Das ist ein Hammer
Die Aufnahme und Integration zahlreicher Geflüchteter verlangt neue Ideen, neue Lösungen und neue Wege. Kurz: soziale Innovationen. changeX trägt die besten Ideen zusammen. Folge 21: Ein Bildwörterbuch bietet eine Übersetzung wichtiger handwerklicher Begriffe in sechs Sprachen.
Das Problem: Handwerksbetriebe suchen händeringend Mitarbeiter. Zugleich ist bei Geflüchteten der Wunsch zu arbeiten groß. Doch die Sprachbarriere scheint häufig unüberwindbar. Sie vor allem verhindert, dass Angebot und Nachfrage zusammenkommen.
Die Idee: Die Broschüre Willkommen im Handwerk bietet ein Bildwörterbuch wichtiger Begriffe aus unterschiedlichen Handwerksberufen in sechs Sprachen. Und erleichtert so die Verständigung bei der Arbeit, in der Werkstatt und im Betrieb.
Konzept und Umsetzung: "Es war eine Gemeinschaftsidee", erinnert sich Margit Niedermaier an die Entstehung des Gemeinschaftsprojekts der Landesverbände der Unternehmerfrauen im Handwerk in Bayern und Niedersachsen. Sie, die Bayerin, und Heidi Kluth, die Niedersächsin, beide auch Mitglied im Bundesvorstand des Verbandes, saßen zusammen, und ihnen wurde klar: "Wir brauchen eine Art Wörterbuch, das praktisch einsetzbar ist." Vor Ort, in den Betrieben. Denn Handwerksbetriebe, die Flüchtlinge eingestellt hatten, berichteten immer wieder, dass die Kommunikation schwierig sei. Zwar gelang es meist recht schnell, sich mit den Flüchtlingen im Alltag zu verständigen, aber da war das Problem mit den Werkzeugen. Es fehlten nicht nur die Begriffe, deutlich wurde auch, dass manche Werkzeuge und Materialien den Geflüchteten gar nicht bekannt waren. "Und wie will man etwas erklären, wenn der andere das Gerät gar nicht kennt?", fragt Niedermaier. Den beiden Unternehmerfrauen wurde klar: Es braucht Übersetzungen und Bilder. In einer handlichen Broschüre. Die in der Werkstatt schnell zur Hand ist. Etwa um zu zeigen: "Das ist ein Hammer."
Sie überlegten, in welchen Gewerken Geflüchtete wahrscheinlich unterkommen, und sprachen die entsprechenden Fachverbände an, doch bitte die zehn bis 15 wichtigsten Begriffe zusammenzustellen. Sie sammelten die Vokabeln - 180 Wörter in fünf Sprachen - in einer Excel-Tabelle und organisierten mit Unterstützung von Partnern Übersetzung und Druck. Die Hanns-Seidel-Stiftung besorgte die Übersetzung ins Englische, Französisch und Arabische und finanzierte die Erstauflage; die Arbeitsgemeinschaft Kirche & Handwerk sorgte für Polnisch und Farsi, und die Handwerkskammer Braunschweig-Lüneburg-Stade bezahlte die eigens gezeichneten Bilder.
4000 Exemplare der 56-seitigen Broschüre sind mittlerweile gedruckt. Auf der Hauptversammlung des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks in Berlin Anfang Dezember soll das Projekt dann vorgestellt werden. Danach erhalten alle Handwerkskammern und Fachverbände Musterexemplare; zudem soll es ein PDF zum Download geben.
Potenzial und Perspektiven: Kluth und Niedermaier denken derweil schon weiter. Mitte des nächsten Jahres soll es eine Smartphone-App geben. "Wir verteilen erst mal die 4.000 Stück, dann aber soll es digital werden", sagt Niedermaier. Auch die inhaltliche Basis wollen die Unternehmerfrauen ausbauen. Stuckateure und Dachdecker kommen als weitere Berufssparten hinzu, ebenso Portugiesisch als sechste Sprache. Damit wäre das Bildwörterbuch nicht mehr in erster Linie an Geflüchteten ausgerichtet. "Die Broschüre soll so vielen Menschen wie möglich helfen, bei uns im Handwerk zu arbeiten", sagt Niedermaier. Das Fernziel: "Eine Datenbank mit vielen Sprachen und ganz vielen handwerklichen Vokabeln."
changeX 25.11.2016. Alle Rechte vorbehalten, all rights reserved.
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