Arbeit leben
Patchwork-Karrieren - wie changeX-Leser leben und arbeiten.
Von Sascha Hellmann
Geradlinige Lebensläufe, das war einmal. In der individualisierten Gesellschaft von heute kann sich jeder den passenden Lebensentwurf selbst aussuchen. Brüche, Überraschungen und Durststrecken eingeschlossen. Das Leben ist ein Patchwork unterschiedlicher Phasen, riskant und abwechslungsreich. In den nächsten Monaten porträtieren wir ausgewählte changeX-Leser. Spannende Menschen mit schillernd unterschiedlichen Lebens- und Arbeitswelten. In einer Serie von journalistischen Kurzporträts. Neue Folge 25: Armin Jäger aus Hamburg. / 26.06.08
Armin Jäger
Armin Jäger:
"Ich kann mit dem Begriff Arbeit nichts mehr anfangen. Für mich ist Arbeit Leben. Die klassische Trennung von Arbeit und Freizeit habe ich nicht mehr. Arbeite ich, wenn ich im Bett liege und an Ideen feile? Arbeite ich, wenn ich im Büro hocke und an meinem Bart zupfe? Ich würde das Wort Arbeit gerne ersetzen, um das zu treffen, was mir wichtig ist. Gerade weil ich Arbeit und Leben gleichsetze."
Armin Jäger ist 42 Jahre alt und lebt heute in Hamburg. Er wird in Nürnberg geboren, wo er aufwächst und das Abitur macht. Während des Zivildienstes schreibt er bereits kabarettistische und literarische Texte, die er zusammen mit einem Pianisten aufführt. Er fasst einen künstlerischen Weg ins Auge, ist sich aber nicht sicher, welche Ausbildung er wählen soll. Ein Studium der Germanistik kommt für ihn nicht infrage, "weil ich Angst hatte, zu intellektuell oder verkopft zu werden", sagt er. Er sucht nach etwas, das sein Schreiben kreativ beeinflussen könnte, und findet es schließlich in England: Dort studiert er Tanztheater, Choreografie und Regie am Dartington College of Arts und schließt nach vier Jahren mit dem Bachelor ab. Während seiner Studienzeit schreibt er Theaterstücke und führt Regie. Nach dem Studium kommt es jedoch zu einem Bruch: "Der Aufwand, um an ein paar Pfund Fördergelder zu kommen, war genauso groß wie bei einer Firmengründung, mit Businessplänen, Budgetaufstellungen und Kooperationen", erinnert er sich.

Wenn Unternehmer, dann richtig.


Jäger denkt: "Wenn ich schon Unternehmer sein muss, dann gleich richtig - und auf ertragreicheren Feldern." Er entscheidet sich für einen "Blitz-BWL-Kurs" und macht sich als Übersetzer selbständig. Für die nächsten zwei, drei Jahre entwickelt sich seine Arbeit, unter anderem als Projektleiter für ein größeres Software-Unternehmen, gut. "Doch dann wurde mir das alles zu technisch", sagt Jäger. Er sucht nach etwas, das Künstlerisches und Kaufmännisches wieder enger zusammenführt. Zu dem Zeitpunkt ist er seit acht Jahren in Großbritannien und entschließt sich, nach Deutschland zurückzukehren. "Es war einfach der Wille, wieder in Deutschland etwas zu machen." Durch Zufall trifft er auf einen britischen Verleger, der sein Konzept in Deutschland verwirklicht sehen wollte. Als Geschäftsführer baut Jäger den neu gegründeten Sutton Verlag in Erfurt auf. Bis der Verlag auf zwölf Mitarbeiter anwächst, macht er alles selbst, das Marketing, den Vertrieb, die Herstellung, das Lektorat. Er sieht seine Arbeit jedoch als Zwischenstation, "weil es noch nicht mein eigenes Ding ist". Nach vier Jahren überlässt er den Verlag einem persönlich trainierten Nachfolger und sucht nach etwas Eigenem.
"Aber was ist mein eigenes Ding? Welche Elemente braucht es, damit ich langfristig damit arbeiten und leben kann?", fragt sich Jäger und bestimmt sein eigenes Profil: Einerseits möchte er mit Texten arbeiten, andererseits ist ihm die ausschließliche Arbeit am Schreibtisch zu einsam. Vielmehr möchte er gerne auch intensiv mit Menschen zu tun haben. Ihm fällt auf: "Niemand in Deutschland bereitet richtig für das Schreiben im Beruf vor." Es gebe zwar viele Ratgeber mit Schablonentexten, aber das ist nicht das, was Jäger vorschwebt. Seine Idee: Menschen das Rüstzeug für wirksame Texte in die Hand geben, mit dem sie alle beruflichen Schreib-Herausforderungen meistern können - von der kleinen E-Mail bis zur komplexen Präsentation. Er erkundigt sich bei befreundeten Managern, ob ein Bedarf bestehe. Worthülsen, hermetischer Fachjargon und ständige Missverständnisse im Schriftverkehr bestätigen das. "Dann habe ich einfach losgelegt." Er gründet 2004 sein Unternehmen SchreibSchwung und veröffentlicht sein Buch Erfolgreich schreiben im Beruf. Heute gibt er in größeren Unternehmen Seminare über effektive Schriftkommunikation. Dort zeigt er, wie man mit Kunden erfolgreich korrespondiert oder den hauseigenen E-Mail-Verkehr "entstresst". In kleineren Unternehmen gibt er Einzelcoachings fürs Texten von Internetauftritten, Berichten, Flyern, Newslettern. Wichtig ist ihm, dass die Texte den Ton des Unternehmens treffen und transportieren. Voraussetzung dafür ist genaues Hinhören. "Wir bewegen uns Schritt für Schritt gemeinsam. So verliert der Kunde niemals die Kontrolle auf dem Weg zum optimalen Text."

