Der Schulentwicklung neuen Schwung geben.
Neue Unterrichtstypen wie der
Komplexunterricht am Käthe-Kollwitz-Gymnasium in Halberstadt
haben es in deutschen Schulen oft nicht leicht. Zwar gibt es
Hunderte von Lehranstalten, die sich nach dem PISA-Schock auf den
Weg gemacht haben, Neues auszuprobieren. Doch allzu oft bleiben
die Versuche im Experimentierstadium stecken, auf Projektwochen
begrenzt, scheitern an den Vorgaben der Schuldaministration wie
45-Minuten-Takt oder Fächergliederung. Mit einem neuen Netzwerk
von Exzellenz-Schulen, die sich kontinuierlich über ihre
Erfahrungen austauschen, will der Club of Rome der
Schulentwicklung in Deutschland neuen Schwung geben.
Ausgangspunkt ist die Überzeugung: "Das deutsche Schulsystem wird
den Anforderungen einer modernen Gesellschaft nicht mehr gerecht.
Der Konkurrenzdruck im Bildungswesen ist groß geworden. Das liegt
nicht daran, dass der Bildungsstand bei uns absolut gesunken ist,
sondern daran, dass andere Länder schon vor Jahren ... ihre
Bildungsoffensive gestartet haben." Die Macher des Club of Rome
wollen dem Umdenken auch hierzulande einen Kick geben. Denn
längst ist Bildung vom festen Kulturgut zum dynamischen Prozess
geworden. Ziel ist daher die Modernisierung der Schulen, indem
"das einzelne Kind in den Mittelpunkt des gesamten schulischen
Geschehens" steht, mit seinen individuellen Begabungen, seiner
Lernbereitschaft und Neugier, die in der Schule gefördert und
aufrechterhalten werden sollen.
Der Club of Rome hat ein umfassendes Konzept mit Bausteinen
einer anderen Schule aufgestellt. Zum Beispiel: offener
Unterricht statt 45-Minuten-Takt, flexible Lerngruppen statt
Klassenprinzip, Moderator statt Lehrmeister, Lernvereinbarungen
statt Notenschlachten, professionelles Lehrercoaching statt müder
Fortbildungsseminare, individueller Unterricht statt
Gruppenlernen, Lernen in Zusammenhängen statt Fakten pauken, eine
Schule mit viel Musik und Sport und Kunst als wichtige
Lernfelder. 150 Schulen haben sich bundesweit für das Programm
beworben, 23 sind an dem Projekt beteiligt. Start war Sommer
2005.
Taten statt Worte.
Wer sich mit Bildungspolitik
befasst, wird an vielen Ecken dieses Buches müde mit den
Schultern zucken. Das Kind in den Mittelpunkt stellen? Welche
Schule will das nicht. Handlungsorientiertes Lernen? Welche
Pädagogik hätte danach in den vergangenen Jahren nicht gerufen.
Standortbindung der Lehranstalten? Nicht erst mit der Diskussion
um mehr Schulautonomie Mitte der 90er Jahre sind die Schlagworte
in die Debatte gekommen. Würde Axel Beyer dabei stehen bleiben,
würde man sein Buch ermattet als eine weitere von vielen
"Wir-müssen-Schule-anders-machen-und-wiederholen-dabei-die-ewig-gleichen-Forderungen"-Blasen
zurück ins Regal stellen.
Das Schöne ist: Dem Buch liegen Taten zugrunde. Schulen
arbeiten bereits im Netzwerk. Sie dürfen etwas anders machen,
erproben, experimentieren, systematisieren. Wer durch den
Praxisteil stöbert, bleibt immer mal wieder gerne an konkreten
Beispielen hängen. Komplexunterricht. Wirtschaftsnähe. Neuer
Schreibunterricht. Noch sind alles einzelne Experimente, wie in
vielen anderen Schulen auch. Aber vielleicht kann mit dem starken
Partner Club of Rome und dem Anspruch, endlich einen
systematischen Austausch zwischen den (Netzwerk-)Schulen in die
Praxis umzusetzen, im bildungsföderalen Deutschland daraus mehr
werden als ein Sammelsurium von Experimenten.
Axel Beyer:
Wie wir lernen wollen.
Schule kann man ändern. Das Netzwerk der Club of
Rome-Schulen,
Murmann Verlag, Hamburg 2006,
163 Seiten, 12.50 Euro,
ISBN 3-938017-73-2
www.murmann-verlag.de
Anja Dilk ist Redakteurin bei changeX.
© changeX Partnerforum [13.12.2006] Alle Rechte vorbehalten, all rights reserved.
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Axel Beyer: Wie wir lernen wollen. . Schule kann man ändern. Das Netzwerk der Club of Rome-Schulen. . Murmann Verlag, Hamburg 1900, 163 Seiten, ISBN 3-938017-73-2
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Anja DilkAnja Dilk ist Berliner Korrespondentin, Autorin und Redakteurin bei changeX.