Wissen gratis
Eine 40-teilige Reportage über die Wirtschaftskanzlei Osborne Clarke. | Folge 23 |
"Umsonst ist der Tod und der kost's Leb'n", lautet ein altes bayerisches Sprichwort. Ganz so stimmt das nicht mehr. Auch dass nichts wert sei, was nichts koste, ist eine Binsenweisheit aus der ökonomischen Steinzeit. Man muss gar nicht das Internet als gigantischen Speicher an Gratisinformation bemühen, auch bei Osborne Clarke gibt es Wissen quasi zum Nulltarif.
"Ich glaube nicht an die These, dass
man sein Know-how für sich behalten muss", sagt Rudolf Hübner,
der die "Osborne Clarke Inhouse-Seminare"
(siehe Folge 22) organisiert. Vielmehr gehe es darum,
Expertise und Erfahrung deutlich zu machen - und so jenes
Vertrauen aufzubauen, das die Grundlage jeder Beratungstätigkeit
ist. Dass man mit dem verschenkten Wissen das eigene
Beratungsangebot untergräbt, diese Gefahr sieht Hübner nicht.
Denn die Informationen, die man in Seminaren mitbekomme, reichten
zwar, um mitreden zu können und Fragen zu stellen, nicht aber, um
Lösungen umzusetzen.
Das Inhouse-Seminarprogramm ist nicht die einzige
Information, welche die Kanzlei gratis bietet - beinahe
zumindest, denn für Getränke und Imbiss wird ein geringer
Unkostenbeitrag erhoben. Ganz umsonst sind hingegen die
Newsletter, die Osborne Clarke zu aktuellen Themen in den
verschiedenen Bereichen des Wirtschaftsrechts verschickt - ganz
up to date per E-Mail als PDF-Anhang zum Ausdrucken im Acrobat
Reader. Diese elektronischen Rundbriefe liefern ganz konkrete und
unmittelbar umsetzbare Informationen, Lösungen für Rechtsprobleme
frei Haus. Im Schnitt wurde jeden Monat dieses Jahres eine
PDF-Datei mit aktuellen Informationen durch die Datenleitungen
gejagt.
Aktuelles zu Umsatzsteuer und IT-Recht.
Beispiel Umsatzsteuerrecht. Seit
dem 1. Juli müssen alle Unternehmer auf jeder Rechnung ihre
Steuernummer angegeben. Ralf Schlößer, einer der Steuerrechtler
im Kölner Büro, fasst in seiner Mandantenmitteilung vom 3. Juli
die wichtigsten Regelungen laut einem Rundschreiben des
Finanzministeriums zusammen. Klar, verständlich und unmittelbar
verwertbar.
Beispiel Informationspflicht für Websitebetreiber.
"Schnelles Handeln ist geboten", warnten Konstantin Ewald und Jan
Pohle in einem Newsletter Anfang des Jahres. Der Grund: Durch die
Einführung des Gesetzes über den elektronischen Zahlungsverkehr
und das neue Schuldrechtsmodernisierungsgesetz haben sich die
Informationspflichten im Internet grundlegend geändert. So ist
nun im Detail vorgeschrieben, welche Informationen das
Website-Impressum enthalten muss. Zudem muss dieses Impressum
leicht erkennbar, unmittelbar erreichbar und ständig verfügbar
sein. Nicht mehr als zwei Klicks sollte der Nutzer benötigen, um
an die Identifizierungsinformationen zu gelangen, empfehlen die
OC-Anwälte, die mit ihrem Newsletter "konkrete praxisrelevante
Tipps zur Umsetzung dieser neuen Regelungen geben wollen".
"Herr Pohle, warum verschenken Sie Informationen?"
"Weil wir unseren Mandanten einen
Mehrwert bieten wollen. Und weil wir zeigen wollen, dass wir up
to date sind", antwortet der 35-jährige Spezialist für IT-Recht.
Denn das wiederum lasse einen Rückschluss auf die Qualität der
Dienstleistung zu. Schließlich werde eine solche zusätzliche
Dienstleistung von den Mandanten auch erwartet und sei in der
Branche durchaus üblich, fügt Pohle hinzu. Von der Konkurrenz
hebt man sich eher durch die Form ab. E-Mail ist kostengünstig
und schnell. Die Konkurrenz dagegen setzt meist noch auf
gedruckte Informationen, nicht selten in aufwändiger Aufmachung.
"Raten Sie mal, wer den Hochglanzdruck zahlt", feixt Pohle und
empfiehlt augenzwinkernd, einen Blick auf die Stundensätze der
jeweiligen Sozietäten zu werfen. Den elektronischen Rundbrief
begreift er als Signal für Qualität und Kostenbewusstsein.
Auch Pohle glaubt, dass man sich durch das Verschenken von
Information nicht selbst das Wasser abgräbt. Denn es gehe ja um
ganz konkrete, praxisrelevante Informationen, wegen derer ohnehin
niemand einen Anwalt aufsuche. "Die Steuernummer auf der Rechnung
ist kein vernünftiges Beratungsgeschäft." Wohl aber eine
Möglichkeit, die eigene Kanzlei bekannter zu machen. "In diesem
Sinne ist es Branding", sagt Pohle. Stefan Rizor, der
Kanzleimanager, wählt einen blumigeren Vergleich: "Wie ein
Pianist beim Vorspielen oder ein Schauspieler beim Casting
liefern wir mit der Gratsinformation eine Demonstration unseres
Könnens."
Breite Streuung der Information.
Nicht zuletzt sichert der Versand per E-Mail eine breite Streuung der Information. Denn die kann von den Adressaten per Mausklick im eigenen Netzwerk weiterverbreitet werden. An rund 100 Mandanten wurde der IT-Rundbrief verschickt, sei aber dann vielfach weitergereicht worden, schätzt Jan Pohle aufgrund des Feedbacks, das ihn erreicht hat. "Das ist unglaublich, in welche Kanäle die Mail gesickert ist." Völlig unbekannte Leute hätten ihn angerufen - darunter ein juristischer Fachverlag, der den Anwalt sogleich mit einem Aufsatz für ein Fachmagazin beauftragte. "Das wird mein kommendes Wochenende sein", sagt Pohle.
Das Bild oben zeigt Jan Pohle, Partner im Kölner Büro. Sein Newsletter über die "Informationspflichten für Websitebetreiber" zirkuliert kostenlos im Internet.
Winfried Kretschmer, Journalist und Autor, arbeitet als freier Mitarbeiter für changeX.
Zwei Beispiele zum Download:
Newsletter_IT:
Neue
Informationspflichten für Websitebetreiber [PDF-Datei, 44 KB]
Newsletter_Umsatzsteuer:
Umsatzsteuerliche
Neuregelungen bei Rechnungen [PDF-Datei, 101 KB]
Die nächste Folge erscheint kommenden Montag.
Zur Übersicht aller erschienenen Folgen.
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Autor
Winfried KretschmerWinfried Kretschmer ist Autor, Redakteur & Macher bei changeX.