Mit beiden Beinen in der Praxis
Serie Umschulung: Folge 6 - Duales Studieren.
In Zusammenarbeit mit der Fachhochschule Gelsenkirchen hat Training and Services, der Trainingsanbieter von Siemens Business Services, einen dualen Bachelor-Studiengang entwickelt, der Theorie und Berufspraxis verknüpft. Jeder Student arbeitet während des Studiums in seiner "Partnerfirma", die ihn auch sponsert. Das Ziel: passgenau ausgebildeter IT-Nachwuchs für die Wirtschaft, um sich rechtzeitig für den Aufschwung zu rüsten.
Ein paar Praktika, hier mal jobben,
da mal jobben - wenn nötig, auch mal als Postbeamter oder
Sekretärin. Viele Studenten haben eher beiläufigen Kontakt zur
Wirtschaft. Nach dem Studium sehen sie sich einer ganz neuen Welt
mit eigenen Gesetzen und Mechanismen gegenüber - und müssen sich
an ihrem neuen Arbeitsplatz mühsam einarbeiten. Dieses Handicap
haben die Absolventen des dualen Bachelor-Studiengangs am Siemens
Business College of Information and Communications nicht.
Entwickelt wurde der Studiengang von Training and Services, dem
Trainingsanbieter von Siemens Business Services, in Kooperation
mit der Fachhochschule Gelsenkirchen. Er verknüpft Theorie und
Praxis auf neue Art: Einerseits absolvieren die Studenten einen
dreijährigen Studiengang und erwerben, wenn sie ihre
Abschlussarbeit bewältigt haben, einen "Bachelor of Information
and Communications". Andererseits arbeiten sie währenddessen
schon in einem bestimmten Unternehmen und sind in dieses von
Anfang an eingebunden - sie absolvieren ihre Praktika dort,
bearbeiten ein reales Kundenprojekt für ihre Abschlussarbeit und
werden nach Abschluss ihres Studiums dort weiterbeschäftigt.
"Das ist eine Qualifizierungsperspektive, die im Hinblick
auf Unternehmensintegration und Schnelligkeit jedem klassischen
Studium überlegen ist", meint Gesine Schmithals von Training and
Services (Leitung Vertrieb Berlin). Auch Studienleiter Professor
Stephan Rempel von Training and Services war von dem Konzept
sofort überzeugt. "Ich fand die Idee faszinierend, weil der
Ansatz darin besteht, eine Brücke zu schlagen zwischen den
praktischen Erfordernissen der IT-Branche einerseits und einer
akademischen Ausbildung mit staatlichem Zertifikat andererseits.
Im Bereich Hightech gibt es nichts Vergleichbares."
Hat das duale Studium eine Vorreiterfunktion? Professor
Detlef Mansel, der das Projekt auf der Seite der FH Gelsenkirchen
betreut, erklärt: "Ich halte es für eine wichtige Ergänzung der
Bildungslandschaft. Natürlich wird es weiterhin grundständige
Studiengänge geben - aber für eine besondere Klientel, nämlich
für Menschen, die schon im Beruf stehen, ist es ein sehr gutes
Angebot."
Das schnelle Studium hat seinen Preis: Semesterferien gibt
es nicht, und auch das Kommen und Gehen nach Gusto, das an
normalen Unis verbreitet ist, ist verpönt. Stattdessen erwarten
jeden Teilnehmer 220 knallharte Studien- und Arbeitstage pro
Jahr. Kostenlos ist das privatwirtschaftliche Studium nicht: Die
Studiengebühren werden jedoch vom Partnerunternehmen des
Studenten getragen. Für Mansel ist das kein Nachteil: "Eine
solche hohe Hürde garantiert ein hohes Commitment der Firma -
denn wenn es sie etwas kostet, wird sie sich auch für den
Mitarbeiter engagieren."
Makler zwischen Wirtschaft und Studenten.
