Raus aus der Schülerrolle
Serie Umschulung: Folge 7 - Lernen auf Distanz.
Anfang Oktober hat Siemens Business Services, Training and Services einen ganz besonderen Java-Lehrgang gestartet. Er wird nach dem Lernmodell des "Distance Learning" durchgeführt: Gelernt wird in Projektgruppen, die per Datenleitung mit den Dozenten verbunden sind und vor Ort gecoacht werden. Die ersten Erfahrungen sind sehr positiv.
Immer öfter sah Christa Caspar in
Stellenanzeigen, dass bei Programmierern Java-Kenntnisse gefragt
waren. Also schaute sie sich um, was für Kurse angeboten wurden -
und stieß auf einen Kurs von Siemens Business Services, Training
and Services, der perfekt zu passen schien. Drei Monate sollte er
dauern, das nötige Vorwissen hatte sie. Aber der Kurs würde nach
der neuen Lehrmethode "Distance Learning" durchgeführt werden,
würde sie damit klarkommen? "Am Anfang war ich skeptisch, ob das
funktionieren würde", berichtet sie. "Aber es hat sehr gut
geklappt. Auch die anderen Teilnehmer haben die Lernform sehr
schnell akzeptiert."
Entwickelt hat das innovative pädagogische Konzept Siemens
Business Services, Training and Services. So funktioniert es: Das
fachliche Know-how bekommt die Teilnehmergruppe, wie der Name
schon andeutet, auf Distanz, in Form von interaktiven Vorlesungen
über Video-Beamer. Anschließend lösen die Teilnehmer am Computer
Aufgaben und üben das neue Wissen praktisch ein. Über eine
E-Learning-Plattform sind sie mit den anderen Gruppen in ganz
Deutschland vernetzt und können unklare Punkte untereinander oder
mit dem Dozenten klären.
Der Vorteil dieser Lernform: Die Teilnehmer bilden ein
Projektteam, lernen selbstorganisiert und verfallen erst gar
nicht in die passive Schülerrolle. "Möglichst viel lernen und
erarbeiten sich die Gruppen im Team selbst - denn auf diese Weise
bekommen die Teilnehmer Erfahrung darin, Aufgaben eigenständig zu
lösen", erklärt Ursula Kahra, bei Siemens Business Services,
Training and Services, verantwortlich für das Designmanagement
von (Re-)Qualifizierungsmaßnahmen. Neben den fachlichen Inhalten
trainieren die Mitglieder der Gruppe methodische Kenntnisse wie
Projektmanagement sowie das Dokumentieren und Präsentieren von
Ergebnissen. Auch die sozialen und kommunikativen Fähigkeiten,
die für die Teamarbeit nötig sind und auf die die Wirtschaft viel
Wert legt, üben sie quasi nebenher ein.
E-Learning in der Gruppe.
Insgesamt 102 Teilnehmer, die
meisten von ihnen zwischen 30 und 40 Jahre alt, nehmen an diesem
ersten Pilotseminar teil. An elf Standorten in ganz Deutschland
haben sich Lerngruppen gebildet. Die Resonanz auf die
Ausschreibung war so groß, dass sogar nicht alle Interessenten
teilnehmen konnten. Unterrichtet werden die Gruppen von zwei
Dozenten, die im zentralen Sendestudio in Berlin sitzen. "Es gab
viele Interessenten, die auf die neue Lernmethode neugierig waren
- aber es gab auch Vorbehalte", berichtet Petra Schmoranz von
Siemens Business Services, die die Teilnehmer in Berlin betreut.
"Wir hatten im Vorfeld spannende Diskussionen um die Frage: Kann
man so lernen?" Doch mit den Erfahrungen des ersten Monats sind
sie und ihre Kollegen sehr zufrieden - das Experiment scheint ein
Erfolg zu werden.
