Strategie und Veränderung

Ein Essay darüber, worauf es in Unternehmen wirklich ankommt.

Von Alfred Doll

Macht es überhaupt noch Sinn, in Zeiten schnellen Wandels Strategien zu formulieren? Ja, ist Alfred Doll überzeugt. Gerade jetzt sind klare Ziele und Visionen, die sich am Kunden ausrichten, wichtig. Klingt einfach, wird aber oft mit Blick auf den Börsenkurs und die Meinung der Analysten vernachlässigt.

Die Zeiten des Jammerns und Lamentierens, des Zauderns und Zögerns sind vorbei. Die Führungscrews in Unternehmen beginnen, sich langsam wieder mit dem auseinander zu setzen, was die Grundlage unternehmerischen Handelns ist: Sie unternehmen etwas. Aber gefragt sind jetzt weder blinder Aktionismus noch das Fortführen des Bisherigen. Jetzt geht es um die Entwicklung robuster Strategien, in denen der Kunde im Vordergrund steht.
Die aktuelle Wirtschaftslage ist nach wie vor schwierig. Das typische Verhaltensmuster in einer solchen Situation sind Kostensenkung, Personalabbau oder die Suche nach neuen Finanzmitteln. Hinzu kommt, dass bei vielen Unternehmen die Wettbewerbsfähigkeit am Börsenkurs, am betriebswirtschaftlichen Ergebnis und an der Zahlungsfähigkeit gemessen wird. All das ist einerseits verständlich, andererseits aber auch sehr gefährlich, besonders dann, wenn es ausschließlich die gegenwärtigen Zahlen und Ergebnisse optimieren will, ohne für künftige Erfolgspotenziale zu sorgen. Die klassischen Indikatoren bestätigen höchstens die Richtigkeit einer Strategie, die in der Vergangenheit umgesetzt wurde. Sie geben keine Auskunft darüber, ob dieser Kurs heute oder in Zukunft noch der richtige sein wird. Wenn erst einmal die Kennzahlen wie Cashflow und Gewinn aus dem Ruder laufen, ist "das Kind bereits in den Brunnen gefallen". Daher ist es notwendig, rechtzeitig eine klare Strategie zu erarbeiten.
Häufig hört man die Meinung, dass in so turbulenten Zeiten Strategien sowieso keinen Sinn machen. Aber genau das Gegenteil ist der Fall: Gerade weil die Zeiten so dynamisch und wechselvoll sind, kann die einfache Fortsetzung der Vergangenheit in die Zukunft nicht mehr funktionieren.

Schwammige Ziele, falsche Orientierung.


Das Ziel jeder Strategie sollte sein, den Unternehmenswert zu steigern. Schaffen lässt sich Letzteres nur, wenn die Leistungen des Unternehmens vom Markt honoriert werden. Daher ist eine der überlebensnotwendigen Fragen, die sich Unternehmer und Manager stellen sollten: "Wofür bezahlt der Kunde wirklich?" Sich diese Frage zu stellen bedeutet auch, Klarheit über den Geschäftszweck des Unternehmens zu bekommen.
Eine zukunftsorientierte Strategie kann nicht ohne Kontext zur Vision, den gelebten Werten und den Kernkompetenzen des Unternehmens selbst entwickelt werden. Das Zielsystem eines Unternehmens, von der Vision bis zu den operativen Geschäftszielen, muss nicht nur formal, sondern auch inhaltlich schlüssig sein. Häufig sind Fehlleistungen in den Strategieentwicklungen von Unternehmen durch schwammig formulierte und falsch verstandene Visionen und Leitbilder entstanden.
Aber zu einer guten Strategie gehört nicht nur die Zielformulierung, sondern auch die Umsetzung. Daher müssen Strategien auch verbindliche Aussagen über die Realisierung treffen. Hier gilt es, mit besonderem Augenmerk zu arbeiten. Viele Unternehmen haben in der Vergangenheit den bunten PowerPoint-Shows und den schicken Anglizismen der renommierten Berater geglaubt und sind somit einen steinigen Weg der Erkenntnis gelaufen: Fast 80 Prozent der Strategieprojekte in Unternehmen sind in den vergangenen fünf Jahren gescheitert, weil die festgelegten Ziele nicht annähernd erreicht wurden. Eigentlich kein Wunder. Denn bei den fehlgeschlagenen Projekten richtete sich die Strategie am Shareholder, an Analysten oder an nebulösen Visionen aus - nicht am Kunden und der Befähigung des Unternehmens.

Die Fähigkeit zur Veränderung.


Aus diesen Erkenntnissen gilt es zu lernen. Gefragt sind in Zukunft pragmatische, schnelle Verfahren, die ein Unternehmen wieder auf die richtige Strategie zusteuern lassen. Zu Königsdisziplinen für erfolgreiche Strategieprojekte werden scheinbar banale Dinge wie klare, die Mitarbeiter begeisternde Ziele, striktes Projektmanagement und frühzeitiges Einbeziehen derjenigen, die für die Umsetzung verantwortlich sind.
Darüber hinaus ist die Befähigung der gesamten Unternehmensorganisation zur dynamischen Veränderung überlebensnotwendig. Denn die Parameter zur erneuten Strategieanpassung werden sich schneller ändern, als es den meisten lieb ist. Daher ist es eine Schlüsselaufgabe für die Unternehmensleitung, die Fähigkeit zur Veränderung als eine Kernkompetenz in die neue Strategie des Unternehmens einzuarbeiten.
"Nur die Strategien sind erfolgreich, die von den Beteiligten im Unternehmen auch gelebt werden." Dieser Leitspruch enthält alle Qualitäten, die eine erfolgreiche und damit "richtige" Strategie ausmachen. Um diese zu entwickeln, benötigt das Management eines Unternehmens eine klare Orientierung durch eine Vision, Werte und Leitbilder. Darüber hinaus werden neben analytischen Fähigkeiten auch kommunikative Fähigkeiten verlangt. Sie fördern das Informationsverhalten, die Führungs- und Teamkultur und die Akzeptanz der Veränderungen im Unternehmen, also die Unternehmenskultur insgesamt.
Leider gibt es keine Rezepte für die richtige Strategie. Aber es gibt bewährte Methoden, die helfen, die eigene Strategie zu finden und sie auch pragmatisch umzusetzen. Denn Strategie ist niemals ein akademisches Fach, sondern eine praktische Disziplin.

Alfred Doll ist einer der beiden Gründer und Geschäftsführer des atunis Instituts. Es hat sich zur Aufgabe gemacht, mit seinen Netzlogik -Methoden Unternehmer und Führungskräfte im Aufbau der Beziehungskompetenz als Managementdisziplin zu unterstützen und ihre Auswirkung in konkreten Kundensituationen zu verifizieren.

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