Standardisiert oder auf den Kunden zugeschnitten.
Zwei verschiedene Zweige gibt es in
dieser Industrie. Auf der einen Seite stehen Firmen wie IBM oder
Oracle, die standardisierte Anwendungen oder Systemsoftware
anbieten. Dieser Markt wird tatsächlich von den US-Kollegen
beherrscht - mit Ausnahme zweier wichtiger Player, der deutschen
Firma SAP und der Software AG mit Hauptquartier in Darmstadt.
Aber es gibt auch noch einen anderen Zweig der Softwareindustrie.
Gerade in Europa gibt es tausende von kleinen und
mittelständischen Unternehmen, die auf die Kundenbedürfnisse
zugeschnittene Anwendungen entwickeln und verkaufen.
In den 80er und 90er Jahren - der ersten Hochblüte der
Softwareindustrie - konnten die US-Firmen in einem homogenen
großen Markt arbeiten. Ungehindert durch internationale
Begrenzungen konnten sie eine kritische Größe erreichen und damit
große Marktanteile gewinnen. Sie hatten nicht mit der
Fragmentierung zu kämpfen, die für den europäischen Markt typisch
ist. Ihre Strategie wurde, sich auf standardisierte Software zu
spezialisieren und für ihre Applikation möglichst ein Monopol zu
bekommen, also zum Standard zu werden.
Europäische Softwareunternehmen hatten es dagegen durch
kulturelle und sprachliche Barrieren ebenso wie unterschiedliche
Gesetzgebungen schwer, zu großen Playern aufzusteigen. Doch die
europäische Softwareindustrie hat aus den Herausforderungen
Stärken gemacht. Europäische Firmen - viele von ihnen
Ausgründungen aus großen Unternehmen - haben sich auf Services
und Systemintegration spezialisiert; sie konnten sich auf dem
Markt nur behaupten, indem sie kundenorientierte Anwendungen
anboten. Sie haben gelernt, mit den verschiedensten Unternehmen
entlang der Wertschöpfungskette Allianzen zu formen. Heute sind
sie mit diesem Wissen in der Lage, kundenorientiert zu arbeiten.
Nicht dem Kunden Standards aufzuzwingen, sondern seine
Anforderungen mit auf ihn zugeschnittenen Lösungen zu erfüllen.
Schon früh setzten europäische Softwareanbieter auf
internationale Zusammenarbeit, um so eine kritische Größe zu
erreichen und im Markt wahrgenommen zu werden. Denn
Akquisitionen, wie sie von den amerikanischen Unternehmen als
Mittel des Wachstums angesehen wurden, funktionierten in dem
zersplitterten europäischen Markt nicht. Schon in den frühen 90er
Jahren hatten 63 Prozent der europäischen Softwareunternehmen
internationale Verflechtungen, dagegen hatten nur 31 Prozent der
amerikanischen Unternehmen internationale Allianzen und
Kooperationen aufgebaut.
Innovationstreiber Software.
Mit dieser Spezialisierung auf
kundenangepasste Software und Computer Services ist die
europäische Softwareindustrie heute sehr gut positioniert. Denn
gerade in diesem sogenannten Customized-Bereich ist Software
Innovationstreiber und Innovation zugleich. Sie hat dazu geführt,
dass Unternehmen ihre Produktivität deutlich steigern konnten.
Das überrascht nicht, wenn man bedenkt, dass inzwischen 50
Prozent der Industrieproduktion und über 80 Prozent der Exporte
vom Einsatz modernster IT-Systeme abhängen.
Diese Technologie ist Basis für die Stärke des gemeinsamen
Marktes Europa:
- Deutschland verfügt laut World Economic Forum über die Unternehmen, die im Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien weltweit an erster Stelle stehen.
- Europa gehört zu den intensivsten Nutzern von E-Mail, E-Commerce, E-Procurement, B2B-Marktplätzen und Websites.
- Deutschland ist Exportweltmeister und exportiert Güter mit einem überdurchschnittlich hohen F&E-Anteil.
All das weist auf eine besondere
Stärke Europas hin: die Anpassungen von Informations- und
Kommunikationstechnologien in der Wirtschaft. Grundlage dafür ist
betriebliche Anwendungssoftware. Die Wettbewerbsfähigkeit eines
Unternehmens hängt von seiner Innovationskraft ab. Es muss
schnell auf Anforderungen wie kurze Produktlebenszeiten und
höhere Innovationsgeschwindigkeit reagieren können - und das ist
nur mit modernen IT-Systemen zu schaffen. Unternehmen, die sich
dem Wettbewerb stellen, brauchen also betriebliche Software, die
auf sie und ihren Markt zugeschnitten ist. Deshalb ist es so
wichtig, dass Anbieter von betrieblicher Systemsoftware ihre
Anwendungen kontinuierlich den neuen Anforderungen anpassen. Das
betrifft Programme für E-Government oder Onlinebanking genauso
wie Software, die es Kunden möglich macht, in Zusammenarbeit mit
dem Hersteller ihr Auto nach eigenen Wünschen "mitzudesignen".
