Im Zeichen des Panthers

Eine 40-teilige Reportage über die Wirtschaftskanzlei Osborne Clarke. | Folge 11 |

Von Winfried Kretschmer

Stefan Rizor und Andreas Imping, die sich bei Osborne Clarke Köln um die Personalrekrutierung kümmern, war es besonders wichtig, dass die Kandidaten menschlich und ideell zum Unternehmen passen. Dass sie Teamgeist und einen gewissen Altruismus zeigen. Doch gute Leute mit Mannschaftsgeist sind unter Anwälten rar, schon das Studium fördert das Einzelkämpfertum.

Wie findet man die passenden Mitarbeiter, "die richtigen Leute mit den richtigen Grundüberzeugungen", wie es Stefan Rizor ausdrückt? Der ist als Geschäftsführer des Kölner Büros in erster Linie für die Personalrekrutierung zuständig. Dabei kann er sich auf eine beinahe zehnjährige Erfahrung stützen, denn schon in der alten Kanzlei hat er sich um die Rekrutierung junger Kräfte bemüht und dabei das junge Team aufgebaut und zusammengeschweißt, das dann gemeinsam das Kölner OC-Büro gründete. Wie viele Vorstellungsgespräche er in dieser Zeit geführt hat, vermag er nicht mehr zu sagen. 250 oder 300 mögen es gewesen sein, mit studierten Juristen ebenso wie mit nicht-anwaltlichen Mitarbeitern. "In einer Kanzlei, die vom Teamgeist lebt, ist Personalrekrutierung natürlich essentiell", sagt er. "Das ist das A und O - nur mit dem richtigen Personal lässt sich das gewinnen."

"Man muss sich ein Bild von der ganzen Person machen."


Das bestätigt auch Andreas Imping, der das Team im Bereich Arbeitsrecht leitet und sich zusammen mit Rizor um den Personalbereich kümmert. Das rührt wohl ein wenig daher, dass man ihm als Arbeitsrechtler eine Art natürliche Kompetenz in Personalfragen zubilligt - was dieser allerdings von sich weist. "Mit Jura hat das überhaupt nichts zu tun", betont der bedächtige 36-jährige Anwalt, der sich im Pullover am wohlsten fühlt und Anzug und Krawatte am liebsten im Schrank hängen lässt. Für ihn ist die Grundhaltung entscheidend, die auch das Verhältnis zu den Mitarbeitern prägt: "Man muss sich ein umfassendes Bild von der Person machen und darf sie nicht als reine Arbeitsmaschine betrachten."
Über eines verlieren Imping und Rizor kaum ein Wort: über Noten, Zeugnisse und formelle Qualifikationen. Die fachliche Qualifikation muss stimmen. Punkt. Aber das ist Grundvoraussetzung, Zutrittsbedingung für das Bewerbungsgespräch. Und regelt sich meist von selbst, denn Absolventen mit schlechtem Abschluss sparen sich den Bewerbungsaufwand, wenn erstklassige Leute gesucht werden. "Daneben muss aber auch die menschliche und ideelle Seite passen - und das ist der entscheidende Aspekt", sagt Imping. Besonders wichtig: der Teamgeist, die Bereitschaft, sich gleichberechtigt und gleich verpflichtet in ein Team einzufinden.

Die Anwälte: Solisten, keine Mannschaftsspieler.


Teamfähigkeit ist von allen Mitarbeitern gefordert, in besonderem Maße aber von den Anwälten. Doch unter denen ist diese Eigenschaft besonders gering ausgeprägt. Der Filmanwalt im Kino, der mit seiner brillanten Einzelleistung das Happyend erzwingt, ist ein Hollywood-Klischee, das in einem Punkt jedoch der Realität recht nahe kommt: Der Anwalt ist eher Einzel- als Mannschaftsspieler; seine Sache ist das Solo, nicht die Gemeinschaftsleistung. Wenn Rizor fordert, "wir brauchen nicht den brillanten, egomanen Juristen, sondern den brillanten mannschaftsdienlichen", so mutet das ein wenig an wie der Versuch, Hund und Katze zu kreuzen. Juristen gelten nicht nur als Einzelkämpfer, sondern sie sind es meist auch. Die deutsche Juristenausbildung mag viele Qualifikationen fördern, nur eine mit Sicherheit nicht: die Fähigkeit zur Kooperation. Dass Klausuren und Seminararbeiten alleine geschrieben werden müssen, ist auch in anderen Studiengängen üblich. Doch die hohe Durchfallquote von einem Drittel - mit einem weiteren Drittel, das mit "ausreichend" auf den wenig aussichtsreichen Plätzen landet - erzwingt geradezu jene "Einsame-Wolf-Haltung", die Rizor kritisiert. Die wird zudem durch die einseitige Ausrichtung des Studiums auf das Richteramt gefördert: Obwohl letztlich nur ein Bruchteil der Juristen später als Richter arbeiten werden, ist die Ausbildung nach wie vor auf das dort geforderte Qualifikationsprofil ausgerichtet: alleine einen Sachverhalt zu bearbeiten und zur Entscheidung zu führen. Teamplayer zieht man so nicht heran.

