Den ersten Schritt in diese Richtung unternahm der amerikanische Transportunternehmer Malcom McLean: "Am 26. April 1956 verschiffte er auf seinem Frachter 'Ideal X' von Newark, New Jersey, 58 gleich große Aluminiumboxen. Fünf Tage später erreichte das Schiff den Hafen von Houston, Texas", schreibt Preuß. Damit sei McLean zwar nicht der Erfinder des Containers gewesen - den gab es schon seit Anfang des 20. Jahrhunderts - aber doch der Erfinder des Prinzips, mit gleichförmigen Behältern eine durchgängige Transportkette von Land auf See und von See wieder an Land zu spannen.
Die Kiste kommt über den Atlantik.
Zehn Jahre später geht in Bremen die Fairland vor Anker und eröffnet so in Deutschland das Containerzeitalter. Mit ungeahnten Folgen: "Mehr als ein Drittel der weltweit fahrenden Containerschiffsflotte gehört heute deutschen Reedereien - amerikanische Unternehmen spielen in diesem Geschäft nur noch eine Nebenrolle." Mit diesem Siegeszug des Containers nahm allerdings auch die globale Aufsplitterung der industriellen Fertigung zu. Und vernichtete viele Arbeitsplätze. Um auf der anderen Seite auch wieder neue zu schaffen, vor allem im Dienstleistungsgewerbe. Dort boomt vor allem die Logistikbranche: "Mit fast drei Millionen Beschäftigten ist sie heute einer der wichtigsten Wirtschaftszweige", sagt Preuß. Dies wird auch durch eine Studie der Fraunhofer-Gesellschaft bestätigt: Kein anderes Land erwirtschaftet so viel mit Logistik-Dienstleistungen wie Deutschland. Das liege zum einen an der Lage des Landes im Herzen Europas - und damit im Zentrum der Import- und Exportströme von inzwischen 27 Mitgliedstaaten. Zum anderen trage die Stärke der eigenen Exportwirtschaft dazu bei.
Die Symbiose auf dem Wasser.
So ist der Gang der Globalisierung:
International agierende Unternehmen tragen die Komponenten für
ihre Produkte aus den verschiedensten Ländern zusammen und
minimieren so die Kosten. "Ohne den Container wäre das
unmöglich", ist Preuß überzeugt: Der Container ermögliche das
schnelle Wachstum des Welthandels, und der wachsende Markt rufe
nach immer mehr Containern, Schiffen und Terminals. Container und
Welthandel ergänzen sich so in einem perfekten Wechselspiel. "Je
größer die transportierten Mengen, desto geringer die Kosten
jedes einzelnen Transports - und desto größer die Nachfrage nach
immer mehr Containerkapazität." Dank der normierten Kiste kostet
beispielsweise der Transport einer Hose vom Hersteller in Asien
bis zum Kunden in Deutschland ganze elf US-Cent. Bei einem
Rattanstuhl sind es etwa 15 Dollar. Der ist aber auch sperriger
und benötigt mehr Platz.
Zwei Drittel des gesamten grenzüberschreitenden Handels
werden dabei über die Seeschifffahrt abgewickelt; gut 40 Prozent
davon entfallen auf Stückgut, das zumeist in Containern unterwegs
ist. Die übrigen 60 Prozent sind Massengüter wie Öl, Eisenerz,
Kohle oder Getreide. "Vereinfacht gesagt transportieren Tanker
oder Massengutfrachter die Rohstoffe und die Energieressourcen,
die 'vorn' in der Volkswirtschaft eingespeist werden. Der
Container enthält das, was 'hinten' aus den Fabriken oder aus der
Landwirtschaft herauskommt", beschreibt Preuß sehr anschaulich
die Verhältnisse hoch zu See. Das ist auch die Stärke des Autors:
einfache und klare Formulierungen, die ohne große Umwege zum Ziel
seines Gedankens führen.
Wie man will: Folgen oder auch keine.
Dabei vergisst er keine Facette dieses Wirtschaftszweiges - auch nicht die sozialen und ökologischen Folgen der Containerschifffahrt. Diese beschreibt der ehemalige stellvertretende Chefredakteur des Greenpeace Magazins genau: "Sie mögen im Falle des Containers für jedes einzelne gefahrene Stück gering erscheinen, in der gesamten Masse der Warenströme fallen sie durchaus ins Gewicht." Denn immerhin seien fast 4.000 Containerfrachter weltweit im Einsatz, vom Zubringerschiff, das einige Hundert Standardcontainer tragen kann, bis zum Giganten mit Stellplätzen für mehr als 13.000 Boxen. Und ein solches Schiff, wie zum Beispiel die Emma Mærsk, schluckt dementsprechend Schweröl: 14.200 Liter in der Stunde - 110.000 PS sind nun einmal durstig. Und es summiert sich. Der Anteil der Schifffahrt am weltweiten Ausstoß von Kohlendioxid liegt bei 2,7 Prozent - das entspricht etwa dem Anteil der Luftfahrt. Zudem kritisiert Preuß, dass die Unternehmen für die verursachten Schäden bisher nicht aufkommen müssen. Von der fehlenden sozialen und gesundheitlichen Absicherung ihrer Arbeiter in Billiglohnländern ganz zu schweigen. Das ist auch der Grund, warum Unternehmen nicht unbedingt ein Interesse daran haben, die seit Jahrzehnten steigende Zahl der "Transportkilometer" zu minimieren - solange der einzelne Kilometer nur billig ist.
Florian Michl ist freier Mitarbeiter bei changeX.
Olaf Preuß:
Eine Kiste erobert die Welt.
Der Siegeszug einer einfachen Erfindung,
Murmann Verlag, Hamburg 2007,
183 Seiten, 22.50 Euro,
ISBN 978-3-86774-003-6
www.murmann-verlag.de
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Olaf Preuß: Eine Kiste erobert die Welt. . Der Siegeszug einer einfachen Erfindung. . Murmann Verlag, Hamburg 1900, 183 Seiten, ISBN 978-3-86774-003-6
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