Gut umgeschult ist halb gewonnen
Serie Umschulung: Folge 2 - Lehre im Schnelldurchlauf.
Eine Umschulung ist oft die Chance, in der Wirtschaft wieder richtig Fuß zu fassen - und dies mit fundierten Kenntnissen und einem anerkannten Abschluss. Diese Erfahrungen machten die Absolventen des Applikationsentwickler-Kurses von Siemens Business Services, der sie zum Fachinformatiker qualifizierte.
Einen neuen Job zu finden ist nicht leicht. Gerade in einer wirtschaftlichen Krise. Gerade dann, wenn man kein abgeschlossenes Studium oder eine solide Ausbildung vorweisen kann. Das war auch Manfred Rädermann klar. Vor zweieinhalb Jahren, als die Wirtschaft boomte, hatte er wie viele andere Kommilitonen sein Betriebswirtschaftsstudium geschmissen und angefangen zu arbeiten. Doch als die Nachrichten aus der Wirtschaft immer schlechter wurden, entschied er sich - mittlerweile arbeitslos -, seine Kenntnisse auf eine solide Basis zu stellen. "Software war für mich ein Hobby, ich habe schon als Jugendlicher damit herumgebastelt", erzählt er. "Ich hatte Lust, dieses Hobby zum Beruf zu machen." Mit 28 anderen Teilnehmern absolvierte er den Lehrgang "Applikationsentwickler kaufmännische Systeme" (SAP R/3) im Training Center Münster von Siemens Business Services. Als Bildungsträger qualifiziert der Bereich Training and Services von Siemens Business Services deutschlandweit Quereinsteiger und Arbeitslose für IT-Aufgaben. Dabei arbeitet er schon seit 20 Jahren mit Arbeitsämtern und Unternehmen zusammen. Zwischen drei und 24 Monate dauern die Kurse, deren Kosten meist vom Arbeitsamt übernommen werden. Zwar sind IT-Kenntnisse allein kein Freibrief für Erfolg, doch eine solide Ausbildung ist immer noch eine Chance, auf die man aufbauen kann.
Breites Fachwissen - gute Jobchancen.
Der Kurs in Münster, der im Herbst
2002 zur Prüfung antrat, mauserte sich zur Erfolgsstory. Alle
Teilnehmer bestanden die IHK-Prüfung für den Berufsabschluss
Fachinformatiker (Fachrichtung Anwendungsentwicklung) mit guten
Ergebnissen und hatten so einen anerkannten Abschluss in der
Tasche. Zwei von ihnen bekamen die Bestnote "Sehr gut", keiner
fiel durch. Und das, obwohl sie den Stoff einer normalen,
dreijährigen Lehre in zwei Jahren absolviert hatten. Bei Siemens
Business Services liegt die Zahl der Absolventen, die die
IHK-Prüfung nicht bestehen, seit Jahren unter zehn Prozent - und
damit weit unter dem Durchschnitt anderer Bildungsträger.
Ein beachtlicher Teil der Absolventen fand auf Anhieb einen
Job. Auch Rädermann, denn durch sein Praktikum und die
freiberufliche Arbeit bei seiner ehemaligen Praktikumsfirma hatte
er wertvolle Kontakte bekommen. So klappte der Übergang perfekt.
Heute ist Rädermann, 38, in der Softwareentwicklung bei einer
Unternehmensberatung für Finanzdienstleister - und muss nicht
länger fürchten, als Quereinsteiger ohne anerkannten Abschluss
schief angeschaut zu werden.
"Leider ist die Vermittlungsquote der Absolventen zurzeit
nicht ganz so hoch wie vor ein paar Jahren, aber sie beträgt
immer noch um die 80 Prozent", bestätigt Ursula Kahra, bei
Training and Services verantwortlich für das Designmanagement von
(Re-)Qualifizierungsmaßnahmen. "Denn die Unternehmen wissen, dass
sie aus diesen vielen IT-Lehrgängen, die an den einzelnen
Standorten durchgeführt werden, gut ausgebildete Spezialisten mit
breitem Fachwissen bekommen." Die Kurse sind angelehnt an die
neuen arbeitsprozessorientierten Profile der betrieblichen
IT-Weiterbildung, die es Quereinsteigern ermöglicht, durch die
Arbeit an Projekten in ihrem Unternehmen eine anerkannte
Qualifizierung zu erwerben.
Flexibles Curriculum.
IT-Ausbildungen und -Umschulungen
sind heute anders aufgebaut als Ausbildungen früher. Mit gutem
Grund, die alten Regelungen waren zu unflexibel. "Beim
DV-Kaufmann stand beispielsweise in der Ausbildungsordnung, dass
die Absolventen sich mit Großrechnern und der Computersprache
COBOL auskennen sollten - das brauchten die in der Praxis nicht",
schüttelt Horst Bruckmann vom Training Center Münster den Kopf.
"Inzwischen hat auch der Gesetzgeber erkannt, dass Wissen
nirgendwo so schnell veraltet wie im IT-Bereich." In den neuen
Regelungen sind genau die Arbeitsmethoden festgelegt, die die
Absolventen auch beherrschen müssen, aber keine bestimmten
Programmiersprachen mehr. So kann die Ausbildung besser auf die
Bedürfnisse der Betriebe zugeschnitten werden. Im
Fachinformatiker-Kurs von Münster wurden Java und Visual Basic
gelehrt, in zukünftigen Kursen können genauso gut noch DELPHI und
C++ hinzukommen.
