11.
September die Frankfurter Dependance schlossen und die drei
angestellten Börsianer kurzerhand nach England versetzten. Nur -
wie sie dorthin kommen und wo sie arbeiten sollten, das blieb
ihre Sache. Kein Ticket, kein Arbeitsplatz, keine
Arbeitsmöglichkeiten. Versetzung als verdeckte Kündigung,
argumentierten die Osborne-Clarke-Anwälte und zogen vor Gericht.
Dann aber zog sich die Sache, denn monatelang gelang es nicht,
dem Beklagten die Klageschrift zustellen zu lassen - was UPS dann
doch noch möglich machte. Nun geht es um die Höhe der Abfindung,
die nicht gering ausfallen dürfte. Denn zu jener Zeit, als der
Broker seinem Job nachging, verdiente man nicht schlecht an der
Frankfurter Börse.
Ein anderer Fall handelt von einem Mitarbeiter eines großen
Stromunternehmens, der einem befreundeten Gewerkschafter, den er
vom Plakate kleben kannte, eine Freundschaftsdienst erweisen
wollte und ihm die komplette Mitarbeiterdatei seines Arbeitgebers
auf Diskette kopierte. Dann aber spielte ihm das Schicksal einen
bösen Streich ... Das aber ist eine andere Geschichte,
nachzulesen in der ersten Folge der neuen Serie "Recht so" in
changeX.
Fotos: Andreas Imping (oben) in Köln sowie Jörg Bausch und Claudia Letschert in Frankfurt sind die Anfangsbesetzung des A-Teams. Mittlerweile arbeiten sieben Anwälte in dem Fachbereich.
Winfried Kretschmer, Journalist und Autor, arbeitet als freier Mitarbeiter für changeX.
Zur Übersicht aller erschienenen Folgen.
© changeX Partnerforum [01.10.2002] Alle Rechte vorbehalten, all rights reserved.
changeX 01.10.2002. Alle Rechte vorbehalten, all rights reserved.
Artikeltags
Osborne Clarke / Serie
Weitere Artikel dieses Partners
Eine 40-teilige Reportage über die Wirtschaftskanzlei Osborne Clarke. | Folge 40 | zum Report
Eine 40-teilige Reportage über die Wirtschaftskanzlei Osborne Clarke. | Folge 39 | zum Report
Eine 40-teilige Reportage über die Wirtschaftskanzlei Osborne Clarke. | Folge 38 | zum Report
Autor
Winfried KretschmerWinfried Kretschmer ist Autor, Redakteur & Macher bei changeX.