Kurz, die Anwender brauchen Customized Software, die ihnen
Innovationen bei Produkten, Prozessen und Kooperationen möglich
macht und die sich mit den Kunden weiterentwickelt.
Standardisierte Software kann das nur eingeschränkt. Wir haben in
Europa mit unseren Unternehmen ein Laboratorium für Software als
Innovationstreiber und Innovation!
Vernetzt und integriert.
Europäische Softwareunternehmen
haben ihre Stärke in der Fähigkeit zu vernetztem Arbeiten und
sind damit optimal für die global vernetzte Wirtschaft geeignet.
Heute ist die Europäische Union mit 450 Millionen Menschen nach
China der größte Binnenmarkt. 25 Mitgliedsstaaten hat die
Europäische Union inzwischen - das sind viele Sprachen, Kulturen
und Märkte. Doch die wenigsten europäischen Unternehmen lassen
sich davon bremsen, dass sie es mit einem Markt mit
unterschiedlichen Kulturen, unterschiedlichen Rechtssystemen und
unterschiedlichen Entwicklungsstufen der Wirtschaft zu tun haben.
Die innereuropäische Zusammenarbeit in der Wirtschaft ist bereits
weit fortgeschritten. Dynamische Unternehmensnetzwerke und die
daraus entstehenden virtuellen Organisationen sind die
Wirtschaftsszenarien der Zukunft.
Die zentrale Herausforderung von Organisationssoftware
besteht in Zukunft darin, die komplexen Aktivitäten in diesen
Netzen zu integrieren und zu unterstützen. Der gesamte Prozess
der Unternehmensnetzwerke muss auf operativer Ebene begleitet
werden. Anwendungen müssen integriert und Systeme aneinander
gekoppelt werden. Unternehmensportale müssen für alle Partner im
Netz einen "single view" ermöglichen, also eine einheitliche
Sicht auf Unternehmensdaten. Eine große Chance sind die
Zukunftstechnologie XML und webbasierte Anwendungen - sie machen
neue Szenarien der Unternehmenszusammenarbeit möglich. Mit der
Software AG und Unternehmen wie IDS Scheer oder der SAP AG
verfügt Europa hier über eine starke Ausgangslage.
Die europäischen Softwareunternehmen haben gelernt, mit
Hardwareanbietern und mit ihren Kunden zu kooperieren, um am
Markt erfolgreich zu bestehen. Sie sind in der Lage, ihre
Wertschöpfungskette durch Informationstechnologie zu integrieren.
Sie verstehen heute, welche Anforderungen an die Integration der
internen Anwendungen und der Anwendungen von ihren Kunden
gestellt werden. Sie wissen, dass die Lösung für diese Fragen und
Themen keine standardisierte Software oder eine Schablone ist.
Es gibt kein Naturgesetz, dass die Software aus Silicon
Valley kommen muss. Die europäische Softwareindustrie muss sich
nur noch besser vernetzen und den Nutzen für die Kunden klar
machen, der entsteht, wenn Europa weiterhin eigene IT-Firmen mit
Unternehmenszentrale und Forschung und Entwicklung in Europa hat.
Denn jede von den USA übernommene europäische IT-Firma verliert
ihr Hauptquartier und ihre Forschungs- und Entwicklungsfunktion.
Sie wird zu einer Verkaufsstelle, einem "Sales Outlet". Europa
darf nicht nur eine Verbraucherzone für US-Produkte werden,
sondern muss eigene Produkte entwickeln und exportieren. Nur so
werden wir unseren Lebensstandard in Europa halten können.
Susanne Eyrich ist Vice President Corporate Communications der Software AG.
© changeX Partnerforum [20.06.2005] Alle Rechte vorbehalten, all rights reserved.
changeX 20.06.2005. Alle Rechte vorbehalten, all rights reserved.
Artikeltags
Software AG
Weitere Artikel dieses Partners
Neue Lösungen zur Steuerung operationeller Risiken. zum Report
Mehr Reaktionsschnelligkeit und Flexibilität durch eine neuartige IT-Architektur. zum Report