Lach doch mal
Mit Humor geht alles besser, das wissen alle. Und vergessen es doch oft im beruflichen Alltag. Ein Sammelband gibt Rat, wie das Lachen wieder Einzug hält in Büros, Schreibstuben und Teams - und allen zu mehr Erfolg verhilft.
Dieses Buch ist eine Mogelpackung. Gewissermaßen. Weil es noch mehr hält, als es verspricht. Die besten Ideen für mehr Humor heißt es auf dem Cover. Und dass hier erfolgreiche Speaker "ihre besten Konzepte" verraten und "Impulse für die Praxis" geben. Herausgegeben von Sabine Asgodom für die GSA, die German Speakers Association, also den Berufsverband jener, die professionell Keynotes geben, Veranstaltungen moderieren oder sonst wie professionell Reden halten. Klar, dass die auch mal einen Witz in ihren Vortrag einbauen müssen, und das lernt der geneigte Leser hier, nicht wahr?
I wo. Er (und sie natürlich) lernt viel mehr. Asgodom, selbst ehemalige Präsidentin der GSA, macht gleich in der Einleitung klar, worum es geht. Ja, auch darum, wie man bessere, weil humorvollere Reden hält. Vor allem aber darum, was Humor im geschäftlichen Alltag, was Humor im Coaching, in der Führung und in der Teamarbeit bewirken kann. Mindestens ein Drittel der 21 Beiträge von renommierten Rednern, Moderatoren, Trainern und Entertainern widmen sich der Businesspraxis.
Mit Humor geht alles besser
Machen wir es kurz: Mit Humor geht alles besser. Das klingt nur deshalb so platt, weil es so sehr stimmt. Und weil es nicht bedeutet, zum Beispiel als Führungskraft ständig Witze zu reißen. Nein: Humor ist eine Lebenshaltung, die vieles leichter macht, unter anderem auch die Arbeit. Wer eignete sich besser zur Illustration dieser These als Vicco von Bülow - auf ihn beruft sich Coach Kara Pientka in ihrem Beitrag "Management by Loriot": Loriot stehe für beispielhaftes Selbstmanagement, weil bei ihm der Umgang mit Nähe und Distanz gelinge, gepaart mit einem "großzügigen und unverstellten Blick auf Artgenossen und ein überzeugendes ironisches Selbstbewusstsein". Stimmt, wer sich Loriot - vielen ja nicht nur Komiker, sondern auch Inbegriff des sich überlegen-zurückhaltenden Aristokraten - in Erinnerung ruft, der versteht, was Pientka meint. "Management by Loriot", wie sie es nennt, ist Führung in unserer Zeit: Denn so funktioniere das Management im 21. Jahrhundert, "das emotional stark engagiert ist und gleichzeitig immer auch respektablen Abstand wahrt".
Etliche Beiträge betonen diesen sanften, selbstironischen Ansatz, der alles nicht so ernst nimmt und gerade deshalb die Dinge mit der nötigen Ernsthaftigkeit betreiben lässt. Douglas Adams hat das in Per Anhalter durch die Galaxis eigentlich ein für alle Mal beschrieben. Auf die Frage, wie das mit dem Fliegen funktioniere, kommt die Antwort: "Ganz einfach. Du musst dich auf den Boden schmeißen und kurz vorm Aufprall an was anderes denken."
Humor verleiht Flügel
Die Kraft des produktiv Danebendenkens, des nicht ganz so verbissen Vorgehens verleiht Flügel - auf den Schwingen des Humors, wenn man so will. Humor ist aber auch die Kraft des Disruptiven, die den Blick weit und den Kopf frei macht, wo vorher vor lauter Konzentration nichts mehr gesehen wurde. So ergeben sich Techniken für den Alltag wie jene des provokativen Coachings, die etwa Jonathan Briefs erfolgreich als Coach im Leistungssport anwendet. Kurz gesagt geht es immer darum, bei bestehendem Vertrauensverhältnis verfahrene Situationen und Blockaden durch unerwartete Einwürfe zu lösen, die - nun ja, auf einer Art überdrehtem Humor basieren. Im Beispiel geht es um einen Sportler, der immer nur zweimal in der Saison gewinnt - und sich deshalb von vornherein keine weiteren Siege mehr zutraut. Eine provokativ-humorvolle Art, diese Selbstblockade zu lösen, wäre die totale und übertriebene Bestätigung: "Genau, du hast recht! Los, Training einstellen, Beine hoch, Sportschau an und Bier rausholen!" Wer einmal ein Kind auf solch übertreibend bestätigende Weise aus einer Laune geholt hat, weiß, dass das auch bei Erwachsenen funktioniert.