Qualität jeden Tag erobern.


Jäger arbeitet in einem seiner Wohnung angeschlossenen Büro. Für seine Seminare und Coachings ist er auch viel auf Reisen und arbeitet direkt in den Unternehmen. Die Auftragslage bestimmt die Arbeitsrhythmen. Arbeit und Freizeit gehen ineinander über. Ab neun Uhr morgens ist er im Büro und bearbeitet Konzepte, die Nachmittage sind für Routineaufgaben reserviert. Auf die Frage, was Arbeit ist, antwortet er: "Ich kann mit dem Begriff Arbeit nichts mehr anfangen. Für mich ist Arbeit Leben. Nicht dass ich meine, das Leben müsste Arbeit im herkömmlichen Sinn sein. Arbeit ist insofern wie Leben, dass man mal hochproduktiv ist und mal weniger, dass es mal spannend, mal zäh ist, mal die reine Freude, mal Lehrgeld für später. Die klassische Trennung von Arbeit und Freizeit habe ich nicht mehr. Arbeite ich, wenn ich im Bett liege und an Ideen feile? Arbeite ich, wenn ich im Büro hocke und an meinem Bart zupfe? Ich würde das Wort Arbeit gerne ersetzen, um das zu treffen, was mir wichtig ist. Gerade weil ich Arbeit und Leben gleichsetze." Für Jäger gilt es, die Qualität im Leben wie in der Arbeit stets aufs Neue zu erobern. Und gerade weil er seine Arbeit "lebt", achtet er darauf, dort zu arbeiten, wo es ihm gut geht, sich mit Themen zu beschäftigen, die ihn und andere voranbringen. Texte und "wie man sie rüberbringt" - dies allerdings zieht sich wie ein roter Faden durch sein Leben.
Auf changeX ist er seit dem Start des Magazins gestoßen, das er als "geistigen Nährboden" betrachtet. Er schätzt dessen "Pionierstimmung" und lässt sich immer wieder inspirieren und Mut machen. "Das ist Gold wert."
Armin Jäger hat über das Schreiben zunächst einen künstlerischen Weg eingeschlagen, weil er nicht nur arbeiten, sondern leben wollte. Heute stehen Texte weiterhin im Mittelpunkt seines Arbeitslebens - oder seiner Lebensarbeit.

Sascha Hellmann ist freier Mitarbeiter bei changeX.

Kontakt:
Armin Jäger
SchreibSchwung
Ehrenbergstraße 54
22767 Hamburg
Tel.: 040-38023060
Fax: 01803-551801787
E-Mail: jaeger@schreibschwung.de
Internet: www.schreibschwung.de

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Sascha Hellmann
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Sascha Hellmann ist freier Journalist in Heidelberg. Er arbeitet als freier Mitarbeiter für changeX.

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