Klare Ziele
Zielvereinbarungen gelten als Standardinstrument der Mitarbeiter- und Unternehmensführung. Eine aktuelle Studie legt allerdings nahe, dass viele Unternehmen die Managementtechnik nicht konsequent umsetzen. Abhilfe will ein neuer Praxisleitfaden schaffen.
Management by Zielvereinbarungen: ein bewährtes Instrument, ein scheinbar jeder Hinterhofwerkstatt geläufiges Tool zur Unternehmensführung. Braucht es da noch ein Buch zum Thema?
Tja, so kann man sich täuschen. Ernüchterndes weiß nämlich eine Umfrage unter 700 Mitarbeitern und Führungskräften deutscher Mittelständler und Großkonzerne zu berichten, die die Freiburger Unternehmensberatung Saaman kürzlich durchführte. Deren Befunde legen nahe, dass das viel gerühmte Instrument, immerhin von Starökonom Peter F. Drucker in die Welt gebracht, in der Praxis herzlich wirkungslos zwischen Führung und Mitarbeitern verpufft. Kleine Kostprobe: Nur 27 Prozent der Mitarbeiter und 52 Prozent der Führungskräfte konnten spontan ihre Ziele nennen. Vernichtend die Aussage, was bei sofortiger Aussetzung der Zielvereinbarungen passieren würde: "Nichts", gaben 35 Prozent der Mitarbeiter zu Protokoll.
Das ist keine Lappalie. Schließlich sollen Zielvereinbarungen helfen, wichtige Unternehmensziele zu erreichen. Sie sollen Mitarbeiter zufriedener und motivierter machen - und sie sind nicht zuletzt oft Grundlage von Boni, die zwei Jahre nach der Krise in manchen Branchen bekanntermaßen schon wieder beeindruckende Volumen erreichen. Mit gutem Grund könnte man also das Instrument grundsätzlich auf den Prüfstand stellen. Oder aber man geht konsequent die Probleme an, an denen es hapert.
Sich darüber klar werden, was Ziele sind
Letzteres tut das Buch von Hartmut Laufer Zielvereinbarungen - kooperativ, aber konsequent. Das praxisorientierte Werk vom Leiter des Berliner MENSOR Institutes für Managemententwicklung bringt gleich auf der ersten Seite auf den Punkt, worauf es bei der ganzen Sache ankommt: Ziele müssen klar formuliert sein, und ihr Erreichen muss kontinuierlich überwacht werden. Fällt schon das eine vielen Führungskräften schwer - sei es aus Zeitmangel oder aus mangelndem Verantwortungsgefühl -, so liegt es mit dem anderen erst recht im Argen. Oder, wie Laufer schreibt: "In Fachbüchern und Seminaren endet das Thema ‚Zielvereinbarungen‘ meist mit den zu führenden Zielvereinbarungsgesprächen, während das, was danach kommt, außen vor bleibt."
In der Praxis, so Laufer, treten aber oft erst dann die echten Probleme auf. Aus verschiedensten Gründen werden Zielvorgaben ignoriert, Führungskräften fehlt die Zeit, das Verständnis für die Wichtigkeit oder schlicht der Schneid, Kritikgespräche zu führen. Ergebnis: Die Arbeit bleibt liegen oder wird vom Vorgesetzten seufzend miterledigt, die Motivation auf allen Seiten sinkt und das ganze System der Zielvereinbarungen wird zur ritualisierten Farce - zumal wenn es mit Boni verbunden ist.
Laufers Botschaft ist klar. Wer von seinen Mitarbeitern Zielerfüllung möchte, muss sich darüber klar werden, was Ziele sind. Zum Beispiel keine Wünsche: "Ich will, dass unser Unternehmen Erfolg hat" mag als Vision noch durchgehen, als Zielvereinbarung taugt es nicht. Laufer unterscheidet konkret Aufgaben- beziehungsweise Sachziele, zum Beispiel das Erreichen eines bestimmten Umsatzes, Verhaltensziele, etwa eine erhöhte Sorgfalt eines Mitarbeiters, Personalentwicklungsziele, wie zum Beispiel die Aneignung von Fachkenntnissen, sowie gesellschaftliche Ziele, denen nicht nur Non-Profit-Organisationen, sondern auch gewinnorientierte Unternehmen verpflichtet seien.
Nüchterner No-Nonsense Approach
Viele dieser Ziele wollen sehr genau formuliert sein, wenn es sein muss, gleich zusammen mit einer Art "Roadmap", die zum Erfolg führt - und die auch regelmäßige Kontrollen vorsieht, an die der Vorgesetzte sich zu halten hat. Nicht jedes Ziel betrifft nur eine Person, und nicht jedes Ziel taugt zur Grundlage von Belohnungen in Form eines Bonus oder einer Beförderung. Doch was bei Erreichen - und ebenso wie bei Nichterreichen! - von Vorgaben passiert, muss von Anfang an klar sein und den Betroffenen mitgeteilt werden.
Nicht nur damit dürften viele Vorgesetzte schon Schwierigkeiten haben. Richtig haarig wird es bei Zielgesprächen, die natürlich nicht nur einmal im Jahr stattfinden sollten. Jedenfalls gibt das Buch auch hier Hilfestellungen zur Gesprächsführung. Denn es ist ja nicht immer leicht, Fehler aufzuzeigen und dennoch Mitarbeiter bei der Stange zu halten - kurz, die berühmte konstruktive Kritik zu üben. Gewiss, wenn es heißt: "Kontrolle ist eine unverzichtbare Führungsaufgabe", so sagt Laufer - ansonsten eher als Experte für Vertrauen in Erscheinung getreten - nichts Neues. Nicht zu überschätzen ist aber seine übersichtliche, dennoch sehr tief gehende Darstellung all der Prozesse, Dynamismen und Fallstricke, die rund ums Thema Kontrolle bedacht sein wollen - nicht nur, was das Mitarbeitergespräch angeht. Zugleich vermeidet das Buch wohlfeiles Psychologisieren - bei allem Verständnis für die condition humaine des arbeitenden Menschen liegt hier ein nüchterner, praxisnaher Leitfaden vor. Bei dem der kurz gehaltene, aber sehr nützliche Anhang aus Arbeitsvorlagen - vornehmlich Vorbereitungs- und Protokolllisten für Vereinbarungs- und Kontrollgespräche - endlich einmal wirklich sinnvoll ist. Wer sich tiefer in die Materie einarbeiten will, kann das mithilfe einer kleinen Literaturliste tun.
Laufers Buch ist eine sehr konkrete Step-by-Step-Anleitung, der man viele Jahre der Praxis anmerkt. Wenn man so will, ein nüchterner No-Nonsense Approach mit unerwartetem Tiefgang und großem Umsetzungspotenzial. Man würde sich wünschen, dass das so fundamentale und offenbar so nachlässig gehandhabte Managementinstrument der Zielvereinbarung öfters mit solchem Ernst und zugleich solcher Klarheit angegangen würde.
changeX 10.03.2011. Alle Rechte vorbehalten, all rights reserved.
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Hartmut Laufer: Zielvereinbarungen - kooperativ, aber konsequent. Ziele gemeinsam vereinbaren, beharrlich verfolgen, erfolgreich verwirklichen. GABAL Verlag, Offenbach 2011, 144 Seiten, ISBN 978-3-86936-183-3
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Jost BurgerJost Burger ist freier Journalist in Berlin. Er schreibt als freier Mitarbeiter für changeX.