Das ist nicht verwunderlich, wenn man bedenkt, wie viel
Weiterbildungs-Know-how und Erfahrung Siemens Business Services,
Training and Services in den Kurs einfließen ließ. Verwendet wird
dafür die bewährte E-Lernplattform von Siemens Business Services,
die sich auch zum Einzellernen daheim einsetzen lässt. "Aber das
Lernen in der Gruppe hat demgegenüber deutliche Vorteile - bei
der Evaluierung von E-Learning-Projekten hat man gesehen, dass
die Teilnehmer sonst leicht vereinsamen", erklärt Martin
Petschke, bei Siemens Business Services zuständig für die
Entwicklung dieses Programms, "ihnen fehlen Kontakte zu anderen,
und es ist schwieriger, den eigenen Wissensstand einzuschätzen."
Beim Kurs per Distance Learning bleibt keiner allein, von Anfang
an unterstützen sich die Teilnehmer gegenseitig. "Ich habe
schnell die Rolle eines Tutors übernommen, weil ich schon recht
viel Java-Erfahrung hatte und den anderen weiterhelfen konnte",
erzählt der Programmierer Horst Pfitzner, der von Berlin aus am
Distance-Learning-Kurs teilnimmt. "Aber auch die anderen
Teilnehmer/innen sind ja keine Anfänger und konnten ihre
Erfahrungen einbringen. Meist lassen sich Fragen in der Gruppe
klären."
Dozent in der Ferne, Coach vor Ort.
Sobald sich an einem Standort eine
Gruppe von acht bis zehn Personen zusammengefunden hatte, konnte
es losgehen. Jedes Teammitglied im "Projektbüro" hat seinen
eigenen PC-Arbeitsplatz und übernahm dazu eine der Rollen, wie
sie auch in klassischen Teams vorkommen - vom Projektleiter über
einen Moderator bis hin zum Mitarbeiter, der sich um die
Dokumentation kümmert. Nach dem Rotationsprinzip werden die
Rollen gewechselt, damit jeder verschiedene Funktionen einüben
kann. "Es gab Lerngruppen, die sich schnell als Team
zusammengefunden haben, diese Gruppen waren sehr zufrieden - es
gab aber auch kritische Gruppen, die mit der Technik nicht auf
Anhieb klargekommen sind", erzählt Petra Schmoranz von den ersten
Erfahrungen. "In diesem Fall mussten die lokalen Betreuer etwas
mehr Anleitung geben." Jede Lerngruppe hat ihren eigenen Coach
vor Ort, der dem Team hilft, sich selbst zu organisieren, und als
Ansprechpartner zur Verfügung steht.
Sind diese organisatorischen Fragen geklärt, beginnen die
unterschiedlichen Lernphasen, die aufeinander aufbauen - das
Wissen wird vermittelt, erarbeitet, dann angewandt, präsentiert
und diskutiert. Eins dieser Elemente sind "Live Sessions", in
denen Stoff vermittelt wird. Diese Vorlesungen werden aus dem
"Kompetenzzentrum" zu den Lerngruppen ins Projektbüro übertragen
und dort per Beamer für die Teilnehmer visualisiert. Dabei können
die Teilnehmer den Fachdozenten, der im zentralen Sendestudio
sitzt, hören und sehen, gleichzeitig werden Informationsfenster
eingeblendet. Per "Application Sharing" können Dozent und
Lerngruppe für beide Seiten sichtbar gemeinsam in einem Programm
arbeiten, der Dozent kann quasi aus der Ferne einen PC der
Lerngruppe ansteuern und etwas demonstrieren. So bekommt die
Gruppe praxisorientiertes Know-how über objektorientierte
Softwareentwicklung mit Java, erfährt, wie man aus
Java-Programmen mit Datenbanken arbeitet, oder wie man "Servlets"
fürs Internet oder Anwendungen programmieren kann.
"Sowohl die Dozenten als auch die Teilnehmer waren
besonders am Anfang sehr konzentriert bei der Sache", erinnert
sich Christa Caspar an ihre ersten Live Sessions. "Inzwischen
sind wir lockerer geworden, alle haben sich an die Methode
gewöhnt, sie ist zum Normalzustand geworden."