In der Ausbildung wird längst nicht mehr nur reines
Fachwissen gelehrt, das war einmal. Zwar erlernen die Teilnehmer
auch Computerarchitekturen, Datenbanken und das Erstellen
komplexer Algorithmen, aber dazwischen gilt es immer wieder,
Module zum Thema Teamarbeit, soziale Kompetenz, Projektmanagement
und Betriebswirtschaftslehre zu absolvieren. Denn diese
Schlüsselqualifikationen sind ebenso wichtig wie das Wissen
selbst.
Lernen in Fallbeispielen und Projekten.
Eingeübt werden die Fähigkeiten der
zukünftigen Fachinformatiker - auch das ist neu - anhand von fünf
immer komplexer werdenden Fallstudien aus der Praxis, die die
Teilnehmer programmieren und simulieren sollen. In Team- und
Einzelarbeit packen sie die Aufgaben an und lernen dabei gleich
das, worauf es im Job später ankommen wird, nämlich
Problemstellungen zu analysieren und zu lösen. "Die Ausbildung
war so praxisbezogen, dass ich das Wissen im Praktikum und später
im Job sofort einsetzen konnte", so Rädermann.
In den beiden dreimonatigen Betriebspraktika, die vom
Münsteraner Training Center betreut werden, wird in
verschiedensten Unternehmen der Region der künftige Berufsalltag
erprobt. Aber nicht nur das. Eine "betriebliche Projektarbeit",
in der die Teilnehmer selbst ein Projekt durchführen,
dokumentieren und präsentieren müssen, ist neben der mündlichen
Prüfung und den Klausuren ein wichtiger Teil der IHK-Prüfung. "Im
Kurs hatten die Teilnehmer das schon mehrfach vor der Prüfung
trainiert: Zu jeder Fallstudie erstellten sie eine
Projektdokumentation und präsentierten diese anschließend dem
Kurs", erklärt Bruckmann.
Im ersten Praktikum konnten die meisten
Nachwuchs-Fachinformatiker einen Vorschlag für ein Projekt
erarbeiten. Im zweiten Praktikum ging es dann darum, die Idee
umzusetzen. Rädermann schrieb für eine vorhandene
Controllingsoftware ein Modul, das Daten aus XML-Dateien
importiert, sein Mitschüler Peter S. wertete Fehlermeldungen von
Geldautomaten und Kontoauszugsdruckern aus und Uwe G. erstellte
ein Pflichtenheft für einen neuen Baufinanzierungsrechner.
Teilnehmer Frank W. durfte im Auftrag seiner Praktikumsfirma
sogar ein webbasiertes Bundesliga-Tippspiel entwickeln - und
hatte eine Menge Spaß dabei.
Strenge Auswahl.
Grund für den Erfolg des Kurses war
auch, dass die zwischen 24 und 40 Jahre alten Teilnehmer gezielt
ausgewählt wurden. Jeder Interessent musste sich mit Unterlagen
bewerben und eine IT-Eignungsprüfung bestehen. Für Manfred
Rädermann eine sinnvolle Sache: "Man muss auch ein Talent für so
etwas haben, das kann einem niemand beibringen", meint Rädermann.
Dennoch hatten die Absolventen damit zu kämpfen, dass in
einigen Firmen Vorurteile gegenüber Umschülern bestehen.
Ungerechtfertigt, wie einer der Einser-Absolventen des
Münsteraner Kurses, Lutz Morrien, meint. Er ist inzwischen in
einem Unternehmen in Ahaus angestellt und arbeitet im Bereich
Business Intelligence und Data Warehouse. "Umschüler bringen
Vorteile mit, die leicht übersehen werden", findet er.
Zwei der wichtigsten Argumente: Da die Kursteilnehmer in
der Regel älter sind als normale Azubis, bringen sie ihre bis zur
Umschulung erworbenen Qualifikationen in ein Unternehmen ein -
und das gratis. Sie verfügen in der Regel über ein gesundes Maß
an Lebenserfahrung, was gerade im Umgang mit Kunden von vielen
Firmen geschätzt wird. Und sie sind meist hoch motiviert, wie der
Kurs selbst beweist: "Unsere Leute haben intensiv auf ihren
Abschluss hingearbeitet. Man muss sich schon ganz schön
disziplinieren, um das Pensum, das normale Azubis in drei Jahren
schaffen, in zwei Jahren zu bewältigen. Reguläre Auszubildende,
die in den Betrieben arbeiten und ihr Wissen auf dem
Berufsschulweg erwerben, haben zwar einen leichten Vorsprung in
der Praxiserfahrung. Dieses Manko wird durch den hohen
Wissensstand der Siemens-Absolventen aber mehr als ausgeglichen",
meint auch Bruckmann. Und der frisch gebackene Fachinformatiker
Morrien ist sicher: "Gute Anwendungsentwickler, auch Umschüler,
werden sicherlich immer eine Chance am Arbeitsmarkt haben.
Leistung und eine fundierte Ausbildung werden auch in solchen
Zeiten honoriert."
Zur Übersicht aller bisher erschienenen Beiträge der "Serie Umschulung".
Nina Hesse ist freie Mitarbeiterin von changeX.
Kontakt:
Horst Bruckmann
Horst.Bruckmann@siemens.com
www.siemens.com/training
www.siemens.de/qp
© changeX Partnerforum [06.05.2003] Alle Rechte vorbehalten, all rights reserved.
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