Das ungewöhnliche Studium hat sich
aus dem Leistungsspektrum des führenden IT-Service-Anbieters
Siemens Business Services heraus entwickelt. Der Siemens-Bereich
bietet Leistungen entlang der gesamten IT-Dienstleistungskette
aus einer Hand - vom Consulting über die Systemintegration bis
zum Management von IT-Infrastrukturen. Training and Services
führt seit mehr als 20 Jahren berufsqualifizierende Lehrgänge
durch, in denen Teilnehmer für ein neues Tätigkeitsfeld im
Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologie geschult
werden. Ein Bewerbercoaching am Ende des Lehrgangs hilft den
Absolventen, eine qualifizierte Stelle zu finden. Im Laufe der
Jahre haben sich dadurch intensive und erfolgreiche Kontakte zu
Arbeitgebern innerhalb und außerhalb der Siemens AG entwickelt.
Training and Services entwickelt, organisiert und betreut auch
bedarfsgerechte Weiterbildungen für Unternehmen, damit das Wissen
der Mitarbeiter auf dem neuesten Stand ist oder vorhandene
Mitarbeiter für neue Aufgabengebiete requalifiziert werden
können. Das Ziel jeweils: Wettbewerbsvorteile durch
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit dem richtigen Wissen und den
richtigen Fähigkeiten.
Dieser Austausch mit der Wirtschaft zahlte sich in
vielerlei Hinsicht aus, als der Gedanke an ein neuartiges Studium
aufkeimte. "Aufgrund unserer Qualifizierungsmaßnahmen haben wir
einen sehr guten Kontakt zu Arbeitgebern und wissen, welche
Technologien sie einsetzen und was für Erfordernisse sie haben",
berichtet Dr. Martin Petschke von Training and Services, der im
intensiven Austausch mit der FH Gelsenkirchen das Curriculum
entwickelt hat. "Die Herangehensweise ist deshalb auch eine ganz
andere als bei einem normalen Informatik-Studiengang, bei dem
viele abstrakte Theorien abgehandelt werden. Bei uns geht es um
Technologien, die die Studenten passgenau im Berufsalltag
einsetzen können."
Praktisch war der gute Draht zu Unternehmen aber auch, als
es ganz konkret daranging, Partner für den dualen Studiengang zu
finden. Von Anfang an agierte Training and Services als Makler
zwischen Unternehmen und potenziellen Teilnehmern. Die
langjährige Trainingserfahrung wirkte als Türöffner. Die Dexia
Hypothekenbank in Berlin beispielsweise arbeitet seit Jahren mit
Training and Services zusammen; sie hat schon eine ganze Reihe
von Absolventen eingestellt, die Training and Services ihr
vermittelt hatte - vor allem System- und Netzwerkspezialisten.
"Wir sind sehr zufrieden mit den Leuten, die wir übernommen
haben. Sie zeichnen sich durch hohe Fachkompetenz aus und können
sofort eingesetzt werden", lobt Frank Plaster von der Dexia
(IT-Leiter und Prokurist). So baute sich schnell ein
Vertrauensverhältnis auf. "Als Siemens Business Services mit der
Idee des dualen Studiengangs an uns herantrat, waren wir sofort
angetan. In der Vergangenheit hatten die von Training and
Services ausgebildeten Kandidaten immer ein sehr gutes
Niveau."
Strenge Auswahl.
Kein Wunder: Die Vorauswahl, die Training and Services durchführt, ist streng. Wer die formalen Eingangsvoraussetzungen erfüllt, muss sich einem gründlichen DV-Eignungstest unterziehen. Hinzu kommt ein intensives persönliches Bewerbungsgespräch. "Schon im Auswahlverfahren achten wir darauf, dass die Studenten auch soziale Kompetenzen mitbringen - optimal finden wir Beraterpersönlichkeiten", meint Petra Schmoranz, Trainingsleitung Berlin und eine der beiden Vorsitzenden des College-Koordinierungsrats. Nimmt ein Bewerber alle Hürden, kommt er in einen "Pool", aus dem die beteiligten Unternehmen ihren künftigen Mitarbeiter aussuchen können. Wer kein Partnerunternehmen findet, der muss auf das Studium verzichten. Aber auch Unternehmen können geeignete Kandidaten vorschlagen, zum Beispiel einen Abiturienten aus dem eigenen Unternehmen, der nach seiner Lehre an ein Studium denkt und dem Unternehmen so verloren gehen würde. Entscheidet er sich für einen Bachelor of Information and Communications am Siemens Business College, bleibt er der Firma erhalten.