Fragen übers Callcenter.
Nach den Unterrichtseinheiten
folgen Einzelarbeitsphasen und gemeinsame Projektarbeiten, in
denen das neue Wissen in Aufgaben und Übungen angewandt wird.
Dabei sind die Teilnehmer nur scheinbar auf sich gestellt.
Tauchen Fragen oder Probleme auf, die die Gruppe nicht selbst
klären kann, können die Teilnehmer sich jederzeit an das
Sendestudio wenden. "Ein einzelner Dozent wäre überfordert, wenn
er alle Rückfragen bearbeiten müsste", erklärt Ursula Kahra. "Je
mehr Teilnehmer am Kurs teilnehmen, desto mehr Experten sitzen
auch im Studio. Das funktioniert ähnlich wie in einem
Callcenter."
Ähnlich unkompliziert ist es auch: Wer während der
Vorlesung eine Frage hat, bekommt eine schriftliche Antwort, in
der Praxisphase danach genügt es, ein Icon auf seinem Computer
anzuklicken. Dann spricht man per Headset (Kopfhörer-Mikro) mit
seinem Dozenten und lässt ihn, wenn nötig, die Steuerung seines
Computers übernehmen. "Vieles klären wir aber auch in den
virtuellen Foren, die allen Teilnehmern bundesweit für den
Austausch zur Verfügung stehen", berichtet Horst Pfitzner. "In
dieser Newsgroup kann man auch speziellere Fragen stellen, darauf
antworten entweder Teilnehmer oder der Dozent."
Geplant ist, dass alle Teilnehmer mithelfen, auf der
Plattform Stück für Stück eine gemeinsame Online-Materialsammlung
aufzubauen.
Mediale Fähigkeiten.
Kleinere Pannen gab es bei dem
Pilotkurs natürlich auch, vor allem bei der Infrastruktur. "An
einem Standort brach das Netz des Telekommunikationsanbieters
zusammen. Nachdem es wiederhergestellt war, haben wir den
Teilnehmern angeboten, die aufgezeichnete Sendung anzusehen",
erklärt Martin Petschke. Bei einer anderen Gelegenheit kam ein
Stromausfall in Berlin der Live Session in die Quere. "Wir haben
inzwischen eine Hotline eingerichtet, um auf Probleme mit dem
Netzwerkzugang noch schneller reagieren zu können."
Doch insgesamt sind die Erfahrungen so positiv, dass sich
Ursula Kahra und ihre Kollegen nun sicher sind: Die neue Methode
Distance Learning erlaubt es, effektiv und kostengünstig Wissen
an eine große Zahl von Teilnehmern zu vermitteln. Deshalb soll
sie in Zukunft zum regulären Element des Portfolios werden.
Für Dozenten und Teilnehmer ist das "Distance Learning" vor
allem Gewöhnungssache. "Beide Seiten lernen einen veränderten
Umgang mit Kommunikationsmedien, auf einmal sind ganz andere
mediale Fähigkeiten gefordert", meint Martin Petschke. "Mit viel
bunter Kreide und lebhafter Körpersprache ist es jetzt nicht mehr
getan - per Train-the-Trainer vermitteln wir unseren Dozenten
andere Methoden, um die Aufmerksamkeit der Teilnehmer zu fesseln.
Und für die Teilnehmer ist es später im Berufsalltag nützlich,
wenn sie Application Sharing und Net Meetings gewohnt sind."
Eins ist sicher: Wer eine solche IT-Qualifizierung
mitgemacht hat, der ist gerüstet für eine vernetzte
Zukunft.
Zur Übersicht aller bisher erschienenen Beiträge der "Serie Umschulung".
Kontakt:
ursula.kahra@siemens.com
www.siemens.de/training
Nina Hesse ist freie Mitarbeiterin von changeX.
Zum changeX-Partnerportrait: Siemens Business Services, Training and Services.
© changeX Partnerforum [19.01.2004] Alle Rechte vorbehalten, all rights reserved.
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