Wandel der Methoden
Die nicht enden wollende Flut von Managementkonzepten, -methoden und -tools ist Zeichen sowohl der strategischen Verunsicherung wie der operativen Hektik, die in den Unternehmensführungen Einzug gehalten hat. Sie zeigt aber auch einen grundlegenden Wandel im Verständnis von Organisation und Führung.
Jede Profession hat ihre nicht weiter hinterfragten Grundannahmen. Im Fall des Managements gehört dazu offenbar die Haltung, alles managen zu können. Nicht zuletzt deshalb wohl nimmt die Zahl der Managementmethoden, -konzepte und -tools immer weiter zu. Das aber ist nur die eine Seite der Erklärung. Die schiere Zahl unterschiedlicher Ansätze ist zugleich Ausdruck der strategischen Verunsicherung in der ökonomischen Theorie wie Zeichen der operativen Hektik in den Unternehmensführungen. Binnen weniger Jahrzehnte haben sich die Märkte grundlegend gewandelt, hat der Wettbewerb massiv an Schärfe gewonnen. Ökonomen, Berater und Manager reagierten darauf mit fortwährendem Strategie- und Methodenwechsel. Business Reengineering, Lean Management, Balanced Scorecard, Supply Chain Management, Change Management und andere mehr sind Zwischenstationen auf dem Weg zum Hyperwettbewerb.
Wertvolles Orientierungswissen
Es mag bezweifelt werden, ob es notwendig ist, die ganze Litanei der Konzepte und Methoden auswendig hersagen zu können, mehr noch, ob dies dabei hilft, die Herausforderungen der Zukunft zu bewältigen. Aber aus dem Wechsel der Theorien und Tools wie aus dem zumeist superlativischen Gestus, mit dem sie gelauncht wurden, lässt sich wertvolles Orientierungswissen gewinnen: über den Wandel der ökonomischen Herausforderungen, über die Eitelkeiten von Management-Gurus und Beratern wie über den grundlegenden Wandel im Verständnis von Organisation und Führung.
Es macht also durchaus Sinn, sich einen Überblick über den Wandel des Managements zu verschaffen, auch und gerade wenn man der „Ich manage alles“-Haltung mit Skepsis begegnet. Diesen Überblick bietet das mehr als 500 Seiten starke Kompendium Managementkonzepte von A bis Z des Trainers, Beraters und Hochschullehrers Walter Simon, das 2009 in einer erweiterten und überarbeiteten Neuauflage erschienen ist. Es ist die Spezialität dieses Autors, die Methoden großer Fachbereiche aufzuschließen, das hat er bereits mit seinen „Methodenkoffern“ zu Arbeitsorganisation, Persönlichkeitsentwicklung und Führung und Zusammenarbeit unter Beweis gestellt. Auch bei den Managementkonzepten – in der Erstauflage bereits 2002 erschienen – ist ihm mehr an dem Überblick über die großen Entwicklungstrends gelegen denn an der vollständigen Dokumentation der vorliegenden Konzepte und Methoden. So legt er den Schwerpunkt auf die in der aktuellen Diskussion wichtigsten Strategiemodelle und konzentriert sich bei den Tools vor allem auf Human-Resources-Konzepte, die der gewachsenen Bedeutung weicher Faktoren Rechnung tragen. Sein Buch reflektiert somit auch den Stand der Managementdebatte, anstatt nur Konzepte aneinanderzureihen. Sein Nachschlagewerk ist somit selbst Ausdruck des Wandels von Managementverständnis und -praxis.
Zukunft erkennen, bevor sie stattfindet
Das Buch ist in drei große Themenblöcke gegliedert. Sein erster Teil lädt ein zu einer Zeitreise durch die Managementtheorie. Er bietet einen Überblick über die wichtigsten Theoriemodelle, die „die Managementarchitektur der Businesswelt nachhaltig prägten“. Steht hier die Systematisierung der Theorien im Vordergrund, wendet sich der zweite Teil den metastrategischen Modellen der Unternehmensführung zu, die in prägnanten Überblicksartikeln vorgestellt werden. Unter den 24 vorgestellten Konzepten sind nicht nur Klassiker wie die eingangs genannten, sondern auch Ansätze zum evolutionären oder systemischen Management, zur fraktalen und lernenden Organisation sowie zu virtuellen Unternehmen.
Der dritte Teil wendet sich dann den Führungskonzepten und Tools zu. Hier sind Konzepte und Instrumente versammelt, die im Rahmen der übergeordneten Strategien zum Einsatz kommen. Wie erwähnt, legt der Autor hier den Schwerpunkt auf Ansätze im Bereich der Human Resources. Stichworte wie neue Arbeitszeitmodelle und betriebliches Vorschlagswesen finden sich hier ebenso wie Chaosmanagement, Coaching und emotionale Intelligenz, Diversity Management oder Wirtschaftsethik. Das Buch bietet somit einen umfassenden Überblick über wichtige Ansätze und Konzepte der Unternehmensführung und eignet sich bestens als Nachschlagewerk.
Bei alldem ist es wohltuend, dass der Autor eine gesunde Distanz zu dem Hype um immer neue Managementmodelle, -methoden und -konzepte wahrt. Denn dahinter, so Simon, verberge sich oft nicht mehr als „gut klingende Worthülsen, Patentrezepte, Glaubensbekenntnisse, Zweitaufgüsse vorhandener Modelle oder Theorieplagiate mit neuen Begriffen“. Darüber solle man nicht vergessen, worum es eigentlich geht: „Zukunft zu erkennen, bevor sie stattfindet“. Dazu aber braucht es Führungskräfte, die nicht an Vergangenem hängen, sondern die dem Neuen aufgeschlossen, die „Forscher, Abenteurer und Wegbereiter sind“.
changeX 03.03.2010. Alle Rechte vorbehalten, all rights reserved.
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Zum Buch
Walter Simon: Managementkonzepte von A bis Z. Managementtheorien, Führungsstrategien, Führungstools. GABAL Verlag, Wiesbaden 2009, 584 Seiten, ISBN 978-3-86936-018-8
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Autor
Winfried KretschmerWinfried Kretschmer ist Autor, Redakteur & Macher bei changeX.