Theorie und Praxis verbinden.
Seit gut zwei Jahren läuft das
Studium nun schon. Nur fünf Prozent der Studenten haben bisher
abgebrochen. Besonders die Verbindung von Theorie und Praxis hat
sich bewährt. Andreas Schlorke, dualer Bachelor-Student bei der
Dexia, erzählt: "Es ist unheimlich wertvoll, dass man in der
Firma gleich anwenden kann, was man im Studium gelernt hat." Er
hatte durch einen Zeitungsartikel von dem innovativen Studiengang
erfahren. Jetzt hat er die Chance, das IT-Wissen, das er sich als
Kaufmann bei einer Wohnungsbaugesellschaft erworben hat, zu
vertiefen und einzusetzen. Schlorke: "Für mich war es attraktiv,
dass man einen internationalen Abschluss macht, kein normales
Diplom."
Auch Siemens Business Services und die Partnerfirmen sind
sehr zufrieden. "Bisher sind unsere Erfahrungen ausgesprochen
positiv - die Erwartungen, dass Studium und Arbeit sich
gegenseitig befruchten, haben sich voll erfüllt", resümiert
Schmoranz. Der College-Koordinierungsrat, in dem sie mitwirkt,
ist von den Partnern paritätisch besetzt. Er wacht auf der
Grundlage des Hochschulgesetzes streng über die Qualität des
Studiums. Aber er entwickelt dieses auch kontinuierlich weiter,
denn die Technik verändert sich mit atemberaubender
Geschwindigkeit. Da ist es entscheidend, dass die Lehrinhalte
stets aktuell sind. Dafür sorgen auch die Dozenten aus der
Wirtschaft. "Die Dozenten sind alle sehr praxisorientiert, man
kann von ihnen sehr viel Wissen mitnehmen und es sofort einsetzen
- das ist ein großer Vorteil gegenüber dem normalen Studium",
erzählt Schlorke begeistert.
Soft Skills werden groß geschrieben.
Neben den rein fachlichen Inhalten
wie objektorientierte Softwareentwicklung, Datenbankdesign und
der Administration von Linux beziehungsweise Windows trainieren
die Studenten im dualen Studium Sozialkompetenz, Prozesskompetenz
und Businessanalyse-Kompetenz. Betriebswirtschaftslehre gehört
zum Curriculum - aus guten Gründen. "IT-Firmen haben oft einen
Spagat zu bewältigen - sie müssen Computerprogramme entwickeln,
die profunde technische Kenntnisse voraussetzen, aber
wirtschaftlich realisiert werden sollen", erklärt Petschke.
"Zudem brauchen die Mitarbeiter oft Fach-Know-how aus dem
Bereich, in dem das Programm später einmal eingesetzt werden
soll, zum Beispiel dem Bankwesen. Das heißt, ideal ist, wenn die
Leute eine Doppelqualifikation aufbauen. Wenn sie nicht nur
programmieren, sondern auch mit Kaufleuten reden können."
Aber auch Moderation, Präsentationstechniken, Controlling
in Projekten und vieles mehr steht im dualen Studium auf dem
Programm: am Siemens Business College sind alle Themen mit dem
Erwerb von Schlüsselqualifikationen abgestimmt.