"Provokativer Humoransatz" nennen Elke Eberts und Stefan Ruhl diese Methode, und auch sie betonen, wie wichtig ein vertrauensvolles, auf Empathie beruhendes Verhältnis zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitern ist. Solche "menschelnden" Chefs sind es, auf die die beiden sich bei ihrer Organisationsberatung konzentrieren. Sie spornen sie an, auf plötzliche, alles infrage stellende Weise mehr oder weniger sanft Humor in die Interaktion zu bringen - so wie mit dem Sportler kann man ja auch mit kleinmütigen Mitarbeitern umgehen. Erfolgreiche Führungskräfte "organisieren ihr Umfeld so, dass sie mit dem nötigen Schuss Empathie und Humor mit ihrer Umgebung in ständigem Dialog stehen". Diese "humorvolle" Haltung sollten im Übrigen auch die Führungskräfte sich selbst gegenüber haben - nur so können sie die nötige Leichtigkeit und die nötige Distanz zu sich selbst einnehmen, die ihnen positives Zweifeln und konstruktives Neubetrachten ermöglichen. Weiterer Vorteil: Provokativer Humor bewirkt schnell etwas. Für Kurzzeitinterventionen, die schnell Ergebnisse zeitigen sollen, ist Humor laut Eberts und Ruhl genau das richtige Instrument.
.. und befördert die Arbeit
Ganz konkret - im Sinne des Titelversprechens - wird es dann, stellvertretend für weitere Beiträge, bei Yvonne Villiger. Die Schweizerin coacht nicht nur und macht öffentlich Witze (überhaupt erstaunlich, dass es offensichtlich genug Coachs und Redner gibt, die auch Erfahrungen als Comedians oder Improvisationsschauspieler haben, um ein Buch mit ihnen zu füllen … andererseits, vielleicht auch wieder nicht), sondern hat auch in der freien Wirtschaft Erfahrung als Führungskraft gesammelt.
Ihren Beitrag "Teams bilden mit Humor" könnte man auch so zusammenfassen: Auch die drögeste Teamsitzung wird erträglich, wenn plötzlich jemand einen Witz macht. Denn der führt halt - genau - zu mehr Leichtigkeit. "Genau diese Leichtigkeit brauchen wir, um in unseren Teams erfolgreich zu kommunizieren und mit Humor zu kreativen Lösungen zu kommen." So einfach kann es sein, aber wenn wir ehrlich sind: Wie schnell vergessen auch junge, dem 21. Jahrhundert verpflichtete Teams großartiger Wissensarbeiter jenen goldenen Erfahrungsschatz: "Wenn Sie miteinander lachen können, dann entsteht ein gut funktionierendes Team." Um ein Beispiel zu nennen: Ein von allen gefürchtetes neues Softwareprogramm kann man sicher mit ernsthaften und tief gehenden Worten einzuführen versuchen. Die Begeisterung dürfte sich in Grenzen halten. Stellt sich der Teamleiter aber hin und sagt: "So, meine Damen und Herren, Aufgabe für heute: Wie kriegen wir es hin, dass wir die Einführung der neuen Software zum absoluten Desaster machen? Meldungen bitte?" Wer es so angeht, hat gute Chancen, nach gehöriger Verblüffung viele Lacher und damit die nötige innere Leichtigkeit und Offenheit zu schaffen, die es braucht.
Die personifizierte Unabhängigkeitserklärung
Humor befreit den Blick, beflügelt die Gedanken und befördert die Arbeit. Das vermitteln die Beiträge des Buches auf wunderbar leichte (!) Weise, und zwar nicht nur anderen Coachs, Trainern und Rednern, sondern gerade auch Menschen, die im beruflichen Alltag Reden halten, moderieren und Teams leiten. Und die sich, wenn Arbeit, Pflicht, humorlose Chefs wieder einmal das ganze Leben in Ketten zu legen scheinen, über dieses an einer Stelle auftauchende Zitat von Reinhard K. Sprenger freuen können: "Wer laut lacht, ist die personifizierte Unabhängigkeitserklärung."
Zitate
"Wenn Sie miteinander lachen können, dann entsteht ein gut funktionierendes Team." Yvonne Villiger, in: Die besten Ideen für mehr Humor
changeX 23.08.2013. Alle Rechte vorbehalten, all rights reserved.
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Sabine Asgodom (Hrsg.):: Die besten Ideen für mehr Humor. Erfolgreiche Speaker verraten ihre besten Konzepte und geben Impulse für die Praxis. GABAL Verlag, Offenbach 2013, 264 Seiten, ISBN 978-3-86936-519-0
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Autor
Jost BurgerJost Burger ist freier Journalist in Berlin. Er schreibt als freier Mitarbeiter für changeX.