Wichtig sind die privaten Interessen.


Teamfähigkeit aber lässt sich nicht messen. Letztlich geht es um soziale Kompetenz, um Kommunikationsfähigkeit und eine gewisse altruistische Grundhaltung. Es geht darum, ob ein Bewerber die Gemeinschaft als einen Wert an sich oder nur als ein Mittel für seine Zwecke begreift. Klar, dass sich das nur herausfinden lässt, wenn man sich ein Bild von der gesamten Persönlichkeit macht. "Wichtig sind die privaten, die sozialen Interessen", betont Andreas Imping. "Was macht ein Bewerber in der Freizeit, wo liegen seine Interessen, wofür engagiert er sich. Engagiert er sich überhaupt?" Beim beruflichen Werdegang komme es nicht darauf an, ob jemand "völlig straight" sei, sondern darauf, ob er bewusst durch das Leben geht. Und ob er die Arbeitstätigkeit über das reine Geldverdienen hinaus als Teil des Lebens akzeptiert. Mancher Bewerber scheidet schon aufgrund seines Persönlichkeitsprofils aus, wie jener junge Anwalt, der nach dem Tod des Vaters die angeschlagene elterliche Kanzlei verlassen wollte und von seiner Mutter noch Verständnis für diesen Schritt erwartete. "Ungeeignet", befand Rizor, denn so einer denke zuallererst an sich. Oder jene Kandidaten, die sich in einer Wirtschaftskanzlei bewerben, im Gespräch dann eingestehen müssen, dass sie ihre Informationen in erster Linie aus Lokalzeitung oder Videotext beziehen.

Zwei Commitments.


Für alle Kandidaten, die grundsätzlich geeignet erscheinen, hält Rizor zwei beachtliche Hürden parat. "Das erste Commitment ist ein gewisser Gehaltsverzicht." Denn das Einstiegsgehalt liegt bei Osborne Clarke niedriger als anderswo. Und auf Individualtarife und Verhandlungen lässt sich der Kanzleimanager nicht ein. "Teamwork beginnt damit, dass uns jeder, den wir einstellen, mit seinen Fähigkeiten gleich viel wert ist." Leute, die ihre Qualifikationen in Euro taxieren, will er nicht haben. Auf den Lackmustest Gehaltsfrage folgt die Zumutung der sozialen Integration. "Wir machen ihnen nicht die angenehmen Seiten schmackhaft, die kontinuierliche Fortbildung etwa, sondern weisen auf die Schattenseiten hin: dass sie etwa verpflichtet sind, Dienst für andere Kollegen zu leisten, und dass wir auch im sozialen Bereich Mitarbeit erwarten." Ein gewisser Altruismus als Einstiegsbedingung also.
Einen kleinen Trick hat Stefan Rizor noch in seinem Repertoire. Den Tipp hat ihm ein erfahrener englischer Anwalt einmal gegeben. Gefragt nach seinem Kriterium zur Beurteilung von Persönlichkeit hatte der geantwortet: "Ich stelle mir einfach vor, wie es wäre, wenn der Kandidat mit einem Mandanten von London nach Sydney fliegen müsste. Wenn er dabei nichts anderes zu reden weiß als über den Fall, dann steigt der Mandant spätestens in Abu Dhabi aus."

Das Bild oben zeigt Stefan Rizor.

Die nächste Folge erscheint kommenden Montag.
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Winfried Kretschmer, Journalist und Autor, arbeitet als freier Mitarbeiter für changeX.

www.osborneclarke.de

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Winfried Kretschmer ist Autor, Redakteur & Macher bei changeX.

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