Das straff strukturierte Curriculum bildet den Prozess
einer neuen oder zu verändernden Softwareapplikation oder
IT-Infrastruktur ab. In der ersten, 18 Monate dauernden Phase
liegt der Schwerpunkt auf der Projektrealisierung. In der zweiten
Phase steht der Schritt zum Consulting im Zentrum des Lernens.
Nun müssen die Studenten beweisen, dass sie eine angemessene
Lösung entwickeln und über ein entsprechendes Angebot bis zum
Vertrag vorantreiben können. Im Team lösen sie mehrere
Fallstudien und trainieren dabei das Programmieren und das
Consulting. Haben sie das bewältigt, ist es auch schon Zeit für
das reale Abschlussprojekt, das jeder Student mit Unterstützung
seines Betreuers in der Firma bearbeitet. Dann steht die Prüfung
bevor und winkt das Abschlusszeugnis, das die FH Gelsenkirchen
verleiht.
Mix aus Präsenz- und E-Learning.
Zwischen den einzelnen
Theoriephasen liegen immer wieder Projektarbeiten und Praktika im
Partnerunternehmen. Training and Services und die FH
Gelsenkirchen hatten sich entschieden, zeitgemäße Lernmethoden in
das neue duale Studium zu integrieren. Deshalb wird der
Präsenzunterricht durch Lernen im Netz ergänzt. Damit bekommen
die Teilnehmer Übung im Umgang mit den neuen Medien und
trainieren gleichzeitig ihre Fähigkeit, selbstständig zu
arbeiten. Denn ihre Lerntage im Netz teilen sich die Teilnehmer
frei ein. Sie können in "Selbstarbeitsphasen" Aufgaben lösen, per
Newsgroup mit ihrer Lerngruppe im Business-College-Netz
kommunizieren und Fragen stellen. Über eine Chat-Box, das
elektronische Diskussionsforum, sind auch direkte Lerndialoge mit
den anderen Studenten und dem Dozenten möglich. "Im Grundstudium
wird dafür eine standardisierte E-Learning-Software verwendet, im
Hauptstudium werden die Studenten aktiv eingebunden und bauen als
Studienprojekt eine eigene Plattform", berichtet Studienleiter
Rempel.
Training and Services stellt allen Studenten einen Laptop
zur Verfügung, damit sie an ihren unterschiedlichen
Arbeitsplätzen flexibel lernen und arbeiten können.
Job-Sicherheit nach dem Abschluss.
Nicht nur deshalb sind die Studienplätze begehrt - auf die erste Ausschreibung bewarben sich bereits weit mehr junge Leute, als aufgenommen werden konnten. Besonders zurzeit ist es Gold wert, nach dem Studium einen festen Job in Aussicht zu haben und garantiert übernommen zu werden. Schlorke hatte nicht die geringsten Probleme damit, dass er sich zum Ausgleich für die finanzielle Unterstützung drei Jahre an die Dexia binden muss. Praktisch ist es für ihn auch, dass er während des Studiums von der Bank ein normales Lehrlingsgehalt bekommt, denn auf Bafög hätte er keinen Anspruch. Die Dexia wiederum hält durch die Teilnahme an dem dualen Studiengang wichtige Know-how-Träger im Unternehmen. Mit der Teilnahme plant die Bank clever voraus: "Für uns ist das eine ganz bewusste Personalentwicklungsstrategie", sagt Plaster. "Wir schaffen uns mit dem dualen Studium Personal auf Vorrat. Denn wenn unser Herr Schlorke im nächsten Jahr voll einsatzfähig ist, werden wir sicher wieder Bedarf an Mitarbeitern haben. Wir planen jetzt schon für den Aufschwung - und hoffen, dass sich das bestätigt."
Zur Übersicht aller bisher erschienenen Beiträge der "Serie Umschulung".
Nina Hesse ist freie Mitarbeiterin von changeX.
Kontakt:
Gesine Schmithals
gesine.schmithals-graf@siemens.com
© changeX Partnerforum [14.08.2003] Alle Rechte vorbehalten, all rights reserved.
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