Einfach helfen
Die Aufnahme und Integration zahlreicher Geflüchteter verlangt neue Ideen, neue Lösungen und neue Wege. Kurz: soziale Innovationen. changeX trägt die besten Ideen zusammen. Folge 12: Die Online-Plattform GoVolunteer führt Helfer und Hilfsorganisationen zusammen. Das Ziel: Hilfeleisten so einfach wie möglich machen.
Das Problem: Die Bereitschaft zu helfen ist groß. Doch wie wird Hilfsbereitschaft zu wirklicher Hilfe? Wie finden potenzielle Helfer eine Aufgabe, die ihren Fähigkeiten und ihrem Zeitbudget entspricht? Und wie rekrutieren Hilfsorganisationen freiwillige Helfer und koordinieren deren Einsatz? Mit diesem Koordinationsproblem haben wohl alle Hilfsorganisationen, nicht nur in der Hilfe für Geflüchtete, zu tun.
Die Idee: Die Online-Plattform GoVolunteer will die Hilfe für Geflüchtete radikal vereinfachen. Die Website führt freiwillige Helfer und Hilfsorganisationen zusammen. Freiwillige finden schnell individuell passende Einsatzmöglichkeiten in ihrer Nähe, sozialen Organisationen bietet die Plattform Unterstützung bei der Helfereinsatzplanung. Die Vision: GoVolunteer soll zur zentralen Koordinationsplattform für die Flüchtlingshilfe in Deutschland, Österreich und der Schweiz werden.
Konzept und Umsetzung: Malte Bedürftig hat schon früh begonnen, sich für Geflüchtete zu engagieren. Und er fragte in seinem Freundes- und Kollegenkreis nach Unterstützung. Die blieb nicht aus, immer mehr Menschen wollten helfen, und damit wuchs der Koordinationsaufwand. "Ich war nur noch dabei, E-Mails hin und her zu schießen", erinnert er sich. Das war der Auslöser. Bedürftig, der als Berater bei McKinsey arbeitet, entwickelte die Idee für ein Online-Tool, mit dem sich die Aktivitäten der vielen Freiwilligen koordinieren ließen. Zusammen mit dem Start-up-Unternehmer Henryk Seeger, der wie er seit Jahren im sozialen Sektor aktiv ist und die Kampagne "Deutschland rundet auf" ins Leben gerufen hat, gründete er im November 2015 die Organisation GoVolunteer, die als gemeinnütziger Verein eingetragen ist.
"Immer mehr Menschen müssen versorgt werden, doch die vielen Helfer zu koordinieren, ist nicht einfach", umschreibt Bedürftig die Herausforderung, vor der die Organisatoren in der Flüchtlingshilfe stehen. Hier setzt GoVolunteer an. Die Software schafft eine Schnittstelle zwischen freiwilligen Helfern und Hilfsorganisationen. Denn die stehen immer wieder vor dem Problem, die vielfältigen Hilfsangebote vieler Freiwilliger in eine koordinierte und dauerhafte Arbeit zu überführen. Auf GoVolunteer können potenzielle Helfer nach Hilfsprojekten in ihrem lokalen Umfeld suchen, bei denen sie ihre Fähigkeiten einbringen können, und sich einfach per Klick dafür anmelden. Organisationen können ihre Projekte vorstellen und so Freiwillige mit den benötigten Fähigkeiten finden. GoVolunteer bringt also Helfer und Hilfsprojekte zusammen und senkt die Zugangshürden, die oft einem Engagement im Wege stehen. "Wir wollen einen einfachen Zugang bieten für jeden, der helfen möchte", sagt Malte Bedürftig. Damit jeder die Chance bekommt, mitzumachen. "Gleichzeitig senken wir den Koordinationsaufwand für die Organisatoren in der Flüchtlingshilfe. So können sie sich wieder auf ihre Kernaufgabe konzentrieren: die Versorgung der geflüchteten Menschen."
Anfang Dezember 2015 ging die Plattform online. Schritt für Schritt wurde sie zusammen mit Initiativen und Hilfsorganisationen weiterentwickelt. Und Schritt für Schritt stiegen Bekanntheit und Verbreitung. Einige größere Hilfsorganisationen setzen die Plattform bereits für ihre Arbeit ein. Aber auch kleinere Initiativen und Privatpersonen können dort ihre Projekte einbringen. Im Prinzip kann jeder auf GoVolunteer eine Initiative starten und Unterstützer suchen - ein Vorteil, wenn es darum geht, vielfältiges freiwilliges Engagement zu fördern.
Rund 100 Projekte nutzten die Plattform nach knapp zwei Monaten bereits, andere Städte und Regionen dockten sich an. Freilich ist die Verbreitung in der Fläche des Landes noch eher spärlich. Ziel für das erste Halbjahr 2016 ist es denn auch, die Zahl der Projekte zu erhöhen und alle großen deutschen Städte zu erreichen. Malte Bedürftig und sein zehnköpfiges Team haben die Ziele aber noch höher gehängt.
Potenzial und Perspektiven: Digitale Lösungen haben die eigene Skalierbarkeit gewissermaßen eingebaut. Da die Software im Hintergrund die Interaktionen regelt und die Benutzer ihre Aktivitäten selbst verwalten, ist deren Zahl kein limitierender Faktor. Darauf setzt GoVolunteer. Und Malte Bedürftig denkt das Projekt richtig groß: "GoVolunteer soll die zentrale Koordinationsplattform für Flüchtlingshilfe in Deutschland, Österreich und der Schweiz werden." Dafür soll die Plattform systematisch erweitert werden. "Wir wollen GoVolunteer exakt an den Bedürfnissen der Organisatoren ausrichten. Deshalb haben wir eine Komplettlösung für die Koordination der Freiwilligen entwickelt", sagt der Geschäftsführer. Ein gut strukturierter Kalender und ein übersichtliches Organizer-Dashboard sollen den Koordinationsaufwand noch einmal deutlich senken. In einem weiteren Schritt soll GoVolunteer dann zu einem sozialen Netzwerk für Flüchtlingshelfer ausgebaut werden.
150 beziehungsweise 220 Entwicklertage veranschlagt das Team für die Programmierung dieser beiden Bausteine. Zur Finanzierung hat GoVolunteer eine Crowdfunding-Kampagne auf Startnext gestartet und wurde mit der Initiative in das kuratierte Refugees-Welcome-Programm des Crowdfunders aufgenommen. Die Kampagne soll den Aufbau einer nachhaltigen Lösung ermöglichen. Dafür sind Community-Funktionen extrem wichtig, heißt es bei GoVolunteer. Ziel ist es, "Helfen zu einem Gemeinschaftserlebnis zu machen", wie Malte Bedürftig sagt. Denn freiwillige Unterstützung bei der Integration von Geflüchteten werde dauerhaft gebraucht. "Nicht nur für einige Monate, sondern über Jahre!"
Abbildung: Projekte auf GoVolunteer (Screenshot)
changeX 18.02.2016. Alle Rechte vorbehalten, all rights reserved.
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