Die Mitarbeiterïnnen fragen

Happy Work - ein Interview mit Hilke Brockmann
Interview: Winfried Kretschmer

Was für eine vergeudete Zeit, wenn der Mensch bei der Arbeit kein Glück finden könnte! Sagt die Soziologin Hilke Brockmann. Unternehmen tun gut daran, auf Zufriedenheit und Glück ihrer Mitarbeiterïnnen zu achten. Wie? Sie fragen. Denn sie wissen selbst am besten, was verändert werden müsste, damit ihre Zufriedenheit steigt.

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Prof. Dr. Hilke Brockmann ist Professorin für Soziologie an der Jacobs University in Bremen. In ihrer Arbeit widmet sie sich der Erforschung des Glücks und der Frage, wie jeder Mensch etwas zu seinem eigenen Glück beitragen kann. Auf den Change Revolution Days 2022 spricht sie zum Thema "Happy Work – Glückliche Unternehmen sind leistungsfähiger".
 

Frau Brockmann, als Soziologin und Glücksforscherin haben Sie das Glück in unterschiedlichen Perspektiven erforscht. Kann Arbeit denn glücklich machen? 

Das sollte sie! Alle Menschen streben doch nach dem Glück. Und die meiste Zeit des Tages verbringen Erwachsene bei der Arbeit. Was für eine vergeudete Zeit, wenn man hier kein Glück finden könnte! Tatsächlich kündigen unglückliche Mitarbeiterïnnen signifikant häufiger ihre Arbeitsstelle und suchen ihr Glück dann woanders. Zudem sind zufriedene Mitarbeiterïnnen produktiver. Und dieses Glück ist ansteckend. Also tun auch Arbeitgeberïnnen gut daran, auf die Zufriedenheit und das Glück ihrer Mitarbeiterïnnen zu achten.
 

Woher rührt überhaupt die Idee, dass Arbeit und Glück etwas miteinander zu tun haben könnten? Lange Zeit galt ja Arbeit als Mühsal und Plackerei, und niemand dachte daran, dass Arbeit glücklich machen könnte - von einigen Privilegierten abgesehen. Wie kam es zu diesem Wandel? 

Arbeit ist auch heute nicht nur das reinste Vergnügen. Aber der technische Fortschritt mit seinen modernen Maschinen, die Arbeiterbewegung und die Gewerkschaften haben das Arbeitsleben verbessert. Körperliche Mühen und Gefahren sind oft verschwunden. Stress und Unsicherheit sind dennoch geblieben.
 

Ihre Veranstaltungssession handelt von Happy Work. Was verstehen Sie unter Happy Work? 

Ohne große Umwege übersetze ich Happy Work in eine glücklich machende Arbeitswelt. Dort wird das positive Erleben und Bewerten der Arbeitenden zum zentralen Qualitätsmaßstab. Die Forschung zeigt, dass Qualität und Glück am Arbeitsplatz von verschiedenen Dingen abhängen. Von guten Aufstiegschancen, Arbeitsplatzsicherheit, sympathischen Mitarbeitenden und von einem guten Lohn.
 

Wessen Arbeit ist da gemeint? Sprechen wir von hoch qualifizierten Tätigkeiten oder geht es auch um Leute auf Schicht, am Band oder in gering qualifizierten Berufen? 

Da das Glücksempfinden eine universelle Regung ist, schließe ich bei glücklicher Arbeit auch keine besondere Berufsgruppe aus.
 

In einem Interview haben Sie gesagt, man müsse eine ganz andere Form der Arbeitsorganisation einführen. Welche Form der Organisation von Arbeit schwebt Ihnen dabei vor? Und inwiefern könnte sie glücklicher machen? 

Mir schweben flexible Organisationen vor, die unnötige Hierarchien einsparen, verschiedene Karrierepfade eröffnen und auf die Bedürfnisse aller Arbeitenden eingehen. Ein schönes Büro und eine ansprechende Mensa gehören auch dazu.
 

In Ihrem Vortragsthema steckt noch eine andere Aussage, nämlich: "Glückliche Unternehmen sind leistungsfähiger." Was spricht für diese These? 

Produktivität bemisst sich am Arbeitseinsatz geteilt durch die aufgewendete Zeit für die Herstellung eines Produkts oder einer Dienstleistung. Empirische Studien haben belegt, dass glückliche Mitarbeiterïnnen mehr schaffen. Das zeigt sich kurzfristig und auf lange Frist. Für diesen Befund spricht auch unser gesunder Menschenverstand. Wer glücklich bei der Arbeit ist, konzentriert sich auf diese und gibt sein Bestes, unglückliche Angestellte sind mit dem Kopf schon auf der Suche nach etwas Besserem und arbeiten deshalb nicht so konzentriert und motiviert.
 

Angenommen, ein Unternehmen möchte zu einem glücklichen Unternehmen werden und fragt Sie um Rat. Was würden Sie vorschlagen? 

Mein einziger Rat wäre: Fragen Sie Ihre Mitarbeiterïnnen! Die können selbst am besten beurteilen, wie gut sie sich an ihrem Arbeitsplatz fühlen und was verändert werden müsste, damit ihre Zufriedenheit (weiter) steigt.
 

Das Interview haben wir schriftlich geführt.


Zitate


"Happy Work heißt eine glücklich machende Arbeitswelt. Dort wird das positive Erleben und Bewerten der Arbeitenden zum zentralen Qualitätsmaßstab." Hilke Brockmann: Die Mitarbeiterïnnen fragen

"Die Mitarbeiterïnnen können selbst am besten beurteilen, wie gut sie sich an ihrem Arbeitsplatz fühlen und was verändert werden müsste, damit ihre Zufriedenheit steigt." Hilke Brockmann: Die Mitarbeiterïnnen fragen

 

changeX 15.05.2022. Alle Rechte vorbehalten, all rights reserved.

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Quellenangaben

Zum Buch

: Human Happiness and the Pursuit of Maximization. Is More Always Better?. Springer Verlag, Wiesbaden 2013, 224 Seiten, ca. 76 Euro (D), ISBN 978-9400766082

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